Topsponsor geht wegen Corona auf Distanz
(SID) - Basketball-Riese Moritz Wagner schob einen viel zu niedrigen Gepäckwagen durch den Haneda Airport, Tischtennis-Ass Dimitrij Ovtcharov genehmigte sich nach dem zehnstündigen Flug aus Frankfurt einen kleinen Bissen und freute sich über den freundlichen Empfang in Tokio. Doch auch Skepsis und Unsicherheit begleiteten die am Montag gelandete deutsche Reisegruppe, die wenig später ins längst von Corona heimgesuchte olympische Dorf einzog.
Vier Tage vor der Eröffnungsfeier setzten sich die Negativmeldungen fort, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) vor den Spielen (bis 8. August) unbedingt vermeiden wollte: Der nächste Infektionsfall im Dorf, dazu Südafrikas Fußballer – eine ganze Mannschaft – in „aufgeweichter“Isolation. Und großer Wirbel um Topsponsor Toyota, der Abstand wahrt vom Weltevent vor der Haustür.
Der Automobilriese, der satte 500 Millionen Dollar (rund 425 Millionen Euro) in die Spiele investiert hat, wird bei der Eröffnungsfeier durch keinen Topmanager vertreten sein und keinerlei Werbespots mit Olympiabezug ausstrahlen. Eine Markenkampagne mit dem Titel „Start your impossible“verwarf der Konzern für Japan ohne eine konkrete Angabe von Gründen. Das IOC betonte, Toyotas Entscheidung bedeute keine Veränderung der Strategie, die das Unternehmen seit dem Beginn der Pandemie umsetze.
Der Fakt, dass das Großevent in der japanischen Bevölkerung unbeliebt ist, dürfte eine wesentliche Rolle gespielt haben. Toyotas Operating Officer Jun Nagata sagte am Montag, es werde für das wegen der Pandemie um ein Jahr verschobene Event immer schwieriger, bei der japanischen Öffentlichkeit einen positiven Eindruck zu hinterlassen. „Es werden Olympische Spiele, die auf verschiedene Weise kein Verständnis bei der Öffentlichkeit wecken können“, erklärte Nagata. Die jüngste Umfrage der Zeitung „Asahi Shimbun“ergab, dass 55 Prozent gegen die Austragung der Spiele in diesem Sommer sind, 33 Prozent dafür. Der Gegenwind bleibt kräftig.
Dazu tragen sicher auch die Entwicklungen im Olympischen Dorf bei, aus dem ein vierter Corona-Fall vermeldet wurde. Diesmal betraf es den tschechischen Beachvolleyballer Ondrej Perusic. Der 26-Jährige sagte schwer frustriert, er sei vollständig geimpft und habe versucht, die Standards der öffentlichen Gesundheit einzuhalten. Doch das reichte offenbar nicht. Auch eine US-amerikanische Turnerin wurde in einem Trainingscamp positiv getestet. Bei Südafrikas Fußballdelegation gelten nach drei Infektionsmeldungen 21 weitere Personen als „enge Kontakte“. Die Veranstalter sahen sich am Montag gefordert zu betonen, „dass das Olympische Dorf ein sicherer Ort ist“, wie Tokio-2020-Sprecher Masa Takaya sagte. Und: „Das Wichtigste ist die Reaktion auf die positiven Fälle.“
Ins getrübte Bild passt, dass der Komponist für die Eröffnungsfeier, Keigo Oyamada, am Montag aus dem Kreativteam der Spiele ausgeschieden ist. Der heute 52-Jährige hatte, wie jetzt ruchbar wurde, in seiner Schulzeit behinderte Kinder gemobbt.