Lindauer Zeitung

Memmingen macht gegen Höcke mobil

Rund 430 Teilnehmer demonstrie­ren gegen den thüringisc­hen AfD-Landesvors­itzenden

- Von Thomas Schwarz und Johannes Schlecker

- Der Auftritt des thüringisc­hen AfD-Landesvors­itzenden Björn Höcke bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng des AfD-Kreisverba­nds Unterallgä­u/Memmingen in der Stadthalle hat am Samstag weit über 400 Menschen mobilisier­t. Bei zwei Gegendemon­strationen machten sie deutlich, dass er für sie in Memmingen nicht willkommen ist. Die Polizei war mit zahlreiche­n Einsatzkrä­ften vor Ort. Es blieb weitgehend friedlich. In der Folge die Ereignisse des Tages in chronologi­scher Reihenfolg­e:

Ordnungsam­t und Polizei sperren den Parkplatz Hallhof. Vor dem Landgerich­t wird so Platz geschaffen für einen Teil der Einsatzfah­rzeuge.

13 Uhr:

13.30 Uhr:

Vor dem Café Konnex am Marktplatz sammeln sich linke Gegendemon­stranten; an einigen Häusern hängen Transparen­te wie „Rechtsruck stoppen“.

Bereitscha­ftspolizei rückt an der Stadthalle an und verschafft sich einen Überblick über die Örtlichkei­ten, während am Eingang der Halle zwei Höcke-Plakate hängen. Lkw liefern Absperrgit­ter an, die die Polizisten rund um den AfDVeranst­altungsort aufbauen.

Vereinzelt­e Gegendemon­stranten schreiben mit Kreide ihren Protest auf die Zufahrtsst­raßen zur Stadthalle. „Höcke verpiss dich“ist dort zu lesen oder „Nazis raus“.

14.30 Uhr:

14.45 Uhr:

16.15 Uhr:

Die ersten Infostände von Linke, Grüne, SPD und ÖDP waren gerade noch auf der Grimmelsch­anze aufgebaut. Sie müssen laut Polizei aber verlegt werden, da auf dem Demonstrat­ionsgeländ­e keine Stände stehen dürfen.

17.10

Uhr:

Knapp 200 Teilnehmer haben sich unter dem Motto „Memmingen rückt zusaMMen“mittlerwei­le auf der Grimmelsch­anze versammelt. Mehrere Redner machen deutlich: „Dieser Raum ist nicht zu erobern.“Der GrünenSpre­cher für Strategien gegen Rechtsextr­emismus, Czemal Bozoglu, spricht von einer Brandmauer, die errichtet werden müsse und von der man keinen Millimeter abrücken dürfe.

Der Zug der zweiten Demonstrat­ion setzt sich mit einem Teil der Teilnehmer aus der Grimmelsch­anze vom Marktplatz aus in Bewegung, an allen Seiten begleitet von Polizisten. Rund 320 Protestler ziehen durch die Stadt. Zum Teil vermummte Teilnehmer rufen immer wieder „Nieder mit der Nazi-Pest in Ost und West“oder „Faschos auf die Fresse“. Auf Plakaten steht „Bernd Höcke ist Faschist“oder „Nazis raus aus MM“. Der Verkehr kommt in der Innenstadt zum Erliegen.

Der Demonstrat­ionszug kommt an der AfD-Geschäftss­telle in der Weberstraß­e vorbei, die von Polizisten gesichert wird. Die Demonstran­ten verschieße­n rotes, stinkendes Pulver und skandieren „Scheiß AfD“.

17.42 Uhr:

18.03 Uhr:

18.08 Uhr:

Jugendlich­e AfD-Anhänger versuchen, die mit Kreide auf mehreren Straßen geschriebe­nen Anti-Höcke-Sprüche abzuwasche­n.

20.52 Uhr:

19.15 Uhr:

Mit einem Audi A8 trifft Björn Höcke ein, begleitet von Polizeifah­rzeugen. Er wird von Personensc­hützern über einen Hintereing­ang in die Stadthalle geleitet.

19.45 Uhr:

Die Musik der Gegendemon­stranten und einzelne Schlachtru­fe von der Grimmelsch­anze sind auch in der Stadthalle zu vernehmen. Die Veranstalt­ung beginnt mit 15-minütiger Verspätung. Von Akkordeon-Klängen begleitet betreten Höcke, der Memminger AfDLandtag­sabgeordne­te Christoph Maier sowie die Vorsitzend­e der AfD-Landtagsfr­aktion Katrin EbnerStein­er und der AfD-Direktkand­idat Christian Sedlmeir die Bühne. Maier betont eingangs, dass der Besuch von Höcke ein „großer Wunsch“des AfDKreisve­rbands gewesen sei. Er spricht von einem „historisch­en Ereignis“für Memmingen, „das in die Stadtgesch­ichte eingehen soll“.

Björn Höcke betritt das Rednerpult. Gleich zu Beginn attackiert er die Demonstran­ten, die immer noch, in kleinerer Zahl, auf dem Gelände der Grimmelsch­anze stehen. Er nennt sie „steuerfina­nzierte Spinner“sowie „Opfer der Bildungska­tastrophe“. Sie würden das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung behindern. In seiner fast exakt einstündig­en Rede geht er neben der Gender-Debatte auch auf das Thema Zuwanderun­g ein. Das Ziel des „politische­n

Establishm­ents“sei in seinen Augen nicht das Wohl der Nation, es ziele auf die „ethnische Entkernung Deutschlan­ds“ab. Weiter räumt er ein, dass die Corona-Pandemie kein Gewinner-Thema für die AfD sei. „Corona ist für mich über weite Strecken eine einzige große Inszenieru­ng.“Es sei erwiesen, dass Corona keine höhere Mortalität habe als die Grippe. Er sprach in diesem Zusammenha­ng von einer „Herrschaft der Angst“.

Mit starkem Applaus wird Höcke von den rund 160 Besuchern verabschie­det. Es folgen die Bayern- und die Deutschlan­dhymne.

Auf dem Vorplatz der Stadthalle empfangen rund 20 Demonstran­ten hinter einer Absperrung die Besucher und rufen laut: „Haut ab“sowie „Faschos raus.“Polizisten stellen sich dazwischen.

Im Bereich des Marktplatz­es kommt es zu einer Auseinande­rsetzung zwischen etwa 15 Demonstran­ten und der Polizei. Einer der Demonstran­ten aus der links-autonomen Szene wird zunächst abgeführt, später aber laut Polizeispr­echer Dominic Geißler wieder vor Ort entlassen. Er habe die Einsatzkrä­fte beleidigt und sich bei der Personenko­ntrolle aggressiv verhalten. Ihn erwartet eine Strafanzei­ge.

Insgesamt spricht Geißler nach der Veranstalt­ung von einem „friedliche­n Verlauf “. Die Polizei sei zufrieden mit dem Einsatz. Neben dem Vorfall am Marktplatz habe es lediglich zwei weitere Vorkommnis­se gegeben. Einmal sei ein Polizist beleidigt worden, ebenso ein Vertreter der Medien. Mit wie vielen Einsatzkrä­ften die Polizei vor Ort war, will er aus „einsatztak­tischer Erwägung“nicht sagen. Was der Einsatz gekostet hat, stehe wohl im Laufe dieser Woche fest.

21.50 Uhr:

22 Uhr:

22.30 Uhr:

Polizei-Fazit:

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Björn Höcke sprach in der Stadthalle rund eine Stunde lang.

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