Thermomix, Wohnmobil und Maske
Die Konsumgüterschau IBO in Friedrichshafen will vorleben, wie Messen in Corona-Zeiten funktionieren können
wichtig ist doch, dass überhaupt mal wieder etwas stattfindet, dass man mal wieder rauskommt.“Auf dem Messegelände fühle sich die Familie sicher, Angst vor einer Ansteckung habe man nicht, sagt Ringenbach. Und überhaupt sei der Messebesuch sehr entspannt. „Man hat viel Platz“, sagt Ringenbach mit Bezug auf die breiten Gänge, die am Donnerstagmorgen noch mit wenigen Besuchern bevölkert sind.
Tatsächlich kann die IBO von den Zahlen her nicht an Vor-Corona-Zeiten anknüpfen. Waren es im Frühjahr 2019, als die Messe zuletzt stattfand, noch 680 Aussteller und 74 000 Besucher, sind es in diesem Jahr nur 280 Aussteller aus den Bereichen Hausbau, Mobilität, Garten, Freizeit und Kulinarik. Maximal 9500 Personen dürfen pro Tag auf das Gelände, doch Messechef Klaus Wellmann geht nicht davon aus, dass diese Marke gerissen wird.
Unter den Ausstellern habe es sowohl Optimisten, als auch Skeptiker gegeben, sagt IBO-Projektleiter Rolf Hofer. Als Ende Mai bekannt wurde, dass Messen wieder erlaubt sind und dass die IBO stattfinden kann, habe es neben vielen Zusagen von Ausstellern auch einige Absagen gegeben. Noch nicht alle Aussteller haben daran geglaubt, dass sie auf der Messe schon wieder Umsätze machen können. Ob die Aussteller dauerhaft verloren sind, kann Rolf Hofer bisher nicht einschätzen. „Wir werden uns beweisen müssen und dann wird sich zeigen, ob das die Skeptiker umstimmt“, sagt er.
Thomas Reichle ist Fachberater bei der Biberacher Firma Reich Fenstervisionen, die alles rund ums Fenster
verkauft. Reichle gehört zu den Optimisten, obwohl ihn am Donnerstagmorgen, zwei Stunden nach Öffnen der Messetore, noch kein einziger Interessent an seinem Stand aufgesucht hat. Ein Standbein der Firma Reichle seien schon immer Messen gewesen. Deswegen habe man sich auch in diesem Jahr dazu entschlossen, bei der IBO auszustellen, sagt er. „Natürlich sind es weniger Besucher und es ist ruhiger“, sagt er, aber es gehe auch ums Prinzip. Jede Veranstaltung, die wieder stattfinde, sei gut und der richtige Weg.
Janette Steinhauser, Verkaufsmanagerin bei dem Unternehmen Alu Technic aus Baienfurt im Landkreis Ravensburg, das Fenster, Türen, Geländer und Überdachungen herstellt, ist ebenfalls von den Vorteilen einer Messe überzeugt: „Messen ermöglichen direkte Beratung. Außerdem kann der Kunde ein Produkt eigentlich nur richtig einschätzen, wenn er es anfassen und in Originalgröße ansehen kann“, sagt sie. „Auf digitalem Wege bekommt man das so nicht hin“.
Robin Mahler vom Wohnmobilhändler Erwin-Hymer-Center aus Bad Waldsee im Landkreis Ravensburg, steht auf der Messe zwischen Campervan und Campingstuhl. Er glaubt, dass die geringe Besucherzahl sogar Vorteile haben kann. Wenn es leerer ist, hätten die Besucher auch mehr Raum, sich in den ausgestellten Reisemobilen umzusehen, die Berater an den Ständen hätten auf der anderen Seite mehr Zeit, Fragen zu beantworten. Möglicherweise kommt auf diesem Wege sogar eher ein Geschäft zustande.
Anderer Stand, andere Meinung: Andreas Bayer, Werksleiter beim Pfannenhersteller Woll stellt fest, dass die „Leute schon verunsichert sind“, sagt er. Sein Stand ist umgeben mit Plexiglas. „Zusätzlich tragen die Menschen Masken“. Die Verständigung sei einfach schwierig. Auch könne er seine Pfannen nicht richtig vorführen, nicht live kochen. „Das geht jetzt wegen Corona nicht“, sagt er.
Was geht und was nicht geht, mussten die Messemacher aus Friedrichshafen im Vorhinein eng mit dem Ordnungsamt abstimmen. Profitiert habe man davon, dass schon im September vergangenen Jahres die Wassersportausstellung Interboot unter Corona-Bedingungen auf dem Messegelände stattgefunden habe, „und das hat hervorragend funktioniert“, sagt Messechef Wellmann. Trotzdem könne man eine Ansteckung natürlich nie ausschließen. „Das ist ein Restrisiko, mit dem wir gelernt haben zu leben“, sagt Wellmann.
Dass die erste Schau nach dem Lockdown für die Friedrichshafener Messemacher ein Erfolg wird, ist enorm wichtig. Zum einen kann die IBO ein Vorbild für die gesamte Branche sein, wie Messen in CoronaZeiten erfolgreich funktioneren können. Zum anderen benötigt das Messeunternehmen nach 26 abgesagten Veranstaltungen allein im vergangenen Jahr dringend wieder ein Erfolgserlebnis. 2020 machte die Messe wegen der Corona-Krise einen Umsatz von nur sechs Millionen Euro (2019: 26 Millionen Euro) und schrieb Verluste von zehn Millionen Euro. „Es wurde Zeit, dass endlich mal wieder eine Messe auf dem Gelände stattfindet“, sagt Wellmann. Also geht es in kleinen Schritten in Friedrichshafen los – mit Thermomix, Wohnmobil, Maske und Impfmöglichkeit.