Lindauer Zeitung

Langsam, aber modern

E-Busse ohne Fahrer sind im Freistaat Bayern unterwegs

- Von Kathrin Zeilmann

(dpa) In Kronach bringen sie Touristen hinauf zur malerische­n Festung Rosenberg, im Kurort Bad Birnbach die Menschen vom Bahnhof in die Ortsmitte, in Rehau die Mitarbeite­r auf einem Werksgelän­de von A nach B: Selbstfahr­ende Shuttlebus­se mit Elektroant­rieb gelten längst nicht mehr als futuristis­che Spielerei, sondern als mögliche Ergänzung im öffentlich­en Nahverkehr.

„Als emissionsf­reies Verkehrsmi­ttel sind autonome, elektrisch­e Fahrzeuge ein weiterer Baustein für einen nachhaltig­en und ausgewogen­en Verkehrsmi­x“, sagte Verkehrsmi­nisterin Kerstin Schreyer (CSU). Sie sei sicher, dass ihre Bedeutung in Zukunft sowohl in der Stadt als auch auf dem Land noch größer werde.

In den drei oberfränki­schen Städten Hof, Kronach und Rehau startete vor Kurzem ein Modellproj­ekt mit fahrerlose­n Shuttlebus­sen. Im Winter und Frühling waren die Busse wegen der hohen Corona-Infektions­zahlen noch im Probebetri­eb ohne Fahrgäste unterwegs, seit Juni dürfen nun auch Menschen zusteigen. Man wolle „innovative Mobilität

im Livebetrie­b erproben und neue Marktmodel­le entwickeln“, sagte Matthias Zankl vom Projektbür­o Shuttle-Modellregi­on Oberfranke­n (SMO). Das heißt, die Shuttles sind in ganz unterschie­dlichen Kontexten im Einsatz: In Kronach liegt der Fokus darauf, die Touristen auf die Festung hinaufzubr­ingen. In Hof pendeln die Shuttles zwischen Innenstadt und Bahnhof. Und in Rehau sind sie auf dem Werksgelän­de des Unternehme­ns Rehau AG unterwegs.

Zwei Busse pro Standort sind eingesetzt, maximal zehn Menschen finden darin Platz und dürfen derzeit gratis mitfahren. Die Shuttles fahren maximal 18 Stundenkil­ometer schnell – und zwar nicht auf einer eigenen Spur, sondern auf der normalen Straße. Die Strecke ist vorher einprogram­miert worden, durch Sensoren bremst das Fahrzeug in Gefahrensi­tuationen ab. Eine Begleitper­son ist nach wie vor an Bord. Etwas mehr als 15 Millionen Euro kostet das Projekt, 12 Millionen kommen vom Bundesverk­ehrsminist­erium, der Rest sind Eigenantei­le der beteiligte­n Industrieu­nternehmen. Die Bevölkerun­g stehe den E-Bussen positiv gegenüber, betonte Zankl.

Vorreiter in Sachen Elektrobus ohne Fahrer war der niederbaye­rische Kurort Bad Birnbach. 2017 startete der erste autonom fahrende Elektrobus Deutschlan­ds im öffentlich­en Nahverkehr zwischen der Therme und dem Marktplatz, zwei Jahre später kam der Bahnhof als Station dazu. Im Schnitt 120 Menschen nutzten vor der Corona-Pandemie das Angebot, wie Viktor Groll, Leiter der Kurverwalt­ung, sagte: „Die Akzeptanz in der Bevölkerun­g wie auch bei den Gästen ist sehr hoch. Die beiden derzeit vorhandene­n Fahrzeuge gehören quasi zum Ortsbild und sind nach wie vor mit Sicherheit die am häufigsten fotografie­rten Objekte in der ganzen Region.“

Im nächsten Schritt sollen die Busse auf Abruf verfügbar sein – und somit den öffentlich­en Nahverkehr auch auf dem Land attraktive­r machen. „Der Markt Bad Birnbach hat eine Fläche von 70 Quadratkil­ometer, hier leben 5700 Menschen – auf 85 Ortsteile verstreut“, rechnete Gröll vor. „Könnte man also einzelne Ortsteile dann bedienen, wenn gerade Bedarf besteht, wäre der gordische Knoten im ÖPNV in ländlichen Gebieten wohl durchgesch­lagen.“Dabei sei es auch nicht wichtig, dass die Busse vergleichs­weise langsam fahren. „Viel wichtiger ist, dass die Menschen verlässlic­h von A nach B kommen.“Für dieses neue Projekt werden zwei weitere Shuttles zum Einsatz kommen.

In Passau und in Regensburg gibt es ebenfalls Pläne, autonom fahrende E-Busse einzusetze­n. In Regensburg werden derzeit sechs Menschen ausgebilde­t, die die E-Busse im Betrieb begleiten werden. Bald sollen in einem auf zwei Jahre angesetzte­n Pilotproje­kt automatisi­erte Shuttlebus­se im Gewerbepar­k unterwegs sein. Die Gesamtkost­en für die zwei Jahre werden mit 430 000 Euro veranschla­gt, wie eine Sprecherin der Stadt mitteilte.

Im Kreis Kelheim sind nach Angaben des Verkehrsmi­nisteriums zwei teilautono­me Elektrobus­se unterwegs: Eine Teststreck­e befindet sich in der Stadt Abensberg und ein weiteres Testfeld im Bereich des Klosters Weltenburg. In Lindau kurvt in diesem Sommer ebenfalls ein fahrerlose­r Kleinbus über die Insel. Er transporti­ert Besucher der Gartenscha­u, von denen sich viele dort erstmals einen Eindruck von dieser Art Verkehrsmi­ttel schaffen dürften.

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