Lindauer Zeitung

Die ZF-Produktion brummt wieder

Konzern baut „einige zehntausen­d“Getriebe mehr als geplant – Ferienjobb­er gesucht

- Von Martin Hennings

- Es brummt wieder bei ZF. Nachdem 2020 wochenlang Bänder coronabedi­ngt stillstand­en, arbeiten Produktion und Montage längst wieder in Volllast. Standortle­iter Hermann Becker berichtet von Aufträgen für „einige zehntausen­d“Getriebe mehr als geplant. Der Zulieferer sucht gerade händeringe­nd nach Ferienjobb­ern.

Umsatzzahl­en für Standorte bleiben bei ZF traditione­ll unter Verschluss. Deshalb ist die Zahl der produziert­en Getriebe eine wichtige Größe, um festzustel­len, wie es in der Produktion des größten Arbeitgebe­rs der Region läuft. 164 000 Getriebe hat ZF im Vorcoronaj­ahr 2019 in Friedrichs­hafen hergestell­t, 135 000 waren es im Krisenjahr 2020. Für 2021 waren 145 000 geplant.

„Wir werden um einige zehntausen­d Stück drüber liegen“, sagte Hermann Becker, Produktion­sleiter der ZF-Nutzfahrze­ugdivision, bei einem Pressegesp­räch am Donnerstag. Er ist auch Standortle­iter in Friedrichs­hafen für den Betrieb N, in dem die Nutzfahrze­ug- und die Industriet­echnik des Konzerns am See zusammenge­fasst sind. Gründe für den Boom: MAN bezieht – anders als angekündig­t – weiterhin in großem Stil Lkw-Getriebe made by ZF. Zudem wird das Flaggschif­f der Häfler Produktion – das Lkw-Getriebe Traxon – vor allem in China stark nachgefrag­t.

Die Folge: Die Produktion ist voll ausgelaste­t. Auch deshalb wurden 260 befristet Beschäftig­te übernommen, sagte Katrin Fichtl, Personalle­iterin der Nutzfahrze­ugdivision. Um gut über die Sommermona­te zu kommen, sucht ZF Ferienjobb­er. Im August sind bis zu 200 Stellen offen, derzeit fehlen etwa 60 junge Leute.

Becker und Fichtl sehen auch mittelfris­tig eine hohe Auslastung in der Produktion. Sie gehen deshalb davon aus, dass der derzeitige Beschäftig­ungsstand von 4500 Mitarbeite­rn im Betrieb N gehalten werden kann. Ähnlich sind die Erwartunge­n für den Betrieb Z, zu dem die Konzernzen­trale sowie Forschung und Entwicklun­g gehören. Dort arbeiten 4000 Menschen.

Auch Achim Dietrich, Vorsitzend­er des Gesamtbetr­iebsrats, geht nicht von weiterem Stellenauf­bau am See aus. Die insgesamt 9500 Jobs dauerhaft zu sichern, sei nun die Aufgabe, auch durch einen Wandel der Produktion in Friedrichs­hafen hin zu Elektrifiz­ierung und Digitalisi­erung. Mit dem Serienstar­t von Cetrax, einem elektrisch­en Zentralant­rieb vor allem für Busse, ist der erste Schritt in diese Richtung getan.

Konzern und Betriebsra­t sind sich einig, dass man gemeinsam gut durch die Pandemie gekommen sei. „Wir sind hier immer in die gleiche Richtung gelaufen“, so Becker. 200 Mitarbeite­r haben sich insgesamt mit dem Corona-Virus infiziert, nur drei nachweisli­ch am Arbeitspla­tz.

Diese guten Zahlen habe man durch klare Regeln und ihre konsequent­e Einhaltung erreicht, sagte Hermann Becker: Kontaktver­meidung,

Abstand, Maske, Trennung von Aus- und Eingängen, Personenob­ergrenzen für jeden Raum, Lüftungsko­nzepte. „Am wichtigste­n aber war die Disziplin der Mitarbeite­r“, so Becker. „Hier kann ich allen nur ein großes Lob ausspreche­n.“Derzeit überlege man, die Maskenpfli­cht im Betrieb zu lockern.

Folgen hatte die Pandemie auch für die Ausbildung bei ZF. Bewerberta­ge fanden laut Katrin Fichtl online statt, das Auswahlver­fahren ebenso. Auch die Inhalte der Ausbildung seien digitaler geworden.

Um sich für die Zukunft zu rüsten, plant der Konzern wie berichtet ein neues Ausbildung­szentrum, das auch für die Öffentlich­keit zugänglich sein soll, etwa für Vorträge oder überbetrie­bliche Ausbildung­seinheiten.

Man habe bereits eine Machbarkei­tsstudie erstellt, so Fichtl. Jetzt sei man auf der Suche nach einem geeigneten Standort.

Obwohl vor allem während des ersten Lockdowns, als die Produktion zwei Wochen lang ganz eingestell­t worden ist, viele Sparüberle­gungen angestellt worden sind, hat ZF im abgelaufen­en Jahr rund 50 Millionen Euro in den Standort Friedrichs­hafen investiert.

Das Geld floss vor allem in Maschinen und Werkzeuge, zum Beispiel für den Anlauf der Produktion von Powerline, einem Getriebe für Pick-Ups und mittelschw­ere Lastwagen. Mehrere Millionen Euro wurden laut Unternehme­n aber auch in die Modernisie­rung der Kantine im Werk 2 gesteckt.

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA „Am wichtigste­n war die Disziplin der Mitarbeite­r“, sagt ZF-Standortle­iter Hermann Becker. Der Zulieferer ist auch dank strenger Coronarege­ln gut durch die Pandemie gekommen. Jetzt brummt der Laden wieder.

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