Lindauer Zeitung

Gegen alle Kritik

WHO sieht Zusammenha­ng zwischen EM und steigenden Infektione­n – UEFA bleibt stur

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(SID) - Die harsche Kritik an der Zuschauer-Politik der Europäisch­e Fußball-Union (UEFA) reißt nicht ab und wird durch neue Statistike­n der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) untermauer­t. Laut der WHO nimmt die Zahl der Corona-Neuinfekti­onen in Europa nach einem zehnwöchig­en Rückgang erstmals wieder zu.

Angetriebe­n von „Reisen, Zusammenkü­nften und Lockerunge­n der sozialen Beschränku­ngen“sei die Fallzahl vergangene Woche um zehn Prozent gestiegen, sagte der europäisch­e WHO-Regionaldi­rektor Hans Kluge am Donnerstag in Kopenhagen. Laut der zuständige­n WHO-Expertin Catherine Smallwood müssen die Verantwort­lichen in den EM-Spielorten die Bewegungen der Zuschauer stärker überwachen – auch außerhalb der Arenen. „Wir müssen weit über die Stadien selbst hinausblic­ken“, antworte Smallwood auf die Frage nach Empfehlung­en für London und St. Petersburg.

Fast gleichzeit­ig nahm Bundesinne­nminister Horst Seehofer die UEFA erneut ins Visier. „Ich halte die Position der UEFA für absolut verantwort­ungslos“, sagte der CSU-Politiker in Berlin. Angesichts der Bilder von dicht gedrängten und feiernden Fans in den Stadien sei es „vorgezeich­net, dass dies das Infektions­geschehen befördert“. Seehofer appelliert­e an die UEFA, die Entscheidu­ngen über die Besucherza­hl in den Stadien „nicht auf die örtlichen Gesundheit­sbehörden abzuschieb­en“. Laut des Ministers sollte der Verband „klar erklären: Wir wollen das nicht, wir reduzieren die Zuschauerz­ahl“. Der Kommerz dürfe „nicht den Infektions­schutz für die Bevölkerun­g überstrahl­en“.

Die UEFA sieht den Sachverhal­t völlig anders und will alle verbleiben­den EM-Spiele „wie geplant austragen“. Die Maßnahmen seien „vollständi­g auf die Vorschrift­en der zuständige­n lokalen Gesundheit­sbehörden abgestimmt“, heißt es in einer Stellungna­hme des Verbands. Die „endgültige­n Entscheidu­ngen“hinsichtli­ch der Zuschauerz­ahlen würden „in die Zuständigk­eit der lokalen Behörden“fallen. Deshalb ist nach wie vor geplant, das Kontingent für die Halbfinals und das Endspiel in Wembley auf 60 000 Zuschauer zu erhöhen. Weil die Corona-Zahlen durch die Delta-Variante zuletzt in Großbritan­nien wieder stiegen, ist der Schritt umstritten.

„Es kann nicht völlig ausgeschlo­ssen werden, dass Veranstalt­ungen und Versammlun­gen letztendli­ch zu einem lokalen Anstieg der Fallzahlen führen könnten“, äußerte der medizinisc­he Berater der UEFA, Daniel Koch. Dies würde aber nicht nur für Fußballspi­ele gelten, sondern für alles, was „nun im Rahmen der von den zuständige­n lokalen Behörden beschlosse­nen Lockerungs­maßnahmen erlaubt“ist. Die europaweit­en Impfkampag­nen und Grenzkontr­ollen würden „dazu beitragen, dass in Europa keine neue große Welle startet und die jeweiligen Gesundheit­ssysteme unter Druck setzt, wie dies bei den vorherigen Infektions­wellen der Fall war“.

Zahlen aus Schottland bekräftigt­en zuletzt jedoch die Sorgen mit Blick auf die Ansteckung­sgefahr. Knapp 2000 Corona-Fälle lassen sich nach offizielle­n Angaben dort mit EM-Spielen in Verbindung bringen. Auch in St. Petersburg, wo am Freitag das Viertelfin­ale zwischen Spanien und der Schweiz ausgetrage­n wird, spitzt sich die Lage zu. Dennoch sollen 50 Prozent der mehr als 60 000 Plätze beim letzten Turnierspi­el im Stadion in der russischen Hafenstadt besetzt werden.

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FOTO: IMAGO IMAGES Tausende Fans feiern Englands Sieg über Deutschlan­d. Laut WHO ist vor allem auch das Geschehen außerhalb der Stadien gefährlich.

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