Ailinger Kirche ist einsturzgefährdet
Weil das Dach marode ist, wurde St. Johannes Baptist gesperrt
- Plötzlich stehen die Ailinger Katholiken ohne Kirche da: Wegen akuter Einsturzgefahr des Dachs ist die Kirche St. Johannes Baptist seit Dienstag, 6. Juli, geschlossen. Der Grund sind Träger aus verleimten Holzschichten, wie sie auch für die Eissporthalle in Bad Reichenhall verwendet wurden. Im Jahr 2006 starben beim Einsturz des Hallendachs im Zusammenwirken mit hoher Schneelast 15 Menschen.
Weil die sogenannten Kämpfträger als Schwachstelle bekannt sind, werden in festem Turnus Bauwerke, in denen sie zwischen 1960 und 1980 verbaut wurden, statisch untersucht. „Und nun waren wir an der Reihe“, sagt Dekan Bernd Herbinger. Ein Statiker entnahm den Trägern Bohrkerne und kam zu einem alarmierenden Befund: Bei der Verleimung der Hölzer wurde offenbar nicht genügend Leim verwendet, heißt es im Gutachten. Demnach fehlte es beim Verleimen auch am nötigen nötigen Pressdruck. Heute sei der damals verwendete Harnstoffharzleim für tragende Bauteile nicht mehr zugelassen, teilt das katholische Pfarramt mit. Und weiter: „Die verleimten Schichten der in Ailingen verwendeten Kämpträger rutschen einfach auseinander.“Zudem sitzen Dübel nicht mehr richtig, wodurch die seitliche Abführung der Dachlast eingeschränkt sei. Auch ohne Schneelast sei die Sicherheit des Dachs nicht mehr gewährleistet, so das Gutachten.
Für die Katholische Gesamtkirchengemeinde kommt diese Diagnose zur Unzeit, denn sie hat mit weiteren maroden Dächern zu kämpfen: Für die Sanierung des Dachs von St. Maria in Jettenhausen dürfen die veranschlagten 700 000 Euro nicht ausreichen und sich eher der Millionengrenze nähern. Auch das Dach von St. Magnus in Fischbach macht Probleme. Dort könne das bestehende Dach aber durch eingesetzte Bolzen stabilisiert werden, so Dekan Herbinger.
Konkrete Sanierungsvorschläge für die Ailinger Kirche gebe es noch nicht, sagt Gesamtkirchenpflegerin Ulrike Weiß. Ob neben maroden Trägern noch weitere Schäden am Dach bestehen, werde derzeit ermittelt. Sicher ist aber, dass es Fäulnisschäden am Dachstuhl des altern Kirchturms gibt. „Ich kann nur eines sagen, mehr aber nicht: Es wird teuer“, so Ulrike Weiß.
Wegen der Einsturzgefahr musste Reinhard Hangst, der Pfarrer von St. Johannes Baptist, sein 25-jähriges Priesterjubiläum bereits in der Rotachhalle feiern anstatt in seiner Kirche. Auch die Kirchengemeinde muss sich von nun an flexibel zeigen: Die Eucharistiefeiern am Wochenende finden vorerst in der Kirche St. Martinus in Oberteuringen statt. Die Werktagsgottesdienste (donnerstags um 8.30 Uhr) werden im Ailinger Roncalli-Haus abgehalten. Taufen und Hochzeiten werden nach Rücksprache in Oberteuringen gefeiert. „Die Einsicht in die Notwendigkeit der Schließung ist von allen Seiten da. Die Enttäuschung bei der Gemeinde ist aber trotzdem enorm“, sagt Dekan Herbinger. Pfarrer Hangst wird konkret: „Ich habe ein Ehepaar, das seine Hochzeit wegen Corona zweimal verschieben musste und jetzt anstatt in Ailingen in in Oberteuringen getraut wird.“
Wie lange St. Johannes Baptist geschlossen bleibt, ist unklar. „Möglicherweise kann das Dach durch ein innen angebrachtes Gerüst stabilisiert werden, damit wir wieder Gottesdienste feiern können“, sagt Pfarrer Hangst. Falls das möglich sei, müsse das Gerüst aber gekauft werden, ergänzt Dekan Herbinger. Das sei billiger als es zu mieten, weil sich die Sanierung sehr lange hinziehen könne.
Bernd Herbinger fürchtet, dass die Gesamtkirchengemeinde auf den Kosten sitzen bleibt. Denn denkmalgeschützt sei nur der Turm von St. Johannes Baptist, nicht aber das moderne Hauptgebäude mit dem gefährdeten Dach. Wie das Geld aufgebracht werden soll, ist fraglich. „Jetzt fällt uns auf die Füße, dass man in den 1960er-Jahren die alten Kirchen abgerissen und neue gebaut hat“, sagt Herbinger. „Beton hält ewig, hieß es, und Holzträger seien auch was Gutes. Dabei machen diese Materialien, von denen man dachte, sie würden 100 Jahre halten, schon jetzt Probleme.“
Stellt sich wegen finanzieller Nöte die Frage, ob St. Johannes Baptist für immer geschlossen wird? Hangst verneint: „Das steht überhaupt nicht zur Diskussion.“Mit über 2500 Mitgliedern zählt St. Johannes Baptist schließlich zu den großen katholischen Gemeinden der Stadt. „Da gibt es nur eines: Das Dach muss gerichtet werden“, bekräftigt Herbinger.