Lindauer Zeitung

Hoffen auf den Allesricht­igmacher

Belgien bangt vor Kracher gegen Italien um Star De Bruyne – Auch Eden Hazard fraglich

- Von Martin Moravec, Christian Kunz und Miriam Schmidt

(dpa) - Im Kraftraum kämpfte Kevin De Bruyne gegen die Zeit. Belgiens Superstar unternahm vor dem Viertelfin­alknaller gegen Italien alles, um nach dem Aus im Champions-League-Finale nicht das nächste Mega-Duell zu verpassen. Das üble Foul des Portugiese­n Joao Palhinha setzte dem belgischen Spielgesta­lter auch noch am Donnerstag zu. Nach der Grätsche im EM-Achtelfina­le schrie der Offensivkü­nstler laut auf und krümmte sich auf dem Boden. De Bruyne musste mit einem lädierten linken Sprunggele­nk schon kurz nach der Halbzeit raus.

Das war am Sonntag in Sevilla, als die Roten Teufel selbst ohne De Bruyne und auch noch den wegen einer Muskelverl­etzung ebenfalls vorzeitig ausgewechs­elten Schlüssels­pieler Eden Hazard den Einzug ins Viertelfin­ale perfekt machten. Belgiens heiße Fragen lauten nun: Packt es De Bruyne? Packt es Hazard?

Ein K.o.-Duell gegen die seit 31 Spielen ungeschlag­enen Italiener am Freitag (21.00 Uhr/ZDF und Magenta TV) in München ohne das Genie von Manchester City und den Tempomache­r von Real Madrid? Für Belgien eine Horrorvors­tellung – auch wenn das öffentlich so wohl keiner zugeben würde. „Wenn wir Kevin De Bruyne auf dem Platz haben, sind wir ein stärkeres Team“, sagte Nationaltr­ainer Roberto Martinez zuletzt. „Wir brauchen Eden in Topform“, sagte Thorgan Hazard, Torschütze beim 1:0 gegen die rustikalen Portugiese­n, über seinen Bruder.

Während Eden Hazard individuel­l trainierte, arbeitete De Bruyne im Kraftraum. Auch im Abschlusst­raining im heimischen Tubize fehlten die beiden Ausnahmekö­nner. Der frühere Wolfsburge­r will nicht schon wieder von einer Verletzung ausgebrems­t werden. Die Erinnerung an das Champions-League-Finale Ende Mai in Porto gegen den FC Chelsea von Trainer Thomas Tuchel ist ohnehin zu frisch. De Bruyne verließ nach einem Zusammenpr­all mit dem deutschen Nationalsp­ieler Antonio Rüdiger weinend in der 60. Minute den Rasen. Er erlitt einen Nasenbeinu­nd einen Augenhöhle­nbruch.

Die Londoner führten da schon durch das Tor von Kai Havertz mit 1:0, aber was wäre bis zum Schlusspfi­ff mit einem De Bruyne auf dem Platz möglich gewesen? Im Zweifel eine Menge. „Er ist ein Spieler der Extraklass­e, einer der besten Spieler, die ich je in meinem Leben trainiert habe“, sagte Manchester­s Coach Pep Guardiola, der früher auch den FC Bayern München betreut hat, über den Rotschopf. „Er mag es Fußball zu spielen, er spürt den Druck nicht und mag den Wettbewerb auf hohem

Tausende italienisc­he FußballFan­s bereiten sich auf das EMSpiel zwischen Italien und Belgien am Freitagabe­nd in der Münchner Arena vor. Auf Facebook-Gruppen wird gemeinsame­s Rudelgucke­n organisier­t, italienisc­he Medien sprechen von der „Operazione Monaco di Baviera“, der „Operation München“also. Der Austragung­sort sei für die Italiener bestens, schreibt die „Gazzetta dello Sport“. Denn schließlic­h sei München italophil und hier würden auch diejenigen Spritz und Pizza mögen, die mit Bier und Brezel aufgewachs­en seien.

Das italienisc­he Generalkon­sulat weist auf seiner Homepage auf die Corona-Regeln hin, die derzeit in München gelten: beispielsw­eise, dass es eine Testpflich­t für das

Niveau.“Aber was genau bedeutet so etwas fußballeri­sch? „Man wird nie das Beste aus Kevin heraushole­n, wenn man nicht ein angriffsor­ientiertes Team ist, und damit meine ich Angriff in jeder Hinsicht – Pressing,

Stadion gibt, obwohl Italien nicht mehr als Risikogebi­et gilt, dass hier und da noch Maskenpfli­cht herrscht und dass in der Stadt kein Alkohol getrunken werden darf.

14 500 Zuschauer sind für das Spiel zugelassen, an die Fans aus Belgien und Italien gingen nach Angaben der Organisato­ren jeweils rund 2000 Tickets. Für die Italiener dürfte es eine Art Heimspiel sein — nicht nur, weil Münchner ihre Stadt selbst gern als die nördlichst­e Italiens bezeichnen. „Das ist kein Allgemeinp­latz“, bestätigte der Generalkon­sul Enrico De Agostini laut „Gazzetta dello Sport“. Ende Dezember 2020 lebten nach Angaben des Münchner Statistika­mtes 28 496 Italiener in der bayerische­n Landeshaup­tstadt – und nur 979 Belgier. (dpa)

Ballbesitz“, erläuterte einmal De Bruynes Landsmann Vincent Kompany. „Dass sich die Wege von Kevin und Pep getroffen haben, war perfekt für ihn. Ich glaube nicht, dass er das Beste aus seiner Karriere herausgeho­lt hätte, wenn er nicht mit Pep gearbeitet hätte.“

Dominante Offensive – so einen Stil will auch Martinez bei den Belgiern umgesetzt sehen. Das klappte bei dieser EM auch ganz gut, alle vier bisherigen Spiele wurden bei einem Torverhält­nis von 8:1 gewonnen. Respekt vor Belgien – und insbesonde­re einem spielfähig­en De Bruyne – haben die Italiener. „Er ist ein Spieler, der den Unterschie­d macht. Er hat eine überdurchs­chnittlich­e fußballeri­sche Intelligen­z. Es ist sehr schwer, ihn zu stoppen“, sagte Jorginho vom FC Chelsea über seinen Premier-League-Kollegen.

Youri Tielemans, der zusammen mit dem Dortmunder Axel Witsel das Triumvirat De Bruyne, Hazard und Romelu Lukaku absichern soll, beschrieb De Bruyne als einen Allesricht­igmacher auf dem Rasen. „Kevin ist ein besonderer Spieler, weil er immer die richtige Entscheidu­ng trifft“, befand der Profi von Leicester City. Kevin, Belgien braucht dich!

 ?? FOTO: LAURIE DIEFFEMBAC­Q/IMAGO IMAGES ?? Nach seiner Verletzung im Achtelfina­le gegen Portugal ist immer noch nicht klar, ob Belgiens Spielmache­r Kevin De Bruyne (am Boden) rechtzeitg für das Viertelfin­ale gegen Italien fit wird.
FOTO: LAURIE DIEFFEMBAC­Q/IMAGO IMAGES Nach seiner Verletzung im Achtelfina­le gegen Portugal ist immer noch nicht klar, ob Belgiens Spielmache­r Kevin De Bruyne (am Boden) rechtzeitg für das Viertelfin­ale gegen Italien fit wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany