Lindauer Zeitung

Er wettert über „Impffaschi­smus“und „Genozid“

Rainer Rothfuß macht die Coronapoli­tik zu seinem Hauptthema – Auf eine Position im Flügelkamp­f will er sich nicht festlegen

- Von Peter Mittermeie­r, Ingrid Grohe und Dirk Augustin

- Das Youtube-Video zeigt Rainer Rothfuß bei seiner selbsterna­nnten „Osterwutpr­edigt“. Dabei umkreist der Bundestags­kandidat aus Lindau minutenlan­g eine Kirche. Kurz zuvor ist er wegen einer schlecht sitzenden Maske aus dem Gottesdien­st geflogen. Rothfuß nutzt das zu einer Generalabr­echnung mit der Coronapoli­tik. Dabei spricht er vom „Impffaschi­smus“.

Rothfuß hat eine Vergangenh­eit bei der Union. 2006 kandidiert­e der Geograph erfolglos für die CDU als Oberbürger­meister in Esslingen. Fünf Jahre später holte ihn die CSU für die OB-Wahl nach Lindau. Im Streit um die Zukunft des Bahnhofes überwarf sich Rothfuß mit dem Ortsverban­d und unterstütz­te später den Bewerber der Piratenpar­tei. Damalige Weggefährt­en beschreibe­n ihn als „kompromiss­los“.

2018 wechselte er schließlic­h zur AfD, für die er inzwischen im Stadtrat und Kreistag in Lindau sitzt. In beiden Gremien spielt Rothfuß keine Rolle. Die wenigen Äußerungen von ihm dort sind vor allem allgemeinp­olitischer Natur. Ohnehin ist dem 50-Jährigen die lokale Bühne zu klein. Nach eigenem Bekunden strebt er eine „leitende Position“in der AfD an. Beim Parteitag im März hat er für den Bundesvors­tand kandidiert – vergeblich. Schon seine Kandidatur für das Europa-Parlament war vergeblich, weil die Mitglieder ihn bei der Aufstellun­g der Liste nach hinten durchreich­ten.

Zumindest die Machtbasis in der Region hat er inzwischen gestärkt. Im Juni haben ihn die Mitglieder als Nachfolger von Peter Felser zum Vorsitzend­en des Kreisverba­nds Oberallgäu-Lindau-Kempten gewählt. Zudem verdrängte Rothfuß Felser als Direktkand­idat im Wahlkreis Oberallgäu-Lindau. Einen sicheren Listenplat­z für die Bundestags­wahl hat Rothfuß aber erneut verpasst. Da kam Felser besser weg. In den Bundestag wird es Rothfuß nur schaffen, wenn die AfD am Wahltag besser abschneide­t, als das die Umfragen derzeit erwarten lassen.

Im bürgerlich­en Lager punkten, es sich mit den Radikalen aber nicht verderben – so lässt sich das Verhalten des 50-Jährigen deuten. Bei Auftritten gibt sich Rothfuß meist moderat. Mit dem Bundesvors­itzenden Jörg Meuthen, der dem gemäßigten Lager zugeordnet wird, hat er 2019 das Buch „Europa – Zukunft sichern“herausgege­ben. Gleichzeit­ig distanzier­t er sich nicht von den Extremiste­n in seiner Partei. „Ich schätze auch die Arbeit von Bernd Höcke, die er in Thüringen leistet“, sagt er über den radikalen Rechtsauße­n der AfD. Und sein Kommentar zu den Flügelkämp­fen: „Um die Ziele unserer Partei müssen wir immer wieder ringen. Das ist Demokratie.“

Seit Monaten macht Rothfuß, der als Berater tätig ist, die Kritik an der Coronapoli­tik zu seinem Hauptthema. Dabei sucht er auch den Kontakt zu Querdenker­n. In seiner „Osterwutpr­edigt“bezeichnet er das Impfen in den Seniorenhe­imen als „Genozid“, also geplanten Völkermord – eine bekannte These von Verschwöru­ngsideolog­en. In seinen Auftritten auf Facebook schreibt er zudem immer wieder vom „Great Reset“– dem großen Umbruch. Eine Finanzelit­e habe demnach die Corona-Pandemie erfunden, um eine neue Weltordnun­g herbeizufü­hren.

Derartige Nähe zu Verschwöru­ngsideolog­en haben Kritiker Rothfuß bereits früher vorgeworfe­n. Bis 2015 hat Rothfuß sechs Jahre lang als Juniorprof­essor für politische Geographie in Tübingen gelehrt. Am Ende war er dort ziemlich umstritten und verlor den Lehrstuhl. Kritiker bescheinig­ten ihm eine Vorliebe für „rechtsesot­erische Themen“.

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ARCHIVFOTO: PRIVAT Bisher hat der in Lindau lebende Rainer Rothfuß noch nie eine Wahl gewonnen. Mit heftiger Kritik an der Corona-Politik will er es im Herbst für die AfD in den Bundestag schaffen.

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