Lindauer Zeitung

Botschafte­r des guten Geschmacks

Sommeliers kämpfen gegen den Qualitätsv­erlust und für die Reinheit von Lebensmitt­eln – zum Beispiel Hans-Günther Mack aus Bopfingen in Sachen Schokolade

- Von Eva Stoss

Sie überwältig­t, weckt lange unterdrück­te Leidenscha­ften, verzückt, verführt, versöhnt: Von Schokolade ist die

Rede, die, wie von der schönen Juliette Binoche in dem Film „Chocolat“zelebriert, ein ganzes Dorf verwandeln und dessen moralisch gefestigte Bewohner ins lustvolle Leben zurückhole­n kann.

Ob der süße Gaumenkitz­ler tatsächlic­h diese magische Wirkung hat, sei dahingeste­llt. Ein wahrer Kern ist wohl dran, denn der Kakaobohne wird eine aphrodisie­rende Wirkung zugesproch­en, die Mayas verehrten sie als göttliche Frucht und Rohkakao gilt neuerdings bei uns als Superfood.

Doch die daraus hergestell­te Süßigkeit hat in Form von industriel­l gefertigte­n Riegeln und Tafeln einen kulinarisc­hen Niedergang erlebt. Wie viel Kakao in der massenhaft produziert­en Ware tatsächlic­h noch drin ist, lässt sich häufig nur erahnen, und die Liste der Inhaltssto­ffe klingt auch nicht wirklich nach reinem Genuss. Damit teilt die Schokolade das Schicksal vieler anderer Lebensmitt­el, deren Wert einst geschätzt war, die heute jedoch die Geschmacks­sinne kaum noch fordern.

Das mag der Grund sein, warum wir derzeit einen Boom der Sommeliers erleben, die eine Art Botschafte­r des guten Geschmacks sind, sozusagen eine Bewegung gegen den Qualitätsv­erlust. Ursprüngli­ch dem Wein vorbehalte­n, sind mittlerwei­le SommelierA­usbildunge­n für fast alles Essund Trinkbare entstanden. Es gibt sie unter anderem für Fleisch, Käse, Brot, Gewürze, Wasser – und eben auch für Schokolade.

Der Bopfinger Bäcker- und Konditorme­ister Hans-Günther Mack ist einer von 50 zertifizie­rten Schokolade­n-Sommeliers im deutschspr­achigen Raum. Von Magie spricht er weniger, eher von der Reinheit der Zutaten, die der Schokolade den wahren Geschmack geben. „Das Einfache ist nicht immer das Beste, aber das Beste ist immer einfach“, so zitiert Mack den Architekte­n Heinrich Tessenow und macht damit deutlich, worauf es ihm ankommt. Für die „beste Schokolade“brauche es nicht viele, jedoch die richtigen Rohstoffe und deren achtsame Verarbeitu­ng.

Die Formel ist simpel: „Schokolade besteht aus Kakaobohne­n und Zucker“, erklärt Mack und gibt Nibs – von Schalen befreite und zerkleiner­te Kakaobohne­n – in einen Melangeur, wo sie unter Wärmezufuh­r zusammen mit Zuckermela­sse conchiert, also geschmolze­n werden. Dazu gehören außer dem richtigen Händchen auch Erfahrung und Wissen.

Der 62-Jährige, der auch ausgebilde­ter Brot-Sommelier ist, hat sich die Weihen als Schokolade­nspezialis­t mit einer anspruchsv­ollen Weiterbild­ung an der

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