Das Gefühl des Sieges wird bleiben
Triathletin Anne Reischmann gewinnt in Frankreich ihr erstes Profirennen
- Zwei Mitteldistanzrennen innerhalb von einer Woche hat die Ravensburger Profi-Triathletin Anne Reischmann bestritten. Nachdem sie mit den Resultaten ihrer bisherigen Saison nicht zufrieden war, gab es in Österreich und Frankreich zwei erfolgreiche Wettbewerbe. Mehr noch: Beim 70.3-Ironman in Les Sables-d’Olonne gewann die Ravensburgerin ihr erstes Rennen als Profi. „Jetzt darf ich mich 70.3 Ironman-Champion nennen, das macht mich schon stolz“, sagt Reischmann. An das Gefühl des Sieges werde sie sich noch länger erinnern.
In Dubai war Anne Reischmann Zehnte geworden, beim Triathlon in St. Pölten war sie nicht am Start, in Cagnes sur Mer musste sie das Rennen nach einem Defekt am Rad aufgeben. „Als Profiathlet wird man an seinen Wettkampfresultaten gemessen“, schreibt Reischmann in ihrem Blog. „Und die waren in 2021 alles andere als gut.“Bei einem kleinen Trainingslager mit ihrer Triathlonkollegin Imogen Simmonds holte sich die 29-Jährige neuen Schwung und startete dann bei der Challenge Walchsee, die gleichzeitig die Europameisterschaft war, über die Mitteldistanz.
Nach 1,9 Kilometer Schwimmen lag Reischmann auf Rang zehn. Doch auf der 82 Kilometer langen Radstrecke schloss die Ravensburgerin zu einer Spitzengruppe auf. In dieser war in Lena Berlinger eine weitere Triathletin aus Ravensburg. Mit Berlinger und der Italienerin Marta Bernardi wechselte Reischmann vom Rad auf die Laufstrecke – die beiden Topathletinnen Nicola Spirig aus der Schweiz und Anne Haug machten den Sieg unter sich aus.
Reischmann kämpfte über die 20 Kilometer um Platz drei. „Das hohe Tempo, das Bernardi und Berlinger angeschlagen haben, bin ich zunächst nicht mitgegangen“, berichtet Reischmann. „Auf der zweiten Hälfte habe ich mich aber auf Rang vier vorgearbeitet.“In der österreichischen Hitze musste sich Reischmann nach 4:12,01 Stunden nur der Olympiasiegerin Spirig (3:58,00), der Weltmeisterin Haug (4:03,03) und Bernardi (4:09,53) geschlagen geben. Berlinger wurde in 4:14,19 Stunden Siebte.
Zufrieden reiste Reischmann aus Tirol ab und drei Tage später weiter an die französische Atlantikküste. „Zwei Rennen in so kurzer Zeit habe ich noch nie gemacht“, sagt sie im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Ich war ein bisschen skeptisch, ob das klappt.“Es klappte sehr gut. In Les Sables-d’Olonne sicherte sich die 29-Jährige ihren ersten Profisieg.
„Der Sieg war das Ziel“, sagt sie selbstbewusst. Die 1,9 Kilometer Schwimmen im Hafen von Les Sables, die 92 Kilometer lange Radstrecke und den Halbmarathon (21 Kilometer) absolvierte Reischmann in 4:21,22 Stunden. Damit gewann sie vor den Französinnen Julie Iemmolo (4:23,08) und Charlène Clavel (4:23,17). „Ich bin sehr glücklich über meinen ersten Profisieg, das ist etwas Besonderes“, sagt Reischmann.
Dabei hatte sich die 29-Jährige nach der Ankunft an der Atlantikküste gar nicht so gut gefühlt. „Die lange Autofahrt und die Nachwirkungen vom Rennen in Walchsee führten dazu, dass ich die ersten Tage in Frankreich schlapp und müde war“, teilte Reischmann mit. So stand die Regeneration im Vordergrund – dazu schaute Reischmann die Tour de France im Fernsehen.
Mit der ersten Disziplin des Triathlons war sie wieder nicht komplett zufrieden. 3:30 Minuten Rückstand hatte Anne Reischmann als Siebte auf die Führende Julie Iemmolo. Das war fast eine Minute mehr als sich die Deutsche vorgenommen hatte. Auf dem Rennrad musste sie lange alleine gegen den starken Wind kämpfen, erst nach rund 60 der 92 Kilometer hatte sie den Anschluss an eine kleine Gruppe geschafft. Bis zum zweiten Wechsel wurde auch Iemmolo eingeholt.
Zu fünft ging es auf die Laufstrecke. Hier spielte Reischmann, die früher eine reine Läuferin war, ihre Stärke aus, setzte sich früh an die Spitze und baute ihren Vorsprung immer weiter aus. Beflügelt von der Aussicht auf einen deutschen Doppelsieg – Mika Noodt überraschte bei den Männern und gewann vor dem starken US-Amerikaner Rodolphe von Berg – lief Reischmann ihre beste Halbmarathonzeit im Rahmen eines Triathlons. 1:23,01 Stunden benötigte sie für die 21 Kilometer. Einen Anteil daran hatten laut Reischmann auch die Zuschauer. „Trotz der regnerischen Bedingungen waren viele Zuschauer da und sorgten für eine unglaubliche Stimmung.“
Lohn für den Sieg war zudem die Qualifikation für die 70.3 Weltmeisterschaft im US-Bundesstaat Utah. Ob die Ravensburgerin allerdings tatsächlich im September in die USA fliegt, ist noch unklar. „Es ist eine weite Reise, ich muss schauen, was es für Reisebeschränkungen gibt und das alles abwägen“, meint Reischmann. „Vielleicht wird es auch die sichere Variante mit weiteren Rennen in Europa.“Zunächst ist jedoch eine Pause angesagt, „ohne Trainingsplan und ohne Vorgaben“. Die vergangenen zwei Wochen waren schließlich anstrengend genug.