Früher an später denken
Mercedes wagt den Balanceakt zwischen aktueller und kommender Formel-1-Saison
(SID) - Max Verstappen wusste früh, wo er hinwill. „Zehn dominante Jahre für mich. Der Rest ist nicht so wichtig“, sagte der selbstbewusste Niederländer kurz vor seinem 20. Geburtstag in einem Interview. Keine vier Jahre später scheint das einstige Formel-1-Supertalent zumindest am Beginn „seiner“Ära zu stehen. Der Red-Bull-Star gewann drei der letzten vier Rennen, führt in der WM vor dem Großen Preis von Österreich (Sonntag, 15 Uhr/Sky) mit komfortablen 18 Punkten vor Rekordweltmeister Lewis Hamilton. Die Vorzeichen stehen günstig.
Nach sieben Fahrer- und Konstrukteurstiteln in Folge steht Hamiltons Mercedes-Team nämlich vor der Frage, wie viel Energie man noch ins kurzfristige Wettrüsten mit Red Bull steckt. Der Verstappen-Rennstall habe in der Vorwoche „Trucks mit neuen Teilen“bekommen, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff süffisant, „es ist eine strategische Entscheidung, und momentan bringt sie den Erfolg“.
Sein Rennstall habe eine andere Richtung eingeschlagen. „Es würde keinen Sinn machen, ein oder zwei Wochen komplett auf das aktuelle Auto zu verwenden, weil die Fortschritte nicht mal ansatzweise so groß wären wie die Steps, die man fürs nächste Jahr machen kann“, begründete der Teamchef. Das Hauptaugenmerk bei Mercedes liegt auf 2022. Dann greift ein neues Reglement, bezüglich der Aerodynamik steht der Formel 1 eine Revolution bevor. Mick Schumachers Haas-Rennstall etwa legte schon vor dem Saisonstart den Fokus voll aufs nächste Jahr. Auch Mercedes verfährt mittlerweile nach dem alten Versicherer-Leitsatz „Früher an später denken“.
Was allerdings nicht bedeutet, dass der Mercedes-AMG F1 W12 E Performance unverändert die 15 verbleibenden Rennen bestreiten wird. „Wir haben eine vernünftige Anzahl von Dingen, die unser Auto in den kommenden Rennen schneller machen werden“, sagte MercedesTechnikchef James Allison im Podcast „F1 Nation“. Auch Hamilton („Wir müssen weiter Druck machen. Wir sind die Weltmeister“), ist angestachelt: Der 36-Jährige arbeitete nach den jüngsten Nackenschlägen intensiv im ungeliebten Simulator.
Hoffnung auf ein offeneres Rennen nähren auch die veränderten
Sebastian Vettels ambitioniertes Aston-Martin-Team wirbt von der Konkurrenz einen Top-Ingenieur nach dem anderen ab, am Rande des Großen Preises von Österreich wurde die Verpflichtung des bisherigen Red-Bull-Aerodynamik-Chefs Andrew Alessi offiziell. Alessi werde mit sofortiger Wirkung „die Konstruktion, Planung, Produktion und den Betrieb der Aerodynamik-Abteilung des Teams leiten, verwalten und weiterentwickeln“, teilte Aston
Rahmenbedingungen beim zweiten Teil des Spielberg-Doppelpacks: In der Steiermark ist es deutlich abgekühlt im Vergleich zum vergangenen Glut-Wochenende, Regenschauer
Martin am Donnerstag mit. Ein Versprechen auf die Zukunft. Die Gegenwart? „Es war ein schwieriges Rennen beim letzten Mal“, sagte Vettel im Rückblick auf den ersten Teil des Spielberg-Doppelpacks, bei dem seine Serie von drei Top-TenPlatzierungen riss. Der Hesse, der am Samstag 34 Jahre alt wird, hat allerdings durchaus Hoffnung: „Wir wissen jetzt, wo wir uns verbessern können, um Chancen auf Punkte zu haben.“(SID) könnten für Belebung sorgen. Auch die Reifen werden um eine Stufe weicher, dadurch ist eine Zwei-StoppStrategie möglich.
Ob das reicht, damit Mercedes in einen offenen Kampf mit Red Bull treten kann? Es wäre an der Zeit. Seit vier Rennen warten die Silberpfeile auf einen Sieg, das war zuletzt 2013 der Fall.
Toto Wolff gibt sich dennoch überzeugt, dass sein Team im „Schwergewichtskampf über 23 Runden“noch einige Siege holen wird. „Noch ist alles drin!“Schließlich müsse auch Red Bull irgendwann zweigleisig planen, „weil es sonst gefährlich für das kommende Jahr wird“.
Und es geht ja nicht nur um 2022, das künftige Reglement gilt lange darüber hinaus. So lässt sich auch erklären, dass die Vertragsgespräche zwischen Hamilton und Mercedes schon recht weit fortgeschritten sind.