Entzweit nach dem Crash, vereint gegen Rassismus
Hamilton wegen Silverstone-Kollision im Internet beleidigt – Dagegen verwahrt sich auch Verstappens Red-Bull-Team
(SID) - Die Vorwürfe von Red Bull waren laut, sie waren heftig, doch sie drehten sich allesamt um das Geschehen auf der Strecke. Aus den Tiefen des Internets rollte Lewis Hamilton da allerdings schon eine ganz andere Welle entgegen – nach dem umstrittenen Crash mit Max Verstappen wurde der englische Rekordweltmeister Opfer rassistischer Beleidigungen. Die Formel 1, der Weltverband FIA und Mercedes reagierten am Morgen nach dem aufreibenden Grand Prix in Silverstone mit einem gemeinsamen Statement. „Wir verurteilen dieses Verhalten auf das Schärfste“, hieß es, „diese Leute haben keinen Platz in unserem Sport.“
Hamilton, erster und einziger schwarzer Fahrer der Formel 1, kämpft seit einer ganzen Weile öffentlich gegen Diskriminierung und Rassismus, war im vergangenen Jahr eines der prominenten Gesichter der BlackLives-Matter-Bewegung, prangerte zuletzt die Angriffe gegen englische Fußball-Nationalspieler an. Jetzt wurde er selbst zur Zielscheibe.
Als Anlass genügte ein Rennunfall, der heftig war – in einem Sport, in dem die Boliden mit 300 Stundenkilometer um die Ideallinie kämpfen, aber irgendwie auch ganz normal: Hamilton wollte in der ersten Runde vorbeigehen, eroberte die Innenbahn, lag aber noch nicht ganz auf gleicher Höhe mit Verstappen. Als sich die Räder berührten, flog der Niederländer ab und krachte mit Macht in die Reifenstapel.
Red Bull war darauf nicht zimperlich mit Kritik, „fahrlässig“und „rücksichtslos“sei Hamilton gewesen, habe mindestens Verstappens Gesundheit aufs Spiel gesetzt. „Es ist einfach nur enttäuschend, so eine verzweifelte Aktion hätte man von einem siebenmaligen Weltmeister nicht erwartet“, sagte Teamchef Christian Horner. Verstappen konnte das Krankenhaus am Abend nach einigen Checks verlassen, es gehe ihm gut, teilte er mit – doch Hamiltons Siegesfeier, während er in der Klinik lag, sei „respektlos und unsportlich“gewesen.
Sehr viel Schärfe lag in diesem Streit, und das ist kein Wunder. Nach sieben Jahren der Mercedes-Dominanz hat Red Bull wieder Titelchancen, seit Saisonbeginn begegneten sich die beiden Topfahrer auf Augenhöhe, in den vergangenen Rennen fuhr Verstappen sich einen Vorsprung heraus. Der ist nun fast wieder dahin, Hamiltons Heimsieg am Sonntag brachte ihn bis auf acht Punkte heran.
Der Vorfall von Silverstone dürfte nun den Ton setzen für die kommenden Monate. So eindeutig, wie von Red Bull dargestellt, war Hamiltons Verfehlung allerdings nicht. Die Stewards belegten den Weltmeister mit einer Zehn-Sekunden-Strafe, er gewann trotzdem – und sah keinen Grund für eine Entschuldigung. „Ich bin froh, dass es Max gut geht“, sagte er und wies darauf hin, dass auch der Rivale solchen Vorfällen nicht aus dem Weg gehe: „Max ist ein toller Fahrer, und er ist einer der aggressivsten. Wir müssen zusammen die beste Balance auf der Strecke finden.“
So sah es auch Mercedes-Sportchef Toto Wolff. „Man braucht immer zwei für einen Tango“, sagte der Österreicher zur Schuldfrage. Einigkeit wird es in dieser Sache nicht mehr geben, in einer anderen ist sie aber schon gefunden. „Wir mögen erbitterte Rivalen auf der Strecke sein, aber wir stehen zusammen gegen Rassismus“, teilte Red Bull Racing am Montag mit. „Angewidert“und „traurig“sei man angesichts der Beleidigungen gegen Lewis Hamilton: „Für so etwas gibt es keine Entschuldigung.“