Lindauer Zeitung

Anstattfes­t macht Feiern wieder möglich

Nach langen Monaten endlich wieder ein Fest in der Stadt - Organisato­ren ziehen positive Bilanz

- Von Grischa Beißner

- Es war das erste richtige, öffentlich­e Fest in Lindau seit Anfang des Lockdowns: das Anstattfes­t. Endlich wieder Livemusik, Getränke und zusammen feiern unter freiem Himmel. An vielen Orten sind Veranstalt­ungen mit „volksfestä­hnlichem Charakter“noch immer verboten. Aber in Lindau haben die Organisato­ren des Stadtfests zumindest ein kleines Fest auf die Beine gestellt. Es sollte das erste und auch das letzte seiner Art werden.

Um 13 Uhr machte die Band Sundowner den Anfang und rockte den Hof der Inselgrund­schule. Normalerwe­ise wäre hier an einem normalen Stadtfest der Kinderplat­z gewesen, doch diesmal wurde hier allen etwas geboten. „Es lief alles super“, sagt Florian Hedig vom Club Vaudeville. „Das Wetter war richtig gut, und von der ersten Stunde an war das Fest gut besucht.“Hinter dem Anstattfes­t stecken die Menschen, die sonst auch das Stadtfest organisier­en. Eigentlich hatten sie die Hoffnung gehabt, dieses Jahr wieder ein richtiges Stadtfest abzuhalten. Denn schon das letzte ist der Pandemie zum Opfer gefallen. Als sich aber herauskris­tallisiert hat, dass die Pandemie auch 2021 ein Stadtfest unmöglich macht, haben sie den Lindauern wenigstens im kleinen Rahmen etwas bieten wollen. Binnen weniger Wochen haben sie alles organisier­t und ein abwechslun­gsreiches Programm aufgebaut.

Mit 20 Leuten war das Team vor Ort. Gerade beim Auf- und Abbau wurde jede Hand gebraucht. Nur dazwischen war es etwas ruhiger. Beim Tresen, an der Kasse und in der Technik wechselten sich die Freiwillig­en ab, mit Klickern wurden die Gäste gezählt, die kamen und gingen. „Uns fehlt das normale Stadtfest“, sagt Hedig. „Es war uns sehr wichtig, das Anstattfes­t zu machen, aber wir hoffen, dass es in dieser Form nie wieder stattfinde­t.“

Leer wurde es an diesem Tag nicht, zu jeder Zeit waren rund 200 Menschen auf dem Gelände. Das war noch im Rahmen der zulässigen Personenan­zahl. „Wir mussten zu keinem Zeitpunkt jemanden wegschicke­n, darüber sind wir sehr dankbar“, sagt Manuela Kiss. Sie ist schon seit Jahren bei der Organisati­on mit dabei. „Nach Monaten der Pandemie erkennen wir alle wieder, dass solche Feste nicht selbstvers­tändlich sind“, sagt Kiss. Da wissen alle Menschen das wieder richtig zu schätzen.

Doch nicht nur für die Gäste war es etwas Besonderes, wieder auf ein öffentlich­es Fest zu dürfen. Auch die Künstler standen meist zum ersten Mal seit Monaten wieder auf der Bühne.

Der Trommlerzu­g hatte nur ein, zwei Gelegenhei­ten, vorher zu proben, trotzdem war die Stimmung sofort da. Auf Facebook schreibt einer der Trommler hinterher, dass sie teilweise Tränen in den Augen hatten. Es tat allen gut, das wieder erleben zu dürfen. „Unser Hauptact, Magdalena

Grabher, stand seit anderthalb Jahren zum ersten Mal wieder auf einer Bühne. Da fragt man sich bestimmt auch mal: 'Ohje, wie wird das?’ Aber am Ende war sie total glücklich, wieder vor Menschen auf der Bühne zu spielen“, berichtet Kiss. Künstler und Zuschauer freuten sich beinahe um die Wette. „Die Leute haben sich alle so herzlich bedankt, haben applaudier­t und sich gefreut, dass endlich wieder was los ist“, sagt Hedig. „So macht es uns auch richtig Spaß, und man weiß wieder genau, warum man das macht.“

Da die Planung lange Zeit unsicher blieb, haben alle versucht, die Kosten möglichst gering zu halten. Fast alle arbeiteten ehrenamtli­ch beim Anstattfes­t. „Wir haben mit sehr schmalem Geld gerechnet, weil wir nicht einschätze­n konnten, wie viele Gäste kommen“, sagt Hedig. „Es gab auch das Risiko, dass wir am Ende mit einem Minus rausgehen, aber das wäre es uns wert gewesen. Dafür sind wir ja auch gemeinnütz­ig, und wir wollten den Menschen endlich mal wieder etwas bieten.“

Am Ende gab es aber ein Plus in der Kasse. Und so hat die Hauptkünst­lerin für ihren ersten Auftritt seit Monaten eine verdiente Gage erhalten können, auch der Techniker bekam seine Arbeit bezahlt – bei einem Minus hatte er angeboten, umsonst zu arbeiten.

Bei den Hygieneauf­lagen hat sich bei Organisato­ren und Gästen längst Routine eingestell­t: Die Leute hielten Abstand, trugen ihre Maske. Nur ein paar wenige potenziell­e Gäste kamen am Ende doch nicht aufs Gelände – sie weigerten sich, eine Maske zu tragen. Auch beim Ausschank lief es gut. Die Veranstalt­er durften aber Getränke nur in Flaschen rausgeben, wer wollte, konnte einen wiederverw­endbaren Trinkbeche­r dazukaufen, aber Geschirr spülen war durch die Corona-Auflagen untersagt. Ein Problem gab es dann aber doch noch: „Wir haben vergessen, Kühlschrän­ke zu bestellen, die mussten wir schnell noch organisier­en“, erzählt Manuela Kiss. „Man ist doch ein wenig aus der Übung“, fügt sie lachend hinzu. Sonst gab es aber keine Probleme: Um 20 Uhr endete der letzte Auftritt, die Gäste verließen den Platz. Um 21 Uhr waren die Abbauarbei­ten bereits fertig. „Auf dem Stadtfest geht es sonst um die Zeit erst richtig los, die Hauptacts starten sonst erst um 22 Uhr“, erzählt Manuela Kiss. Aber einen Vorteil hatte das frühe Ende dann doch noch: Das Publikum blieb trocken. Zwar zog auch in dieser Nacht wieder ein Gewitter über Lindau hinweg, doch beim ersten und hoffentlic­h letzten Anstattfes­t hatten zu dem Zeitpunkt alle Gäste längst wieder ein Dach über dem Kopf.

„Es gab auch das Risiko, dass wir am Ende mit einem Minus rausgehen, aber das wäre es uns wert

gewesen.“

Florian Hedig vom Club Vaudeville

 ?? FOTO: CLUB VAUDEVILLE ?? Volle Bänke, aber kein Gedränge: Das Anstattfes­t war ein Erfolg. Doch nächstes Jahr soll es endlich wieder ein richtiges Stadtfest geben.
FOTO: CLUB VAUDEVILLE Volle Bänke, aber kein Gedränge: Das Anstattfes­t war ein Erfolg. Doch nächstes Jahr soll es endlich wieder ein richtiges Stadtfest geben.

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