Grüne wollen bei über 60-Jährigen punkten
Partei setzt auf die „großen Fragen der Zeit“– Debatte über Baerbocks Lebenslauf soll beendet werden
- Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ist im Urlaub. Co-Parteichef Robert Habeck macht eine Wahlkampftour in seiner Heimat. Also musste Bundesgeschäftsführer Michael Kellner ran und die Wahlkampagne der Grünen am Montag in Berlin vorstellen. Es sollte der Startschuss sein. Dabei befinden sich die Grünen schon lange im Wahlkampfmodus. Seit Wochen werden sie attackiert und verlieren an Zuspruch. Nun soll die Trendwende her. Statt über den Lebenslauf von Baerbock zu diskutieren, wollen sich die Grünen auf Inhalte fokussieren.
Die Kanzlerkandidatin war zuletzt wegen Plagiatsvorwürfen und Ungenauigkeiten im Lebenslauf in die Kritik geraten. Nun kamen auch Zweifel an ihrem Promotionsstipendium auf. Hatten die Grünen bei den Plagiatsvorwürfen noch von einer Schmutzkampagne gegen ihre Spitzenkandidatin gesprochen, will Baerbock ihr Promotionsvorhaben nun von der Heinrich-Böll-Stiftung prüfen lassen, von der sie das Stipendium erhalten hatte. Für die grüne Parteispitze steht viel auf dem Spiel: Zum ersten Mal in der Geschichte greifen sie nach dem Kanzleramt. Die Angst ist da, die Chance zu verspielen.
Wenn es nach Kellner geht, sollen die Lebenslaufthemen schnell ausgeräumt werden und der Wettstreit um die besten Ideen für die Zukunft beginnen. „Es geht um die großen Fragen
der Zeit“, sagte er und verwies darauf, dass die Gesellschaft bereit sei für den Wandel. Er stellte eine Kampagne vor, die den Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Transformation und Antirassismus in den Mittelpunkt rückt.
Auch das Spitzenduo Baerbock und Habeck ist auf den Plakaten zu sehen. Allerdings eher dosiert. Die Worte „Kanzlerin“oder „Kanzlerkandidatin“stehen gar nicht auf den Postern. Ist dies eine Reaktion auf die Kritik an der Potsdamerin? Ist angesichts der Vorwürfe und Fehler Vorsicht geboten? Kellner winkte ab. Der Bundesgeschäftsführer betonte, dass man die Kampagne erst später „weiter personell zuspitzen“wolle. In einer zweiten Phase wollen sie die Grünen mehr auf ihre Spitzenkandidatin Baerbock zuschneiden. Wann genau diese anbreche, sagte Kellner nicht.
Der Bundesgeschäftsführer machte zudem deutlich, wo die Grünen die Stimmen herholen wollen, um es doch noch ins Kanzleramt zu schaffen: Bei den jüngeren Wählern habe man bereits einen guten Stand, nun gelte es, die Generation 60+ für sich zu gewinnen. Denn die habe bisher eher nicht grün gewählt. Passend dazu präsentierte Kellner ein Plakat, auf dem ein älterer Mann mit Smartphone zu sehen ist. Dazu der Spruch: „Lädt nicht, gibt’s nicht.“Indem die Partei nun auch Ältere in den Mittelpunkt stelle, wolle sie der Union Konkurrenz machen. Das sei eine „Ansage an die Union“, sagte Kellner.