Unsolidarische Spiele
Es passt ins Bild: Nur wenige Tage vor Eröffnung der ProblemSpiele in Tokio hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) öffentlichkeitswirksam sein Motto geändert. Aus „citius, altius, fortius“wird künftig „citius, altius, fortius – communiter“. Zu Deutsch: schneller, höher, stärker – gemeinsam. Es gehe um einen Beitrag zur „Solidarität in diesen schwierigen Zeiten“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach.
Sicher, an dieser Argumentation ist was dran. Nur passt sie so gar nicht zu den Corona-Spielen von Tokio. Solidarität zeigt man nicht dadurch, dass man ein Motto aufhübscht, sondern indem man sich solidarisch verhält. Und das tut das IOC nicht. Wenn man die Menschen in Tokio fragt, haben diese eher den Eindruck von einem rücksichtslosen Akt, weil die Spiele trotz ihres Widerstands stattfinden. Für sie ist das größte Sportereignis der Welt mitten in der Pandemie nicht der von Bach propagierte „Hoffnungsschimmer“, sondern ein Horrorszenario, an dessen Ende die nächste Infektionswelle und weitere Monate in Isolation stehen könnten.
Auch viele Sportlerinnen und Sportler fühlen sich übergangen, mussten sie sich doch über Monate in der Ungewissheit auf ein Event vorbereiten, von dem sie lange nicht wussten, ob es überhaupt stattfindet. Sie haben es verdient, sich nach vielen Strapazen und Entbehrungen nun doch mit den Besten der Welt messen und um olympischen Ruhm kämpfen zu dürfen. Spätestens wenn die Nationen am Freitag aber in ein leeres Stadion einmarschieren und sich lediglich auf den Ehrenplätzen ein wenig Leben regt – dort wo die IOC-Größen, Politiker, VIPs und Sponsoren sitzen – werden viele der Athleten erkennen: Nicht sie sind die Essenz dieser Spiele, sondern die da oben. Sie haben geholfen, die Veranstaltung zu erzwingen. Weil Geld in die Kassen des IOC fließen muss. Weil sie ihr Gesicht nicht verlieren wollten. Das Gesicht der Spiele wird hingegen ein völlig neues sein. Olympia war stets bunt, völkerverbindend und mitreißend – nun wird es in ein mattes Grau getüncht.