Die Filmwelt denkt queer
Einst tabu, heute teilweise preisgekrönt – Homosexualität als Thema für Kino und Fernsehen –3sat zeigt Dokumentation
(dpa) - Homosexuelle Liebe vor 102 Jahren als Thema im Kino – ja, das gab es tatsächlich: „Anders als die Andern §175“hieß der deutsche Stummfilm von 1919, der laut Filmhistorie als erster Streifen der Welt Homosexualität offen behandelte (Drehbuch: Richard Oswald und Magnus Hirschfeld). Schon kurz nach dem Erscheinen wurde er allerdings verboten. Als erster lesbischer Film gilt das zwölf Jahre später veröffentlichte Internatsdrama „Mädchen in Uniform“von Leontine Sagan. Das Werk von 1931 mit Hertha Thiele und Dorothea Wieck verhandelt die Frauenliebe offener als das 1950er-Jahre-Remake mit Romy Schneider und Lilli Palmer. Diese und viele andere Details erzählt die aktuelle 3sat-Doku „Queer Cinema“über Lesben, Schwule und Transsexuelle in der Kinogeschichte. Sie ist seit dem 3. Juli in der 3sat-Mediathek zu finden und wird am 17. Juli um 19.20 Uhr auch im linearen Fernsehen ausgestrahlt.
Die Dokumentation „Queer Cinema. Eine Reise durch 100 Jahre deutschen Film“geht der Frage nach, wie queer der deutsche Film war, ist und in Zukunft sein wird. So wird etwa die These untermauert, dass bis Ende der 1960er-Jahre Homosexuelle im Kino kaum vorkamen und wenn, dann ausschließlich als tragische Figuren wie etwa in dem schwarz-weißen Außenseiterdrama „Jagdszenen aus Niederbayern“.
Paukenschlag war dann die schwulenkritische Emanzipationsdoku „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“(1971) von Rosa von Praunheim. Später folgten Filme wie „Westler“(1985) oder „Coming Out“(1989) und dann Kinohits wie die Komödie „Der bewegte Mann“(1994) mit Til Schweiger oder die Tragödie „Aimée & Jaguar“(1999) mit Juliane Köhler und Maria Schrader. Auch das Transgender-Drama „Romeos“(2011) mit Rick Okon oder das Polizistendrama „Freier Fall“(2013) bewegten die LGBT-Welt.
Zuletzt wurde Faraz Shariat für seinen zum Teil autobiografischen Film „Futur Drei“(2020) gefeiert, in dem queer nicht mehr das Hauptthema ist, sondern eher beiläufig erzählt wird.
Zu Wort kommen in der Dokumentation einige Expertinnen und Experten, darunter die Drehbuchautorin und Regisseurin Angelina Maccarone, die Journalistin Manuela Kay und der Filmemacher Wieland Speck.