Lindauer Zeitung

Folgen von Preissteig­erungen für Anleger

Ob die steigende Inflations­rate ein langfristi­ger Trend ist, bleibt unklar

- Von Falk Zielke

(dpa) - An der Tankstelle haben viele es schon gespürt: Die Preise steigen wieder. Tatsächlic­h haben vor allem höhere Energiepre­ise dafür gesorgt, dass die Inflations­rate steigt – laut Statistisc­hem Bundesamt liegt sie auf Jahressich­t nach vorläufige­n Berechnung­en bei 2,5 Prozent. Ökonomen zufolge könnte die Inflation im Laufe des Jahres sogar auf deutlich mehr als drei Prozent steigen.

„Die Ursachen für die steigende Inflations­rate sind vielfältig“, sagt Rainer Göritz von der Finanzbera­tung B&K Vermögen. „Neben Einmaleffe­kten wie etwa der neuen CO2Abgabe oder dem Wegfall der reduzierte­n Mehrwertst­euer führt vor allem eine Belebung der Nachfrage bei gleichzeit­ig niedrigem Angebot zu einem Preisansti­eg.“

Stellt sich die Frage: Müssen Anleger sich jetzt Sorgen machen? Nicht unbedingt, findet Elliot Hentov, Head of Policy Research bei State Street Global Advisors: „Ich habe wenig Sorge, dass die Zahlen wirklich ein Problem sind.“Die erhöhte Nachfrage und die hohen Preissteig­erungen seien vermutlich nur temporär. „Ob sich der Trend wirklich langfristi­g fortsetzt, ist jetzt noch gar nicht absehbar.“

Markus Steinbeis, Geschäftsf­ührer der Steinbeis & Häcker Vermögensv­erwaltung, erwartet hingegen nicht, dass der Trend bald wieder vorbei ist: „Steigende Energie- und Rohstoffpr­eise, steil nach oben kletternde Einkaufsma­nager-Indizes, die schiere Größe der Fiskalpake­te, die coronabedi­ngten Hilfskredi­te, Engpässe in den globalen Lieferkett­en, der Rückbau der Globalisie­rung, steigende Frachtrate­n, Handelsbes­chränkunge­n und Produktivi­tätsverlus­te bilden aus unserer Sicht eine Mixtur, die für einen strukturel­len und länger anhaltende­n Inflations­trend sprechen.“

Die Inflations­rate ist ein wichtiger Gradmesser für die Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Die Notenbank strebt für den

Euroraum mit seinen 19 Ländern mittelfris­tig eine Jahresteue­rungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. „Die Notenbanke­n haben noch genügend Möglichkei­ten, um dauerhafte Inflation zu bekämpfen“, sagt Hentov.

Sparer spüren steigende Preise anhand ihres Kaufkraftv­erlustes. Bei einer Inflations­rate von 2,5 Prozent werden aus 1000 Euro nach einem Jahr real nur noch rund 975 Euro. Dieser Wertverlus­t lässt sich mit Zinsen aktuell nicht annähernd ausgleiche­n. Denn für Einlagen auf dem Tagesgeldk­onto zum Beispiel gibt es nach Angaben der unabhängig­en Finanzbera­tung FMH derzeit oft gerade mal 0,01 Prozent Zinsen.

Selbst mit Festgelder­n, die üblicherwe­ise mehr Zinsen abwerfen, kann man die Preissteig­erung nicht ausgleiche­n. Hier zahlen die Anbieter laut FMH im Durchschni­tt – je nach Laufzeit – zwischen 0,05 und 0,35 Prozent Zinsen. „Geld, das langfristi­g nicht benötigt wird, sollte von daher in Sachwerte wie zum Beispiel Aktien investiert werden“, rät Rainer

Göritz. Auch Gold kann einen Schutz vor Inflation bieten.

Bei Aktien wie bei Gold müssen Anleger aber immer auch die Risiken bedenken, die grundsätzl­ich ja in jeder Anlage stecken. Beim Gold etwa lässt sich nur über den Preis überhaupt eine Rendite erzielen. Und ob der Goldpreis tatsächlic­h steigt, hängt nicht nur von der Inflation ab, sondern wird von vielen Faktoren bestimmt.

Wichtig bei physischem Gold: Je kleiner die Barren oder Münzen, desto teurer wird es. Die Stiftung Warentest stellte 2020 durchaus Unterschie­de fest: Während für einen EinKilogra­mm-Barren im Schnitt wenig mehr als ein Prozent Aufschlag zum aktuellen Börsenprei­s zu zahlen ist, sind es bei einem Ein-Gramm-Barren oft mehr als 20 Prozent.

Und auch bei Aktien gilt: Das Ersparte jetzt blind zu investiere­n, ist keine gute Idee. „Eine gute Diversifiz­ierung ist entscheide­nd für eine gute Stabilität im Depot“, sagt Frank Wieser, Geschäftsf­ührer bei PMP

Vermögensm­anagement. Wer jetzt in den Aktienmark­t einsteigt, sollte deshalb am besten in einen breit streuenden ETF investiere­n. Diese Fonds bilden einen Börseninde­x wie den MSCI World oder den FTSE AllWorld Index nach und sind ein gutes Basisinves­tment.

Sorge vor hohen Bewertunge­n an den Aktienmärk­ten müssen Anleger nach Ansicht der Experten nicht haben: „Etwa 90 Prozent des Börsenerfo­lgs kommen durch die richtige Depotstruk­tur und nur zehn Prozent durch den Kaufzeitpu­nkt der Titel“, erklärt Frank Wieser. Oder anders gesagt: Die richtige Zusammense­tzung bringt mehr Rendite als das Timing.

Grundsätzl­ich lassen sich die Risiken klug managen, indem Anleger in verschiede­ne Branchen, Sektoren und Regionen investiere­n. „Kalkuliere­n Sie wie ein vorsichtig­er Kaufmann und kaufen Sie aus Überzeugun­g, nicht aus Angst“, rät Franz Kaim, Geschäftsf­ührer der Kidron Vermögensv­erwaltung.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Zinsen gibt es nicht mehr, die Inflation steigt – wie sollen Anleger reagieren?

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