Seit 2010 hat jeder achte Landwirt aufgehört
Das Höfesterben im Allgäu geht weiter – Ein Ende ist nicht in Sicht
- Noch knapp über 7000 landwirtschaftliche Betriebe gibt es in den vier Allgäuer Landkreisen und den drei kreisfreien Städten. Vor zehn Jahren waren es etwa 8100. Jeder achte Bauernhof hat den Betrieb eingestellt. Die Zahlen stammen aus der Agrarstrukturerhebung des Statistischen Bundesamts, deren Ergebnisse nun nach und nach vorgestellt werden. Sie zeigen: Das Höfesterben im Allgäu geht weiter, aber regional unterschiedlich schnell.
Überrascht sei er von diesen Zahlen nicht, sagt Romuald Schaber. Er ist vielmehr überzeugt: „Das dicke Ende kommt erst noch.“Der Oberallgäuer aus Petersthal war viele Jahre Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM). „Die Entscheidungen, die zur Aufgabe eines Hofs führen, werden immer so zehn bis 15 Jahre vorher getroffen“, erläutert er. Etwa, weil der Nachwuchs einen anderen Beruf erlerne und sich die Eltern darauf einstellten, dass es keinen Nachfolger gebe.
Die Hofbetreiber beenden laut Schaber zunächst die aufwendigere Milchproduktion, ziehen aber noch Jung- oder Masttiere auf. „Bei diesen Betrieben ist das Ende absehbar. Das ist ein Ausstieg auf Raten“, sagt Schaber.
Unter anderem deshalb rechnet er auch im Oberallgäu mit einem weiteren Höfesterben. Dort haben in den vergangenen zehn Jahren prozentual noch am wenigsten Landwirte den Betrieb eingestellt: nur etwa sechs Prozent.
Als Grund für das Höfesterben nennt der Ostallgäuer Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Josef Nadler, vor allem die schwierige finanzielle Lage. Immer höhere Anforderungen durch Bürokratie, Tier- und Artenschutz treiben laut Nadler die Kosten in die Höhe, allerdings stiegen die Preise für Milch, Käse und Fleisch nicht im gleichen Maße. „Letztendlich muss ein Lebensmittel mehr wert sein. Auch ein landwirtschaftlicher Betrieb muss schließlich rentabel geführt werden“, sagt er.
Dieses Problem werde noch dadurch verschärft, dass sich die Allgäuer Bauern mit ihren Produkten gegen internationale Konkurrenz behaupten müssten, sagt der Kreisobmann. Das ist auch für Schaber die Hauptursache des Höfesterbens: „Die Bauern sollen für den Weltmarkt kostengünstig produzieren, was ihnen aber durch Gesetze und Vorschriften erschwert wird.“Diese Ausrichtung auf den Weltmarkt sei aber politisch gewollt. „Wenn da jetzt einer über das Höfesterben weint, sind das Krokodilstränen“, sagt Schaber.
Und was bringt nun die Zukunft für die Allgäuer Landwirte? „Am schwersten werden es Milchviehbetriebe im Vollerwerb haben“, glaubt Schaber. Besser sehe die Lage für Bauernhöfe mit zweiter Einnahmequelle etwa durch die Vermietung von Ferienwohnungen aus. „Die sind stabiler und krisenfester.“Im nördlichen Ostallgäu und im Unterallgäu sei es zudem möglich, dass sich die Art der Landwirtschaft ändere, wenn die Milchviehhaltung nicht mehr rentabel sei, sagt Schaber. Dort gibt es im Gegensatz zum Ober- und Westallgäu viele Äcker. „Die Landwirte haben also Ausweichmöglichkeiten und können beispielsweise Getreide für den Handel anbauen.“
Peter Schöllhorn aus Betzigau saß als einer von zwei Allgäuern in einer Kommission von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, die sich mit der Zukunft der Branche beschäftigte. Der 26-Jährige sagt: „Durch die Betriebe, die aufgehört haben, konnten andere wachsen und den Preisdruck so durch eine höhere Produktion ausgleichen.“
Um diese Spirale zu durchbrechen, brauche es andere Rahmenbedingungen: „Falls es wirklich das politische Ziel ist, die heimische Landwirtschaft zu erhalten, dann müssen wir auch gezielt diese Betriebe fördern“, sagt Schöllhorn: Etwa indem es eine Obergrenze gebe, bis zu der landwirtschaftliche Betriebe überhaupt staatliche Gelder bekommen. „Ein Dachdecker bekommt ja auch nicht mehr Geld, wenn er mehr Nägel ins Holz haut“, sagt er.