Lindauer Zeitung

„Lieber seltener und dafür ausreichen­d“

Gartenfach­berater Bernd Brunner weiß, was Haus- und Gartenpfla­nzen jetzt brauchen

-

- Gartenfach­berater Bernd Brunner erklärt im Gespräch mit Daniel Boscariol, auf was es beim Gießen gerade im Sommer ankommt, für wen sich teure Bewässerun­gsanlagen lohnen – und welche Rolle das Klima heuer im Garten spielt.

Den Hahn aufdrehen, die Gießkanne füllen – Wasser marsch. Kann ein Hobbygärtn­er beim Gießen und Bewässern überhaupt etwas falsch machen?

Bernd Brunner: Der häufigste Fehler ist, gar nicht zu gießen. Sobald eine Hitzephase kommt, färben sich zum Beispiel die Rasenfläch­en gelb bis braun – sie trocknen aus. Das geht viel schneller als der Laie vermutet. Deshalb brauchen sie regelmäßig Wasser. „Wischiwasc­hi“mit der Gießkanne in der größten Hitze zu gießen, wenn der Boden richtig aufgeheizt ist, bringt gar nichts. Da verdunstet die meiste Flüssigkei­t direkt.

In welchem Rhythmus sollten Gärtner also gießen?

Brunner: Im Sommer eher morgens und, das gilt generell, lieber seltener und dafür ausreichen­d: Etwa 20 Liter auf einen Quadratmet­er, das sind ungefähr zwei volle Kannen. Diese Arbeit ist nun mal nicht in fünf Minuten erledigt, das soll sie auch nicht. Ich sehe Menschen oft abends um fünf gehetzt mit der Gießkanne rumrennen. Aber um diese Zeit kommt sowieso die Abendkühlu­ng. Sind die Pflanzen dann nass, sind das perfekte Bedingunge­n für Pilze. Die Krankheits­anfälligke­it erhöht sich.

Es gibt sogenannte Feuchtigke­itsmesser, die mehr oder weniger anzeigen, wann das Grün Wasser benötigt. Was halten Sie davon? Kann man das auch nach Gefühl abschätzen?

Brunner: Gärtnern ist natürlich zum Teil Gefühlssac­he. Einige Menschen haben das Gespür für ihre Pflanzen – andere weniger. Für Letztere ist ein Feuchtigke­itsmesser praktisch, und diese Geräte sind nicht wirklich teuer. Ich würde sogar einen Schritt weitergehe­n: automatisi­erte Bewässerun­g. Das ist zwar eine gewisse Investitio­n, aber die ist sinnvoll.

Warum? Was hat der Hobbygärtn­er davon?

Brunner: Das kommt drauf an: Wenn er Regenwasse­r verwendet, ist dieser Vorrat kostenlos. Nutzt der Gärtner allerdings Frischwass­er, ändert sich die Situation: Gießen wird zum

Kostenfakt­or. Automatisi­erte Bewässerun­g ist eine Investitio­n, bei der dieser langfristi­g Kosten spart. Denn es wird kein Wasser verschwend­et oder „falsch“gegossen.

Woher weiß ich als Laie, wann ich gießen muss, ganz ohne automatisi­erte Bewässerun­g?

Brunner: In erster Linie sollte ein Gärtner wissen und sich informiere­n, welche Pflanzen bei ihm im Garten stehen. Es gibt Pflanzen, die mehr an Trockenhei­t angepasst sind oder eben weniger, wie viele heimische Pflanzen. Erstere haben meist entspreche­nd härtere Blätter, um weniger Wasser zu verdunsten.

Wenn die Pflanze bereits schlaff wird, ist das problemati­sch?

Brunner: Verliert sie ihren Druck, ist es höchste Zeit, zu gießen. Aber nach einigen Stunden steht sie wieder normal da. Das hält die Pflanze schon aus. Auf Dauer ist das aber eine Art von Stress für das Gewächs. Trockenhei­t schwächt sie extrem. Pflanzen mit Gemüse und Obst bringen dann womöglich weniger Ertrag.

Viele Hobby-Gärtner sammeln das Gießwasser über Regenrinne­n in Wassertonn­en. Rinnen wie Tonnen sind mitunter verzinkt oder aus Kupfer. Ist das schlecht für die Pflanzen?

Brunner: Im Normalfall nicht. Aber das Thema kommt immer wieder auf. Natürlich lösen sich Zink und Kupfer von den Rinnen. Aber das sind meistens Mengen, die die Pflanze sogar braucht. Manchmal sind sie aber auch toxisch – wichtig ist, dass die Materialie­n gut verbaut sind.

Muss man mit Balkonund Zimmerpfla­nzen beim Gießen anders umgehen als mit denen im herkömmlic­hen Garten?

Brunner: Optimal ist die Pflanze, die im Boden wächst. Da haben sie genügend Platz, um zu wurzeln. In einem Hochbeet oder in einem Kübel ist es schon etwas ungünstige­r: Sind darin größere Pflanzen, sollte man schon einmal am Tag gießen. Da gilt zu überlegen, ob nicht eine automatisc­he Bewässerun­g sinnvoller wäre. In Innenräume­n gibt es weniger Probleme für die Pflanzen, da herrschen meistens konstant gute 20 Grad.

Im Frühjahr regnete es oft, zuletzt war es recht trocken – und nun gibt es viele Gewitter. Muss man wegen des Wetters heuer noch etwas Spezielles beachten beim Gießen?

Brunner: Nicht wirklich. Die Vegetation­speriode ging gut zwei Wochen später los als in den vergangene­n Jahren – was eher der Normalität entspricht. Wir leben in einer Region, in der es vergleichs­weise viel regnet – ungefähr fünfmal so viel wie in Franken zum Beispiel. Wasser ist eigentlich im Übermaß vorhanden. Problem sind die Wetterextr­eme aufgrund des Klimawande­ls: Mal regnet es in Massen, dann längere Zeit überhaupt nicht. Da ist es schon schwierig, einen Rhythmus beim Gießen zu finden.

 ?? FOTO: DAVID GROHE ?? Beim Gießen der Pflanzen gibt es erstaunlic­h viel zu beachten - will man es denn richtig machen.
FOTO: DAVID GROHE Beim Gießen der Pflanzen gibt es erstaunlic­h viel zu beachten - will man es denn richtig machen.
 ?? FOTO: M. BECKER ?? Gartenbaui­ngenieur Bernd Brunner ist der neue Kreisfachb­erater für Gartenkult­ur und Landespfle­ge und weiß, worauf es im Sommer beim Gießen ankommt.
FOTO: M. BECKER Gartenbaui­ngenieur Bernd Brunner ist der neue Kreisfachb­erater für Gartenkult­ur und Landespfle­ge und weiß, worauf es im Sommer beim Gießen ankommt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany