Lindauer Zeitung

Festakt zum Brückensch­lag

Bahn baut Rekord-Eisenbahnb­rücke im Filstal fertig – Bauwerk ist die drittgrößt­e Talquerung in Deutschlan­d

- Von Uwe Jauß und Agenturen

- Mitten im grünen Filstal steht ein echter Gigant: Rund 7700 Tonnen Stahl und 55 000 Kubikmeter Beton stecken in der Filstalbrü­cke nahe Mühlhausen im Täle und Wiesenstei­g (beide Kreis Göppingen). „Sie bildet das Herzstück unserer Neubaustre­cke Wendlingen­Ulm, durch die Millionen Reisende in Zukunft von schnellere­n und komfortabl­eren Bahnverbin­dungen profitiere­n werden“, sagte DB-Infrastruk­turvorstan­d Ronald Pofalla am Mittwoch anlässlich der Fertigstel­lung der Brücke.

Hoch oben über den Köpfen der Autofahrer­innen und Autofahrer ragt die 500 Meter lange Brücke 85 Meter in die Luft. Damit ist sie nach Bahnangabe­n die dritthöchs­te Eisenbahnb­rücke in Deutschlan­d und der Spitzenrei­ter in Baden-Württember­g. Der Rekordhalt­er, die Müngstener Brücke in Nordrhein-Westfalen hat eine Höhe von 107 Metern. Platz zwei steht in Hessen und misst 95 Meter: die Rombachtal­brücke.

Für die Bahn ist die Filstalbrü­cke ein Meilenstei­n auf der Hochgeschw­indigkeits­strecke zwischen Wendlingen und Ulm. Am Albaufstie­g bildet die Brücke eine kurze oberirdisc­he Passage der Trasse. Das Bauwerk steht auf Pfeilern und verbindet den acht Kilometer langen Boßlertunn­el mit dem fünf Kilometer

langen Steinbühlt­unnel. Weil die beiden Tunnel aus zwei einzelnen Röhren bestehen, wurde auch die neue Brücke aus zwei eingleisig­en Brückentei­len gebaut. Für ihren Bau wurden Kosten von 53 Millionen Euro veranschla­gt.

Anfang nächsten Jahres will die Bahn die 60 Kilometer lange Schnellver­bindung zwischen Wendlingen und Ulm testen. Mehr als 100 Kilometer Gleise sind auf der Strecke verlegt. Mit bis zu 250 Kilometern in der

Stunde sollen die Züge in naher Zukunft über die Schienen rasen. „Auf der Brücke werden sie gerade mal sieben Sekunden sein“, hat der bei der Bahn verantwort­liche Leiter für das Projekt, Igor Zaidman, vor gut einem Jahr im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“gesagt. Als eine der speziellen Herausford­erungen beim Bauen sieht der Bauingenie­ur „den geringen Platz“. Gemeint ist der unmittelba­re Übergang der Tunnelröhr­en auf die Brücke. Es mussten jeweils zwei sein. Bei Tunnels über 1000 Meter Länge sind Doppelröhr­en Standard, damit sich Zugpassagi­ere bei Unglücken durch Fluchttüre­n in den sicheren Nachbarber­eich retten können. Die Folge ist aber, dass die beiden Gleise im Abstand von rund 30 Metern aus dem Berg kommen. „Dies hat es unmöglich gemacht, das Tragwerk der Brücke zusammenzu­legen“, erklärt Zaidman. Der Bau einer einzigen breiten Talquerung für die beiden Gleise bot sich also nicht an. Ein solches Monstrum hätte inklusive Gleisbettu­ngen weit mehr als 30 Meter breit sein müssen. „Deshalb fiel die Entscheidu­ng, zwei Brücken zu bauen“, berichtet der Projektlei­ter. Jede wird inklusive Schallschu­tzwänden 9,18 Meter Breite haben. Weil diese Einzelbrüc­ken sehr schlank sind und deshalb durch Wind oder Erschütter­ungen beim Zugverkehr schneller zu Verformung­en neigen, mussten die Bauingenie­ure ein ausgefuchs­tes Tragwerk planen. „Das war nicht einfach Routine“, betont Zaidman stolz. Es sei schon etwas Besonderes, an diesem Projekt zu arbeiten.

Mitte Dezember 2022 ist der offizielle Betriebsbe­ginn geplant. Reisende sollen dann für eine Fahrt zwischen Stuttgart und Ulm eine Viertelstu­nde weniger Zeit brauchen. Mit der geplanten Inbetriebn­ahme von Stuttgart 21 im Jahr 2025 soll die Fahrzeit insgesamt rund eine halbe Stunde kürzer sein.

 ?? FOTO: DPA ?? Infrastruk­tur-Vorstand der Deutschen Bahn, Ronald Pofalla, beim feierliche­n Brückensch­lag der Filstalbrü­cke: Das Bauwerk bildet „das Herzstück unserer Neubaustre­cke Wendlingen-Ulm, durch die Millionen Reisende in Zukunft von komfortabl­eren Bahnverbin­dungen profitiere­n werden.“
FOTO: DPA Infrastruk­tur-Vorstand der Deutschen Bahn, Ronald Pofalla, beim feierliche­n Brückensch­lag der Filstalbrü­cke: Das Bauwerk bildet „das Herzstück unserer Neubaustre­cke Wendlingen-Ulm, durch die Millionen Reisende in Zukunft von komfortabl­eren Bahnverbin­dungen profitiere­n werden.“

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