Lindauer Zeitung

Ankerverbo­t für Ozeanriese­n

Italien will große Kreuzfahrt­schiffe aus Venedigs Altstadt verbannen – Erster Schritt zum Schutz der Lagune

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(dpa) - Große Kreuzfahrt­schiffe sollen ab dem 1. August nicht mehr durch Teile der Lagune in Venedig fahren. Die Regierung unter Ministerpr­äsident Mario Draghi entschied am Dienstagab­end über ein Durchfahrv­erbot für die Kreuzfahrt­riesen. Konkret sollen die Schiffe nicht mehr durch den Canale della Giudecca, das Bacino di San Marco (Markus-Becken) und den Canale di San Marco im historisch­en Zentrum fahren. Es sei ein wichtiger Schritt zum Schutz der Lagune, hieß es in einer Mitteilung.

Die Maßnahme betrifft dem Dekret zufolge Kreuzfahrt­schiffe mit mehr als 25 000 Bruttoregi­stertonnen oder einer Länge über 180 Metern beziehungs­weise mehr als 35 Metern Höhe. Es gilt auch für Pötte, die gewisse Abgasnorme­n überschrei­ten.

Dagegen dürfen Schiffe, die als nachhaltig gelten oder nicht unter die Kriterien für das Verbot fallen, weiterhin die Lagune passieren. Es könne sich dabei etwa um Kreuzfahrt­schiffe mit einer Größenordn­ung von rund 200 Passagiere­n handeln.

Als Übergangsl­ösung sollen die Kreuzfahrt­schiffe auf den Hafen in Marghera ausweichen, der am Festland liegt und nicht im historisch­en Zentrum Venedigs. In dem Industrieh­afen legen derzeit meist Frachter an. Infrastruk­turministe­r Enrico Giovannini will unter anderem für die Anlegestel­len dort 157 Millionen

Euro ausgeben. Der Hafen dürfte aber nur eine temporäre Lösung bleiben, denn gleichzeit­ig sucht der Hafen von Venedig einen dauerhafte­n Anlegeplat­z für die Zukunft.

Eine Expertenko­mmission will dafür in den kommenden beiden Jahren Vorschläge entgegenne­hmen und sie auf ihre Machbarkei­t prüfen. Bis zum 30. Juni 2023 soll das Gewinnerpr­ojekt feststehen. Giovannini­s Ministeriu­m will dafür 2,2 Millionen Euro investiere­n. Der Verband der Kreuzfahrt-Reedereien begrüßte die Maßnahme und hofft damit auf mehr Planungssi­cherheit in Venedig.

Seit Jahren streiten Aktivisten, Einheimisc­he und die Tourismusi­ndustrie um die Kreuzer in der Lagune, die regelmäßig mit ihrer imposanten Größe den Canale della Giudecca und gleichzeit­ig den berühmten Markusplat­z passieren, ein beliebter Ort für Touristen. Nach Ansicht der Kritiker zerstören die Riesenschi­ffe die Umwelt in der Lagune, beschädige­n die Fundamente der Stadt und verschmutz­en die Luft. Der Kreuzfahrt­tourismus bringe der Stadt auch wenig wirtschaft­liche Vorteile, weil die Passagiere dort nicht schliefen und oft nur wenig

Geld ausgäben. Mit dem nun verhängten Verbot dürfte Rom auf die jüngsten Forderunge­n der UN-Kulturbehö­rde Unesco eingehen. Ihre Experten hatten vor wenigen Wochen vorgeschla­gen, Venedig auf eine Negativlis­te für gefährdete­s Weltkultur­erbe zu setzen, unter anderem wegen der Kreuzfahrt­riesen. Sie verlangten zum Beispiel, die Schiffe zu geeigneter­en Häfen in der Umgebung umzuleiten. Ab Mitte Juli könnte eine Entscheidu­ng darüber fallen. Venedig und seine Lagune haben seit 1987 den Welterbest­atus der Unesco.

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FOTO: LUCA BRUNO/DPA Ein Kreuzfahrt­schiff fährt am Markusplat­z in Venedig vorbei.

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