Lindauer Zeitung

„Das kulturelle Herz Kressbronn­s schlägt in der Lände“

Museum und Galerie Lände kommt ins Schwabenal­ter – Ein Rückblick auf 40 Jahre Lände in Kressbronn

- Von Helmut und Christel Voith

– „A Schwob wird erscht mit vierzig gscheit“, heißt es. Ob das auch für Institutio­nen gilt? Die Lände in Kressbronn wird nämlich vierzig, ist aber schon seit Beginn etwas „Gscheits“. „Stellen wir uns vor, es gäbe die Lände nicht – es ist überhaupt nicht vorstellba­r, denn das kulturelle Herz Kressbronn­s schlägt in der Lände.“Was der damalige Bürgermeis­ter Edwin Weiss beim 25. Geburtstag der Lände sagte, gilt bis heute.

In jahrelange­r kontinuier­licher Arbeit hat die Kulturgeme­inschaft Kressbronn hier über 300 Ausstellun­gen ausgericht­et, beginnend in einer Zeit, als das Zeppelinmu­seum in Friedrichs­hafen gerade mal zwei Ausstellun­gen im Jahr zeigte. Damals gab es für die Kunst in weitem Umkreis noch die „Fähre“in Saulgau und sonst nichts. Zugleich haben neben dem Arbeitskre­is Kunst auch andere Arbeitskre­ise der Kulturgeme­inschaft die Lände genutzt: für Lesungen,

Konzerte, Kinderzirk­us, Kinderthea­ter. Und das Café in der Lände war und ist ein beliebter Treffpunkt.

Gut zehn Jahre vor dem Umzug in die Lände hatten in der kleinen Seegemeind­e einige junge „Revoluzzer“schon Kunstausst­ellungen in den Räumen der Kreisspark­asse veranstalt­et. Aber es ging weiter – bis die Kreisspark­asse 1978/79 kundenorie­ntiert umbauen wollte und daher die Zusammenar­beit aufkündige­n musste. Etwa zeitgleich bot der Kressbronn­er Künstler Leo Schobinger der Kulturgeme­inschaft an, ihr Werke zu vermachen, falls ein geeigneter Ausstellun­gsraum geschaffen würde. Auch Hilde Broër und Berthold Müller-Oerlinghau­sen zogen mit.

Bei Bürgermeis­ter Kurt Gröschl und seinem kulturaffi­nen Gemeindera­t

stieß die Idee auf offene Ohren, zumal ein „Haus des Gastes“auf der Wunschlist­e stand. Die Wahl fiel auf die ehemalige Pferderemi­se des Schlössles, die zwischendu­rch als Jugendherb­erge gedient hatte, inzwischen aber selbst als Unterkunft für Wohnungslo­se nicht mehr tragbar war. So wurde das „alte Glump“nicht abgerissen, sondern ein Architekte­nwettbewer­b wurde gestartet. Die Remise wurde instandges­etzt und durch einen Neubau ergänzt.

An der Grenze zu Bayern entstand ein Kulturzent­rum, in dem mehr und mehr seeumgreif­ende Ausstellun­gen stattfande­n. Urgestein und Kunsterzie­her Peter Keller, der im Gespräch mit der Schwäbisch­en Zeitung auf die Zeit zurückblic­kt, sagt: „Dass die Gemeinde mit 7000 Einwohnern ein Kulturzent­rum geschaffen hat, hat rund um den See eingeschla­gen.“

Zu den treibenden Kräften zählte von Anfang an Keller. Zusammen mit dem verstorben­en Gerhard Schaugg – ein „Traumteam“– und weiteren heute noch tätigen Mitglieder­n wie

Roland Fakler schuf er ein weites Beziehungs­netz, das anfangs auf Oberschwab­en beschränkt war.

„Weil wir morgens Schule hatten, konnten wir nur nachmittag­s fahren“, sagt Keller. Abenteuerl­iche Fahrten waren es bisweilen, ob zu Sepp Mahler, der ihnen seine Bilder ohne Liste anvertraut – „O Herr Keller, Sie bringet‘s mir ja wieder“–, oder bei hohem Schnee zum Bildhauer Franz Gutmann ins Münstertal im Schwarzwal­d.

Gudrun Teumer-Schwaderer holt ihn in die Gegenwart zurück und lenkt den Blick auf die weitere Entwicklun­g: „Viel Neues ist gewachsen. Wir sind heute eine überregion­ale Ausstellun­gsstätte, wir haben Depots vom Feinsten eingericht­et. Wir haben die ganze Sammlung wunderbar sortiert und archiviert, so dass wir jetzt auch Ausleihwün­sche gut erfüllen können.“

Ausgehend von einem Grundstock der „Klassiker“Hilde Broër, Berthold Müller-Oerlinghau­sen, Leo Schobinger, Otto Valentien und der

Fotokünstl­erinnen Marta Hoepffner und Irm Schoffers, umfasst die Sammlung heute Werke von über hundert Künstlerin­nen und Künstlern, Wegbereite­rn der Moderne wie zeitgenöss­ischen Künstlern.

Die Frage, wie es weitergehe­n wird, lastet auf dem derzeitige­n Team, das älter wird. Der Umgang mit Kultur hat sich verändert. Nach den Beeinträch­tigungen durch Corona ist der Blick nach vorne gerichtet, auch wenn mit weiteren Hinderniss­en gerechnet werden kann.

Die aktuell laufende Jubiläumsa­usstellung „Verwandtsc­haften“geht am 29. August zu Ende, Kuratorin Ulrike Kremeier, aus Kressbronn stammende Direktorin des Brandenbur­gischen Landesmuse­ums, wird am Wochenende von 24. und 25. Juli Führungen anbieten. Im September folgt der KunstCampu­s mit anschließe­nder Ausstellun­g des leitenden Künstlers Hubert Kaltenmark.

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FOTO: CHRISTEL VOITH Immer schön auf die Abstände achten! Das Lände-Team will alles richtig machen (von links): Kees Tillema, Peter Keller, Gudrun Teumer-Schwaderer und Karin Tillema.

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