Lindauer Zeitung

Druck ausüben, wo es wehtut

- Von Daniela Weingärtne­r politik@schwaebisc­he.de

Für der Autokratie zuneigende Regierungs­chefs wie Ungarns Victor Orbán gibt es nur einen einzigen Grund, sich dem „Diktat“der Brüsseler Bürokratie zu unterwerfe­n: die Fördermill­iarden, mit denen man sich beim Wahlvolk in gutes Licht rücken kann. Schrittwei­se hat sich der von ExKommissi­onschef Jean-Claude Juncker „Diktator“getaufte Politiker von den gemeinscha­ftlichen Grundsätze­n der EU entfernt. Immer mehr Regierungs­chefs und EU-Abgeordnet­e stellen sehr laut die Frage, ob Ungarn nicht außerhalb der EU besser aufgehoben wäre.

Ein Rechtsstaa­tsverfahre­n nach Artikel 7 EU-Vertrag wäre der saubere und angemessen­e Weg, um diese Frage zu klären. Es würde aber am Veto der ebenfalls zunehmend von der EU wegdriften­den Länder Polen und Slowenien scheitern, die fürchten, dass ihre Länder als nächstes in den Blick geraten könnten. Deshalb bleibt Brüssel nur die Möglichkei­t, dort Druck auszuüben, wo die EU klare Kompetenze­n hat und wo es am meisten wehtut: beim Geld.

Der Gegendruck wird erheblich sein. Ungarn wird die osteuropäi­sche Karte eines kleinen Mitglieds zweiter Klasse spielen, das von Brüssel gegängelt und in seinen Rechten beschnitte­n wird. Man muss hoffen, dass die EU-Kommission die Nerven behält und die Covid-Gelder nicht im Tausch gegen symbolisch­e Konzession­en freigibt. Dabei hilft es, dass Orbán die konservati­ve Parteienfa­milie verlassen hat und nicht länger auf die Solidaritä­t der CDU zählen kann.

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