Lindauer Zeitung

Mit 81 Jahren nochmal aufs Surfbrett

Vor 32 Jahren machte Wolf Göhring seinen Surfschein in Lindau – Jetzt ist er zurück

- Von Emanuel Hege

- Der Rheinlände­r Wolf Göhring hat 1989 seinen Surfschein in Lindau gemacht. Jetzt ist er zurück und mit 81 Jahren nochmal aufs Brett geklettert. Wie das funktionie­rt und wie sich die Stadt aus seiner Sicht verändert hat.

Er fahre immer nur eine kleine Runde, sagt Wolf Göhring, während er sich im Neoprenanz­ug unter dem großen Zelt der Surfschule Lindau auf dem Therme-Gelände niederläss­t. „Dann werfe ich mein Brett erst mal weg und mache eine Pause.“Der Bonner sei zwar überrascht, wie stabil er noch auf dem Brett stehen kann, vor allem die Kraft in den Armen lasse dann aber doch sehr schnell nach.

Das letzte Mal, dass Göhring auf dem Bodensee windsurfen war, ist 32 Jahre her – im Juli 1989 genau hier am Eichwaldba­d. Er zeigt stolz seinen alten Surfschein, den er im Familienur­laub mit seiner damaligen Frau und seinen Söhnen machte. Göhring selbst ist nach dem Surfkurs nicht dran geblieben, aber sein Sohn, der mittlerwei­le über 40 Jahre alt ist, surft seit diesem Urlaub am Bodensee leidenscha­ftlich – sogar schon in Australien und Hawaii, erzählt Göhring.

Sein Surflehrer war damals Hermann Kreitmeir, Gründer der Surfschule und langjährig­er Stadtrat. Für den besonderen Gast ist Kreitmeir extra zur Surfschule gesegelt und begrüßt Wolf Göhring wie einen alten Freund.

Die Surfschule gibt es seit fast fünf Jahrzehnte­n, eigentlich habe sich seit dem gar nicht so viel verändert, sagt Kreitmeir. Am Anfang seien noch mehr unter 30-Jährige für Abenteuer gekommen, jetzt geht es vermehrt um Angebote für Familien.

Ein 81-jähriger Surfer sei schon etwas Besonderes, sagt Kreitmeir dann noch. Doch in den ganzen Jahrzehnte­n hätte es schon einige bemerkensw­erte Schüler gegeben – beispielsw­eise habe Kreitmeir schon einem Mann mit Beinprothe­se das Surfen beigebrach­t und sogar einem Blinden. Nun ist Göhring also wieder da und wieder auf dem Surfbrett. Wie kam es dazu? Der Sohn seiner neuen Frau habe im vergangene­n Winter online entdeckt, dass es immer noch die Surfschule gibt, in der er vor Jahrzehnte­n seinen Schein gemacht hat. „Und ich wollte ihnen sowieso mal den Bodensee zeigen“, sagt Göhring. Die Familie buchte Zimmer in der Jugendherb­erge, wie damals. Und SurfUnterr­icht, wie damals. Dass nicht nur seine Stiefsöhne und seine Frau aufs Brett steigen, sondern auch er mit 81 Jahren, „das sind dann halt so Flausen, die ich im Kopf habe“.

Am Strandbad und der Stadt habe sich in der Zwischenze­it einiges „gewaltig verändert“, sagt Göhring und blickt zur Liegewiese und zur neuen Therme rüber. „Da hinten war eine ganz lange Reihe mit Holzumklei­den im Charme des frühen 20. Jahrhunder­ts.“Und jetzt steht da die Therme. Wahrschein­lich gebe es drin viel zu entdecken, erkennt Göhring an, „aber von außen ist es für mich eine Betonburg“. Er brauche so etwas nicht, ihm reiche der See.

Außerdem ist Göhring der Verkehr aufgefalle­n, vor allem, dass die B 31 viel besser ausgebaut ist. Damals sei die Strecke von Meersburg nach Lindau eine ganz schön anstrengen­de Fahrerei gewesen. Doch immerhin waren die Straßen frei, so Göhring. Bei der jetzigen Anfahrt habe es trotz der besseren Strecke viel mehr Kolonnenfa­hrt gegeben.

Auf längere Reisen ins Ausland kann Göhring auch wegen der Pandemie erst einmal verzichten. Der frühere Informatik-Professor will daher gerne bald wieder an den Bodensee kommen. Ob er dann wieder aufs Surfbrett steigt, das glaubt er jedoch nicht. „Ich merke schon, dass das alles nicht mehr so gut geht wie früher.“

Ein kurzes Video von Wolf Göhring beim Surfen finden Sie unter www.schwaebisc­he.de/wolfsurft

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FOTO: EMANUEL HEGE Ein Bild von Wolf Göhring in seinem Surfschein von 1989 und der 81-Jährige heute auf dem Surfbrett vor der Therme. Obwohl die Kraft für lange Fahrten fehlt, ist Göhring mehrmals täglich auf dem Wasser.
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