Hausarzt verimpfte womöglich unwirksame Vakzine
Der Neu-Ulmer Arzt Christian Körner ist prominenter Impf-Befürworter – Nun muss er eine Panne erklären
- Aus ganz Deutschland kamen Menschen zu ihm zum Impfen. Doch nun könnten knapp 5000 der Impfdosen, die Hausarzt Christian Kröner in seiner Praxis im NeuUlmer Stadtteil Pfuhl verabreicht hat, womöglich unwirksam sein, weil der Kühlschrank, in dem die Präparate gelagert waren, über Wochen und Monate zu warm eingestellt war. Dabei sei dieser regelmäßig kontrolliert und die Temperatur auch protokolliert worden.
Mit seinem Infozettel zur CoronaImpfung vergangenes Weihnachten landete Kröner einen ungewollten Netzhit. Seither sorgt er bundesweit immer wieder für Schlagzeilen. Jüngst, weil er wohl anders als andere aus seinem Berufsstand Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren impft. Dafür erfuhr er viel Zuspruch – aber auch Morddrohungen und steht sogar unter Polizeischutz, was ihm erneut eine immense Aufmerksamkeit einbrachte.
Doch die könnte ihm nun zum Verhängnis geworden sein, wenngleich der Hausarzt sagt, dass er sogar ein Stück weit froh darüber ist, dass das nun ans Licht kommt: Im Zuge der überregionalen Berichterstattung ging beim Neu-Ulmer Gesundheitsamt ein Hinweis ein, dass es in der Praxis Missstände geben könnte. Wer diesen Hinweis gegeben hat, dazu macht das Amt keine Angaben. Kröner selbst hat die Vermutung, dass die Menschen, die ihm den Tod wünschten, ihm auch die Behörden „auf den Hals gehetzt haben“.
Auslöser könnte eine Uhr gewesen sein, die Kröner bei einer Impfung getragen hat. Aus Hygienegründen darf diese im Gesundheitswesen nicht getragen werden. Es folgte eine Kontrolle seitens der Behörden. Und sie wurden fündig – im Kühlschrank.
Die Temperatur sei nur leicht erhöht gewesen, hieß es, vielleicht maximal zwei Grad. Doch die Präparate mussten weggeworfen werden. Möglicherweise haben auch fast alle anderen Impfungen ihre Wirksamkeit verloren – nicht nur die gegen Corona, sondern auch gegen Krankheiten wie FSME, Masern oder Tetanus.
Betroffene hat der Arzt bereits informiert. Über Antikörpertests im Blut will er nun die Wirksamkeit der Impfungen überprüfen. Der Ansturm dürfte entsprechend groß sein.
Für den Hausarzt ist es ein persönliches Debakel. Der, der bei der Debatte um einen digitalen Impfpass nach größtmöglicher Sicherheit gerufen hat. Der, der der Ständigen Impfkommission vorgeworfen hat, im Kampf gegen die Pandemie nicht schnell genug zu sein. Der muss nun eine Panne in der eigenen Praxis erklären. Kröner entschuldigt sich für diese maximale Peinlichkeit.
Doch wie ist die wärmere Aufbewahrung der Covid-Impfstoffe eigentlich aus pharmakologischer Sicht zu bewerten? „Ob das therapieentscheidend ist, kann man nicht sagen“, betont Ulrich Koczian, Sprecher der Apotheken in BayerischSchwaben. Man wisse zwar etwa von bestimmten Insulinen, dass sie auch drei Wochen lang bei Raumtemperatur noch wirksam sind, obwohl sie laut Herstellerfirmen in den Kühlschrank gehören.
Doch wie sich das mit CovidImpfstoffen verhalte, wisse man noch nicht. Eigentlich müssen alle vier in Deutschland zugelassenen Covid-Vakzine bei zwei bis acht Grad aufbewahrt werden. Während die Präparate von Biontech und Johnson & Johnson bei etwa 20 Grad minus zuvor transportiert und dann noch aufgetaut werden müssen, ist das bei den Mitteln von Moderna und Astrazeneca nicht nötig, für den Antransport reichen ebenfalls zwei bis acht Grad. Koczian kann sich gut vorstellen, dass die Mittel auch trotz der leicht erhöhten Aufbewahrungstemperatur gut wirken. „Aber wissen tun wir es bislang eben nicht.“Meist sei es bei Impfstoffen allerdings schlimmer, wenn sie zu kalt aufbewahrt werden. „Dann kann sich die Struktur der Mittel durch das Kristallisieren bei zu tiefen Temperaturen verändern.“