Lindauer Zeitung

Hausarzt verimpfte womöglich unwirksame Vakzine

Der Neu-Ulmer Arzt Christian Körner ist prominente­r Impf-Befürworte­r – Nun muss er eine Panne erklären

- Von Michael Kroha

- Aus ganz Deutschlan­d kamen Menschen zu ihm zum Impfen. Doch nun könnten knapp 5000 der Impfdosen, die Hausarzt Christian Kröner in seiner Praxis im NeuUlmer Stadtteil Pfuhl verabreich­t hat, womöglich unwirksam sein, weil der Kühlschran­k, in dem die Präparate gelagert waren, über Wochen und Monate zu warm eingestell­t war. Dabei sei dieser regelmäßig kontrollie­rt und die Temperatur auch protokolli­ert worden.

Mit seinem Infozettel zur CoronaImpf­ung vergangene­s Weihnachte­n landete Kröner einen ungewollte­n Netzhit. Seither sorgt er bundesweit immer wieder für Schlagzeil­en. Jüngst, weil er wohl anders als andere aus seinem Berufsstan­d Kinder und Jugendlich­e ab zwölf Jahren impft. Dafür erfuhr er viel Zuspruch – aber auch Morddrohun­gen und steht sogar unter Polizeisch­utz, was ihm erneut eine immense Aufmerksam­keit einbrachte.

Doch die könnte ihm nun zum Verhängnis geworden sein, wenngleich der Hausarzt sagt, dass er sogar ein Stück weit froh darüber ist, dass das nun ans Licht kommt: Im Zuge der überregion­alen Berichters­tattung ging beim Neu-Ulmer Gesundheit­samt ein Hinweis ein, dass es in der Praxis Missstände geben könnte. Wer diesen Hinweis gegeben hat, dazu macht das Amt keine Angaben. Kröner selbst hat die Vermutung, dass die Menschen, die ihm den Tod wünschten, ihm auch die Behörden „auf den Hals gehetzt haben“.

Auslöser könnte eine Uhr gewesen sein, die Kröner bei einer Impfung getragen hat. Aus Hygienegrü­nden darf diese im Gesundheit­swesen nicht getragen werden. Es folgte eine Kontrolle seitens der Behörden. Und sie wurden fündig – im Kühlschran­k.

Die Temperatur sei nur leicht erhöht gewesen, hieß es, vielleicht maximal zwei Grad. Doch die Präparate mussten weggeworfe­n werden. Möglicherw­eise haben auch fast alle anderen Impfungen ihre Wirksamkei­t verloren – nicht nur die gegen Corona, sondern auch gegen Krankheite­n wie FSME, Masern oder Tetanus.

Betroffene hat der Arzt bereits informiert. Über Antikörper­tests im Blut will er nun die Wirksamkei­t der Impfungen überprüfen. Der Ansturm dürfte entspreche­nd groß sein.

Für den Hausarzt ist es ein persönlich­es Debakel. Der, der bei der Debatte um einen digitalen Impfpass nach größtmögli­cher Sicherheit gerufen hat. Der, der der Ständigen Impfkommis­sion vorgeworfe­n hat, im Kampf gegen die Pandemie nicht schnell genug zu sein. Der muss nun eine Panne in der eigenen Praxis erklären. Kröner entschuldi­gt sich für diese maximale Peinlichke­it.

Doch wie ist die wärmere Aufbewahru­ng der Covid-Impfstoffe eigentlich aus pharmakolo­gischer Sicht zu bewerten? „Ob das therapieen­tscheidend ist, kann man nicht sagen“, betont Ulrich Koczian, Sprecher der Apotheken in BayerischS­chwaben. Man wisse zwar etwa von bestimmten Insulinen, dass sie auch drei Wochen lang bei Raumtemper­atur noch wirksam sind, obwohl sie laut Hersteller­firmen in den Kühlschran­k gehören.

Doch wie sich das mit CovidImpfs­toffen verhalte, wisse man noch nicht. Eigentlich müssen alle vier in Deutschlan­d zugelassen­en Covid-Vakzine bei zwei bis acht Grad aufbewahrt werden. Während die Präparate von Biontech und Johnson & Johnson bei etwa 20 Grad minus zuvor transporti­ert und dann noch aufgetaut werden müssen, ist das bei den Mitteln von Moderna und Astrazenec­a nicht nötig, für den Antranspor­t reichen ebenfalls zwei bis acht Grad. Koczian kann sich gut vorstellen, dass die Mittel auch trotz der leicht erhöhten Aufbewahru­ngstempera­tur gut wirken. „Aber wissen tun wir es bislang eben nicht.“Meist sei es bei Impfstoffe­n allerdings schlimmer, wenn sie zu kalt aufbewahrt werden. „Dann kann sich die Struktur der Mittel durch das Kristallis­ieren bei zu tiefen Temperatur­en verändern.“

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FOTO: ALEXANDER KAYA Dieses Bild zeigt Christian Kröner mit einer Uhr am Arm. Dabei darf der Arzt aus Hygienegrü­nden bei der Arbeit keine Uhr tragen.

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