Buchmann und die Abendsuppe
Im Küchentruck legen die Bora-Profis die Grundlagen – Pogacar gewinnt im Gelben Trikot
(SID) - Ein Festmahl war für Patrick Konrad am Morgen nach seinem größten Karriereerfolg nicht vorgesehen. Bei Porridge, Obst, Omelett und Co. tankte der dritte österreichische Tour-Etappensieger der Geschichte nach seinem beherzten Soloritt Kraft für die letzten beiden PyrenäenShowdowns – im eigenen Küchentruck seiner deutschen Mannschaft Bora-hansgrohe.
„Das Frühstück ist immer ähnlich, das ist eigentlich standardisiert. Jeder Fahrer hat seine Vorlieben und weiß, was funktioniert“, berichtete Bora-Ernährungsberater Robert Gorgos. Vorlieben, aber auch Abneigungen hat etwa Emanuel Buchmann. Der Tour-Vierte von 2019 esse „sehr fettarm, gerne Joghurt. Das ist nichts Spezielles. Porridge in der Früh. Abends mag er keine Suppe“, so Gorgos.
Er ist Herr über das leibliche Wohl des Teams, das fünf Tage nach dem Triumph des Kölners Nils Politt am Dienstag seinen zweiten Etappensieg bei der 108. Tour de France feierte. Gorgos' Aufgaben sind vielfältig: „Ich bin verantwortlich dafür, dass der Küchentruck funktioniert. Ich organisiere die Köche, kümmere mich darum, was und wie viel gegessen wird im Zusammenspiel mit den Trainern. Wir wiegen zum Beispiel, was gekocht wird, und servieren das entsprechend.“
Ein Kernpunkt des Ernährungsberaters ist die Rennverpflegung. „Die wenigsten Fahrer wollen Pasta vor dem Rennen, eher Porridge, Brot, Obst einen Smoothie oder ein Omelett“, so Gorgos. Die ganz klassische, kraftspendende Pasta gebe es meistens schon abends, betonte er: „Aber nicht ausschließlich.“Wichtig ist Gorgos in seinem Küchentruck vor allem eines, die Qualität auf dem Teller. „Wir versuchen ausschließlich Bioware aus der Region zu bestellen. Wir haben einen regionalen Bäcker, einen regionalen Metzger.“
Seine Zielsetzung ist klar: „Dass jeder Fahrer gesund ins Ziel kommt, auch nach drei Wochen. MagenDarm-Problematik ist mein Gradmesser, das gilt es zu vermeiden“, betonte Gorgos. „Wenn du einen Fahrer für das Gesamtklassement hast, und der fällt wegen so etwas einen oder zwei Tage aus, dann war's das.“
So gehe es während der Tour prinzipiell darum, „nach jedem Tag den Speicher wieder aufzufüllen“. Eine individuelle Herausforderung, da die physiologische Voraussetzung und der Gesamtenergieverbrauch bei den Fahrern unterschiedlich sind.
Bei einer Bergetappe, so wie den beiden zum Col du Portet (siehe Kasten, d. Red.) und am Donnerstag nach Luz Ardiden, „bewegt sich der Verbrauch im Bereich zwischen 5000 bis 7000 Kalorien“, sagte Gorgos: „Bei einem Sprinter sind es 1000 bis 1500 mehr.“Der Plan nach der kräftezehrenden Königsetappe hinauf zum Col du Portet stand früh, berichtete Gorgos: „Unmittelbar nach dem Ziel gibt es einen Shake. Im Bus gibt es eine Mahlzeit, die schon in der Früh vorbereitet wird von den Köchen. Am Abend gibt es dann ein normales, ausgewogenes Essen“in Boras Kräftespeicher. Für den Ravensburger Emanuel Buchmann natürlich dann ohne Abendsuppe.
Triumphator Tadej Pogacar griff sich jubelnd an sein Gelbes Trikot und ließ sich in den Nebelschwaden des Col du Portet ausgepumpt auf den kalten Asphalt fallen. Nach der Zielüberfahrt und einem furiosen Dreikampf mit Jonas Vingegaard und Richard Carapaz musste sich selbst der Dominator auf dem 2215 Meter hohen Pyrenäen-Riesen eine kurze Pause gönnen. „Ein fantastischer Tag.
sagte der 22 Jahre alte Titelverteidiger aus Slowenien, nachdem er die Königsetappe für sich entschieden hatte. Auf dem 178,4 Kilometer langen Teilstück setzte Pogacar erst auf den letzten 100 Metern die entscheidende Attacke, nachdem Vingegaard und Carapaz zuvor alles tapfer gekontert hatten. „Ich hatte wirklich Antrieb, Richard einzuholen“, sagte der
Sieger. Von der ganz großen Leichtigkeit, mit der Pogacar seine Rivalen in den Alpen noch düpiert hatte, war diesmal zwar nichts zu sehen, jedoch reichte es für seinen zweiten Tagessieg bei dieser Tour. „Am Ende habe ich mich sehr stark gefühlt und wollte die Arbeit der Mannschaft vollenden“, sagte er. Die Leistung, mit der Pogacar die 108. Ausgabe des größten Radrennens der Welt prägt, erinnert ein wenig an Lance Armstrong. Er kontrolliert jede Bergetappe und fuhr sich peu à peu einen Vorsprung heraus, der nun klar über fünf Minuten beträgt. Für die deutschen Profis um Emanuel Buchmann war es erneut kein erfolgreicher Tag. Der frühere TourVierte hatte sich noch vorgenommen, lange bei seinem Kapitän Kelderman zu bleiben, konnte aber gerade am letzten Berg nicht mehr groß unterstützen.