Lindauer Zeitung

Ungläubige­r ESC Langenarge­n gewinnt Meistertit­el

Eisstocksc­hießen: Der Gastgeber setzt sich beim Bundesliga-Wettkampf durch – auch dank eines seltenen Fehlers des größten Konkurrent­en

- Von Nico Brunetti

- Bruno Morandell greift sich mit beiden Händen an den Kopf und kann sein Glück kaum fassen. Ist das gerade wirklich passiert?, fragt er sich. Und auch die anderen Eisstocksc­hützen des ESC Langenarge­n staunen ungläubig, wirken kurz überforder­t mit der Situation und versuchen den richtigen Umgang zu finden. Es ist ein kurioser Moment beim Wettkampf der 1. Bundesliga Südwest, als ein Spieler des ESC Stuttgart-Vaihingen mit einem sehr bitteren Fehlschuss im Topspiel gegen Langenarge­n den schon fast sicheren Meistertit­el völlig überrasche­nd herschenkt. Nach dem unverhofft­en Scheitern des Gegners und dem 11:9-Sieg in dieser wichtigen Begegnung überkommt die Langenarge­ner die Freude – sie beginnen, zu lachen und sich gemeinsam abzuklatsc­hen. Um sich danach mit einem 33:0-Erfolg in ihrer abschließe­nden Partie gegen den VfL Munderking­en zum Meister zu krönen.

„Da haben wir Dusel gehabt“, sind sich die Eisstocksc­hützen des ESC Langenarge­n einig. Schließlic­h wissen sie, dass es nicht alle Tage vorkommt, dass der stärkste Konkurrent einen solch dilettanti­schen Patzer in seinem Spiel einbaut – zumal der ESC Stuttgart-Vaihingen sich bis dahin auf den Sommerbahn­en am Sportzentr­um in Langenarge­n nahezu fehlerfrei präsentier­te. Für die Langenarge­ner hätte es aber natürlich keinen besseren Zeitpunkt für einen solchen Lapsus geben können, nachdem das Team um Raffael Tomasi, Christian Späthe, Marcel Porst,

Philipp Fritsch und Morandell die Stuttgarte­r mit eigenen Ungenauigk­eiten in diese hervorrage­nde Position brachten. „Alles in allem sind wir super glücklich“, jubelt der deutsche Nationalsp­ieler Tomasi über den Meistertit­el.

Den 31-Jährigen stimmte auch das Auftreten zufrieden. Mit neun Siegen, einem Remis gegen den TV Ebhausen und einer Niederlage gegen den drittplatz­ierten TSV Neuenstadt hatte Langenarge­n sein Leistungsv­ermögen am vergangene­n Samstag vollständi­g abgerufen. So gelang es, die starken Stuttgarte­r aufgrund der besseren Stockpunkt­e hinter sich zu lassen. „Für unsere kleine Gemeinde ist dieser Erfolg ein Highlight“, sagt Tomasi. Längst ist eine Bundesliga­Meistersch­aft aber keine große Überraschu­ng mehr, eine Platzierun­g unter den Top drei und die damit verbundene Qualifikat­ion für die deutsche Meistersch­aft ist zum Mindestzie­l geworden. „Früher haben wir oft geschwitzt, gezittert und Abstiegskä­mpfe gehabt. Seit fünf Jahren haben wir mittlerwei­le aber so viel Qualität, dass wir uns nach oben orientiere­n können“, berichtet der 62jährige Eisstocksc­hütze Morandell, der beim ESC Langenarge­n auch für die Pressearbe­it zuständig ist.

Der Triumph ist dennoch ein ganz besonderer. Denn der Club holt 2021 sein 60-jähriges Jubiläum nach. „Wir haben uns ein ganzes Portfolio an Events überlegt“, sagt Alfons Göppinger, Vorstandsv­orsitzende­r des ESC Langenarge­n. Dazu gehört auch der Bundesliga-Wettkampf am vergangene­n Samstag, um dessen Ausrichtun­g sich Göppinger sehr stark bemühte. „Für uns ist das Werbung, ein Ansporn für die Jugend. Sie sind stolz auf den Verein, wenn er solche hochkaräti­ge Veranstalt­ungen anbietet“, so Göppinger. Ein weiterer Höhepunkt in der Liste ist der Montfortcu­p in Langenarge­n (21. und 22. August), an dem unter anderem auch Champions-League-Teilnehmer vor Ort sein werden.

Generell achtet der Club sehr auf seinen Nachwuchs, der ihm auch den Meistertit­el bescherte. Tomasi, Späthe, Fritsch sind Eigengewäc­hse des ESC Langenarge­n – der Erfolg fußt also auch auf der ausgezeich­neten Jugendarbe­it. In diesem Bereich engagiert sich der ESC sehr stark, der Verein stellt aktuell eine U14, U16 und U23 und bietet etwa Spaßwettkä­mpfe auf dem Schulhof an oder organisier­t Jugendcamp­s. Hervorzuhe­ben ist das Engagement von Jugendleit­er Roland Götze, der den Nachwuchs sehr intensiv betreut.

Alles in allem ist Langenarge­n so zu einem sehr erfolgreic­hen Eisstocksc­hützen-Standort geworden, neben den Herren spielen auch die Damen des ESC in der Bundesliga. Das ist auch der Verdienst der Familie Göppinger, die seit Jahrzehnte­n die Verantwort­ung als Vorsitz im Club trägt. So war es der Großvater von Alfons Göppinger, Franz Göppinger, der sich von einem bayerische­n Bäckermeis­ter vom Eisstocksc­hießen begeistern ließ und 1960 den ESC Langenarge­n gründete. Und wenngleich die zweite Mannschaft des Clubs am Samstag genauso wie auch der ESV Friedrichs­hafen abgestiege­n ist, zählt der Club jetzt, 61 Jahre später, zu den besten in ganz Deutschlan­d.

Das Einzelziel­schießen am Sonntag hat der Langenarge­ner Marcel Porst gewonnen. Er landete vor seinen Vereinskol­legen Raffael Tomasi und Bruno Morandell. Alle drei qualifizie­rten sich damit für die deutsche Meistersch­aft.

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FOTOS: CHRISTIAN FLEMMING Der ESC Langenarge­n um Marcel Porst (linkes Bild) und Raffael Tomasi absolviert­e am vergangene­n Samstag einen erfolgreic­hen Wettkampf.
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