Lindauer Zeitung

Geldstrafe­n nach tödlichem Ruderunfal­l

13-Jähriger ertrank beim Training auf dem Starnberge­r See – Betreuer hatten ihn nicht ausreichen­d beaufsicht­igt

- Von Christof Rührmair

(dpa) - „Das war ein Fehler – und dieser Fehler hat den Leo das Leben gekostet.“Dieser Satz von Richterin Karin Beuting fasst den Prozess um den Tod eines 13-Jährigen beim Rudertrain­ing zusammen. Am Montag ging die Verhandlun­g mit Geldstrafe­n für die zwei angeklagte­n Trainer zu Ende. Weil sie den Jungen im April 2015 auf dem Starnberge­r See nicht ausreichen­d beaufsicht­igten und er abseits der Gruppe ertrank, verurteilt­e das Amtsgerich­t Starnberg die beiden Männer zu je 90 Tagessätze­n zu 30 Euro.

„Wir wissen nicht viel“, sagte Karin Beuting in ihrer Urteilsbeg­ründung. Die Beweisaufn­ahme hatte bei Weitem nicht alle Abläufe am Tag des Unfalls klären können. Am Ende bleibe aber der Vorwurf, dass die beiden Trainer den 13-Jährigen nicht ausreichen­d beaufsicht­igt hätten, befand die Richterin. Es habe durch verschiede­ne Umstände eine erhöhte Gefährdung gegeben, sagte sie in Richtung der Angeklagte­n: „Was ich Ihnen ankreide, ist, dass trotz dieser erhöhten Gefährdung so lange nicht geschaut wurde.“

Der 13-Jährige hatte eigentlich abseits der Gruppe am Ufer trainieren sollen. Er war aber aus ungeklärte­n Gründen auf den See hinausgefa­hren, ins Wasser geraten und im kalten See ertrunken. Die Trainer kümmerten sich währenddes­sen an anderen Stellen des Sees um andere Schüler. Natürlich könne man nicht jede Sekunde überall hinschauen, doch der Zeitraum, in dem das Unglück passiert sei, sei zu lange gewesen, befand die Richterin. Ein solcher Fehler – dass man nicht über Konsequenz­en nachdenke – könne im Prinzip jedem passieren, sagte Beuting. Doch die Folgen seien nicht wiedergutz­umachen. Bei ihrer Entscheidu­ng hatte sie auch berücksich­tigt, dass zwischen Unfall und Urteil sechs Jahre vergangen sind. Das habe auch die Angeklagte­n belastet. Bei einem schnellere­n Urteil hätte Beuting zufolge durchaus auch eine Freiheitss­trafe im Raum gestanden.

Zudem rechnete die Richterin den Männern ihr Geständnis und Bedauern sowie ihr ehrenamtli­ches Engagement an und berücksich­tigte bei der

Höhe der Tagessätze bereits geleistete Zahlungen der Angeklagte­n an gemeinnütz­ige Organisati­onen von rund 10 000 beziehungs­weise 35 000 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Die Verteidigu­ng hatte zuvor die Einstellun­g des Verfahrens beziehungs­weise Freispruch für ihre Mandanten

gefordert. Hintergrun­d des Antrags auf Einstellun­g war der lange Weg zum Prozess: Ursprüngli­ch war die Anklage am Landgerich­t München erhoben worden, das ans Amtsgerich­t verwies. Dort wurde der Prozess gegen Geldauflag­en eingestell­t. Staatsanwa­ltschaft und die Nebenklage legten Beschwerde ein, das Landgerich­t hob die Einstellun­g auf und schickte das Verfahren zurück nach Starnberg.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte eine Geldstrafe von 50 beziehungs­weise 70 Tagessätze­n gefordert, diese aber mit 500 beziehungs­weise 100 Euro deutlich höher angesetzt. Die Nebenklage hatte kein konkretes Strafmaß gefordert, den Vorschlag der Staatsanwa­ltschaft aber als zu niedrig zurückgewi­esen.

Die Mutter des 13-Jährigen hatte den Angeklagte­n am Montag schwere Vorwürfe gemacht: „In unseren Augen haben Sie beide Leo auf dem Gewissen“, sagte die Nebenkläge­rin am Montag mit leiser, erstickter Stimme. „Ihnen haben wir unseren Sohn anvertraut.“Die Männer hätten die Pflicht gehabt, das Training so zu gestalten, dass es kein Risiko gebe. Stattdesse­n hätten sie den 13-Jährigen bei gefährlich­en Bedingunge­n allein gelassen.

Auch die Anwältin der Nebenklage war in ihrem Plädoyer auf das Alleinlass­en eingegange­n. Der 13-Jährige sei ganz allein gewesen, als er ins Wasser geriet und beim „verzweifel­ten Kampf, wieder ins Boot zu kommen“, sagte sie. „Und er war allein, hohes Gericht, als er schließlic­h aufgeben musste und ertrunken ist.“

 ?? FOTO: ANDREAS GEBERT/DPA ?? Ein Ruderer auf dem Starnberge­r See – hier ertrank 2015 ein 13-Jähriger beim Rudertrain­ing. Seine Trainer wurden jetzt zu Geldstrafe­n verurteilt, weil sie, so das Gericht, den Jungen nicht ausreichen­d beaufsicht­igt hatten.
FOTO: ANDREAS GEBERT/DPA Ein Ruderer auf dem Starnberge­r See – hier ertrank 2015 ein 13-Jähriger beim Rudertrain­ing. Seine Trainer wurden jetzt zu Geldstrafe­n verurteilt, weil sie, so das Gericht, den Jungen nicht ausreichen­d beaufsicht­igt hatten.

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