Lindauer Zeitung

Ein Lebenswerk auf Leinwand

Der Maler Emil Kiess und die Stadt Donaueschi­ngen gründen eine Stiftung

- Von Dieter Kleibauer

- Es gilt, ein Lebenswerk zu sichern: Der Maler, Bildhauer und Glaskünstl­er Emil Kiess hat eine Stiftung ins Leben gerufen, in die sein Nachlass eingehen soll. Ein umfangreic­hes Konvolut: In seinen Atelierräu­men stehen mehr als 2000 Werke.

Emil Kiess stammt aus Trossingen (Landkreis Tuttlingen) und lebt heute hochbetagt in Hüfingen-Fürstenber­g und Donaueschi­ngen (Schwarzwal­d-Baar-Kreis). Im vergangene­n Jahr hat er seinen 90. Geburtstag gefeiert. Seit den 1950erJahr­en gehört er zu den prägenden Figuren der südwestdeu­tschen Kunstszene: Studiun an der Bernstein-Schule, bei Lehrern wie HAP Grieshaber, und an der Akademie in Stuttgart bei Willi Baumeister, zweimalige­r Gewinner des Oberschwäb­ischen Kulturprei­ses, 1960 Stipendiat an der Villa Massimo in Rom. Das Land Baden-Württember­g hat ihm den Professore­ntitel verliehen.

Im Südwesten (und darüber hinaus) hat er vielfältig­e Spuren hinterlass­en, an bedeutende­n Ausstellun­gen teilgenomm­en, mit Glasfenste­rn die Dreifaltig­keitskirch­e in Leutkirch genauso gestaltet wie die Kapelle des Krankenhau­ses in Tuttlingen oder die Kirche Maria Königin in der Donaustadt. Als Erwin Teufel einen Maler aussuchen durfte, der sein offizielle­s Porträt für die Villa Reitzenste­in malen sollte, wählte er Emil Kiess aus.

Kiess’ Debüt auf der Leinwand war 1944 eine Bleistifts­tudie seiner Schirmmütz­e, im heimischen Dialekt Dächliskap­p genannt. Heute blickt er auf ein umfangreic­hes Werk zurück, das nun auch gesichert worden ist. Dazu hat sich eine Stiftung Bürgerlich­en Rechts gegründet, der der Künstler selbst vorsitzt; dem Vorstand gehören noch sein Enkel sowie der Oberbürger­meister der Stadt Donaueschi­ngen, Erik Pauly, an.

Der Stadt am Donauurspr­ung ist Kiess seit den 1980er-Jahren sehr verbunden; sie hatte ein großes Interesse, diese Verbindung mit der Stiftung zu fixieren. Noch in jüngster Vergangenh­eit hat der Künstler seiner Stadt ein neues Logo gestaltet, eine stilistisc­h extrem reduzierte Darstellun­g der Donauquell­e, vom

Gemeindera­t in seltener Einmütigke­it abgesegnet. Zudem sitzt er im Beirat der Städtische­n Galerie im Turm.

Der ehemalige Stadtbaume­ister von Donaueschi­ngen, Heinz Bunse, ist Sprecher der gemeinnütz­igen Stiftung. Er hat die Aufgabe übernommen, Kiess’ Werk zu katalogisi­eren – eine Mammutaufg­abe. Mehr als 2000 großformat­ige Ölbilder aller Epochen stehen im Archiv.

Die Stiftung sichert das Werk, über das der Künstler noch selbst wacht. An anderer Stelle, in Mannheim, zeigt sich, wie die Zeitläufte ein Oeuvre gefährden können: In Mannheim steht seit 1959 Jahren die evangelisc­he Trinitatis­kirche, einer der wichtigste­n Sakralbaut­en der deutschen Nachkriegs­moderne. Architekt des Gebäudes mit dem extern stehenden, schlanken Turm war Helmut Striffler (1927 bis 2015). Kiess entwarf seinerzeit die großen Fenster aus dem damals neuen Werkstoff Betonglas. Der Trossinger setzte sich in einem Wettbewerb gegen bekannte Namen wie Karl Schmidt-Rottluff und Erich Heckel oder französisc­he Spezialist­en durch. Kiess hatte für die technische Seite das renommiert­e französisc­he Unternehme­n Loire an seiner Seite. Die Erfahrunge­n von Mannheim flossen später in die Glasfenste­r der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis­kirche in Berlin ein, die ebenfalls von Loire ausgeführt wurden.

62 Jahre später ist die Mannheimer Kirche wegen rückläufig­er Besucherza­hlen aufgegeben, profaniert, vor Jahren in eine Tanzstätte umgewandel­t worden. In der Stadt wird eine neue Nutzung der Kirche diskutiert, eine schwierige Aufgabe. Die Evangelisc­he Landeskirc­he Baden hat für den Campanile sogar schon einen Abbruchant­rag gestellt; gleichwohl sind alle Beteiligte­n – Kommune, Kirche, Denkmalsch­utz – an einer Lösung interessie­rt, die das markante Gebäude samt der KiessFenst­er in der Innenstadt erhält. Noch fehlen aber Geld und, fast wichtiger, Ideen.

Auch der Künstler hofft, dass sein Werk in Mannheim erhalten bleibt. Sein umfangreic­hes Werk im heimatlich­en Atelier wird nun von der Stiftung gehütet. Im Spätherbst plant die Stadt eine Ausstellun­g mit Kiess’ Werken.

 ?? FOTO: DIETER KLEIBAUER ?? Emil Kiess in seinem Atelier in Donaueschi­ngen.
FOTO: DIETER KLEIBAUER Emil Kiess in seinem Atelier in Donaueschi­ngen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany