Der Alleskönner aus Komenda
Tadej Pogacar, erst 22, kann sich in Paris erneut als Sieger der Tour de France feiern lassen
(dpa) - Der neue Dominator Tadej Pogacar signierte auf der Tour d’Honneur ein paar Trikots und zeigte kleine Kunststücke mit seinem Rad, Sprinter Mark Cavendish hat zum Abschluss der 108. Tour de France den alleinigen Rekord verpasst. Während für den 22 Jahre jungen Slowenen der zweite Gesamtsieg schon weit vor der letzten Etappe auf den Champs-Élysées in Paris feststand, wollte „King Cav“am Sonntag die finale Krönung: Den 35. Tagessieg, mit dem er an Belgiens Legende Eddy Merckx vorbeigezogen und einen Jahrzehnte alten Rekord gebrochen hätte. Doch im prachtvollen Zentrum der Metropole gewann diesmal der Belgier Wout van Aert, es war sein dritter Etappensieg. Es war die erste Sprintniederlage für Cavendish, der Rang drei belegte.
Auf der letzten Tour-Etappe des Ende 2021 scheidenden André Greipel (siehe Meldung links) konnte Pogacar seinen Triumph voll auskosten. Mit seinen sieben Teamkollegen von UAE lachte und scherzte der GelbTräger, gemeinsam mit den weiteren Slowenen schickte er ins TV-Bild eine Botschaft an den verletzt ausgestiegenen Rivalen und Landsmann Primoz Roglic.
„Das ist eine andere Liga, die er berghoch fährt“, sagte der Deutsche Nils Politt, womit die 21 Teilstücke treffend zusammengefasst sind. Auch wenn Pogacar selbst sagt: „Ich sehe mich nicht als Boss.“2021 war er es!
Knapp ein Jahr nach der slowenischen Party, als Pogacar Roglic den Gesamtsieg ganz am Ende noch stibitzt hatte, darf die kleine Sportnation gleich den nächsten sportlichen Riesencoup bejubeln. Der Mann aus dem 6000-Seelen-Ort Komenda, der diesmal durchweg glänzte und mit mehr als fünf Minuten Vorsprung vor Jonas Vingegaard (Dänemark) und Richard Carapaz aus Ecuador lag, gewann neben dem Gelben Trikot auch das weiße des besten Jungprofis und das gepunktete des besten Bergfahrers. Landsmann Matej Mohoric rundete die slowenischen Festwochen mit zwei weiteren Tagessiegen ab.
Pogacar, der Alleskönner, hat die Tour heuer geprägt wie seit dem inzwischen als Dopingsünder überführten Lance Armstrong vor rund 20
Seine ungewohnte Rolle als Edelhelfer erfüllte Emanuel Buchmann nach seiner überstandenen Erkältung respektabel. Der Tour-Vierte von 2019 hatte vor allem mit seinen Diensten in den Pyrenäen großen Anteil am fünften Platz seines Kapitäns Wilco Kelderman im Gesamtklassement. Als Kelderman am Fuße des Col du Portet auf der
17. Etappe unglücklich stürzte, trug ihn der 28-Jährige hoch zum Gipfel.
Jahren niemand mehr. Belgiens Ikone Merckx (Spitzname „Kannibale“) adelte den Doppel-Champion bereits: „Ich sehe in ihm den neuen ,Kannibalen‘. Er ist extrem stark. Ich denke, er wird in den kommenden Jahren die Tour mehrmals gewinnen.“Pogacar könne die Tour-Krone auch häufiger als fünfmal erobern (was bislang die Rekordmarke ist).
Neben seiner exzellenten und taktisch fehlerfreien Leistung profitierte der Star des UAE-Teams auch von mehreren glücklichen Umständen. Hauptrivale Egan Bernal (Ineos) fuhr 2021 beim Giro d’Italia statt bei der Tour, die Gegner Roglic und Geraint Thomas stürzten früh und waren im Kampf um das Gelbe Trikot bereits in Woche eins raus. So fuhr Pogacar eigentlich ab seiner Solofahrt in den Alpen zwei Wochen dem Gesamtsieg entgegen, den er mit famosen Einzelerfolgen
Buchmann hatte die Saison eigentlich auf den Giro d’Italia im Mai ausgerichtet. Dort stürzte der Ravensburger allerdings und schied vorzeitig aus. Seine sehr kurzfristige Teilnahme an der Frankreich-Rundfahrt rechtfertigte er nun durchaus. Bei der nächsten Tour will er aber wieder mit um Gelb kämpfen: „Prinzipiell wäre ein Tourstart schon cool – und hier wieder auf die Gesamtwertung zu fahren.“(dpa/SID)
am Col du Portet und in Luz Ardiden noch garnierte.
Neben dem ganz jungen Pogacar war der deutlich ältere Cavendish der zweite große Star dieser 108. Ausgabe. Der Brite erschien nach ganz harten Jahren plötzlich wieder aus der Versenkung und gewann vier von fünf Sprintfinals. Mit einem weiteren Coup in Paris hätte er Rekordhalter Merckx abgelöst, so bleibt es zunächst bei einem 34:34. Der 76-Jährige hatte vorab bereits relativiert: „Man kann das nicht vergleichen. Ich bin 2800 Kilometer allein im Wind gefahren, Cavendish sechs Sekunden.“
Für Routinier Greipel, dem bei seiner elften Tour kein Tagessieg mehr gelingen wollte, war es trotzdem ein versöhnlicher Abschied vom größten Rennen der Welt. Am Finaltag wurde der 39-Jährige starker Fünfter. Für das große deutsche Highlight in den dreieinhalb Wochen von Brest bis Paris aber sorgte Bora-hansgrohe-Profi Nils Politt, der mit einer furiosen Flucht die Etappe nach Nîmes gewann. Zeitfahrspezialist Tony Martin musste nach mehreren Stürzen aufgeben, der Ravensburger Emanuel Buchmann fuhr in ungewohnter Rolle eine Tour mit Licht und Schatten.
Eine Pause gibt es für die Radprofis nun nicht: Ein Großteil des Pelotons reist nach den 3414,4 Kilometern in Frankreich unmittelbar nach Japan, wo schon am Samstag rund um den Fuji-Berg das olympische Straßenrennen über 234 Kilometer auf dem Programm steht.