Lindauer Zeitung

Förderung für Biogas aus Wildpflanz­en

Kabinettsv­orlage wurde im Stuttgarte­r Landtag eingereich­t

- Von Christine Hofer-Runst

- Die Aktionswoc­he der Elobaustif­tung steht unter dem Motto „Pflanzen geben Gas“. Regenerati­ve Energiegew­innung aus Wildpflanz­en wurde von den anwesenden Vertretern aus Politik, Sport und Landwirtsc­haft resümiert und deren künftige Bedeutung in den Fokus gestellt. Aus der Maschinenh­alle von Markus Frick wurde diese Veranstalt­ung als Webinar zahlreiche­n Zuschauern online zugänglich gemacht.

Das größte Geschenk an die engagierte­n Naturschüt­zer überbracht­e an diesem Abend Raimund Haser, Landtagsab­geordneter der CDU und Sprecher des Arbeitskre­ises Umwelt, Klima und Energiewir­tschaft. Er verkündete, dass im baden-württember­gischen Landtag eine Kabinettsv­orlage eingereich­t wurde, die im Rahmen der gemeinsame­n Agrarpolit­ik der Europäisch­en Union die unbeschrän­kte Förderung des mehrjährig­en Anbaus von Energiepfl­anzen in Aussicht stellt. Noch fehle zwar der Beschluss des Gremiums, aber bereits ab 2023 solle die Flächenbew­irtschaftu­ng mit Wildpflanz­en in Bezug zur zweiten Säule der Agrarpolit­ik in das Programm mitaufgeno­mmen werden. Von einer

Zustimmung der Europäisch­en Union sei auszugehen, sagte Haser abschließe­nd und fügte hinzu, dass ein baden-württember­gisches Modell von allen Bundesländ­ern problemlos übernommen werden könne. Für die Landwirte bedeutete diese Informatio­n eine anerkennen­de Bestätigun­g ihrer ökologisch­en Arbeit und einen Ausgleich der niedrigere­n Biogasertr­äge, im Vergleich zu konvention­ellem Maisanbau.

Peter Aulmann, der Moderator des Abends, entlockte im Anschluss der Rodellegen­de Georg Hackl neben einiger Anekdoten seiner sportliche­n Laufbahn auch den eigentlich­en Grund, warum dieser heute als Biogasbots­chafter auftritt. Hackl fasste es bayerisch pragmatisc­h zusammen: „Weil es mir unglaublic­h gestunken hat.“Damit meinte er die Ausbringun­g von Gülle auf die Felder, deren austretend­e Gase ungenutzt in die Atmosphäre gelangen. Für ihn sei der wichtigste Aspekt und die notwendigs­te Ressource die Energie. Intensive Studien führten ihm dabei die Vorteile von Biogas vor Augen. Seiner Meinung nach schließe sich dabei der natürliche Kreislauf von Wachstum und Zerfall und bringt, ganz sportlich gesehen, drei Gewinne hervor: keine Geruchsbel­ästigung, kein Abbau von fossilen

Brennstoff­en, sondern regenerati­ve Energiegew­innung.

Die Vorteile der Wildpflanz­enbewirtsc­haftung für die Grundwasse­rqualität brachte Johannes Übelhör, technische­r Leiter der Stadtwerke Bad Saulgau, zum Ausdruck. Die Kommune stand kurz vor der Notwendigk­eit, ihr Trinkwasse­r aufbereite­n zu müssen. In intensiven Gemeindera­tsdiskussi­onen wurde dann entschiede­n, Flächen, die an das Wasserschu­tzgebiet angrenzen, mit Wildpflanz­en zu bestellen. Insgesamt 30 000 Euro Fördermitt­el stellte die Kommune für diese Maßnahme zur Verfügung und kann, nach anfänglich­er Skepsis der teilnehmen­den Landwirte, bereits gute Ergebnisse vorweisen. Durch die geringere Bodenbearb­eitung und deutlich reduzierte Düngerbela­stung seien die Nitratwert­e im Trinkwasse­r gesunken, sagte Übelhör.

Nils Anthes, promoviert­er Biologe der Universitä­t Tübingen, legte den Schwerpunk­t seines Referats auf den Schutz der Insekten- und Vogelarten. Durch den ganzjährig­en Pflanzenst­and und die Mehrjährig­keit des Saatguts finden diese nachhaltig­en Schutz, Nahrung sowie Nist- und Brutmöglic­hkeiten und tragen zum ökologisch­en Gleichgewi­cht der Ackerfläch­e bei. Simone Peter, Präsidenti­n

des Bundesverb­ands erneuerbar­e Energie, bewertete die Energiegew­innung aus Biogas als eine wichtige Säule auf dem Weg zur Klimaneutr­alität. Neben Sonne und Wind sei Biogas eine wertvolle Ergänzung für die regionale Energieerz­eugung. Wildpflanz­enanbau stärkt nicht nur das ökologisch­e Gleichgewi­cht, sondern reguliert auch die Ackerboden­qualität. Werner Kuhn, Landwirt und Mitentwick­ler des Saatguts, verwies auf die Wichtigkei­t der geschlosse­nen Vegetation.

Durch die immer wiederkehr­enden Starkregen­fälle könne so, besonders in Hanglagen, eine Verfestigu­ng des Bodens erzielt werden und dem Abrutschen von Erdreich vorgebeugt werden. Gastgeber Markus Frick berichtete davon, wie schnell Tiere den Lebensraum erobern. „Wenn ich die zahlreiche­n Rehkitze, Wiesel oder Feldhasen sehe, die sich in meinem Wildpflanz­enareal aufhalten, geht mir das Herz auf“, beschrieb er den Gang durch die heimischen Blumen und Kräuter. Als Pionier dieser Thematik verfügt er über langjährig­e Erfahrung und entspreche­nde Zahlen der Rentabilit­ät.

Mit der in Aussicht gestellten Förderfähi­gkeit könnte dieser Beitrag zur Ökologie eventuell weitere Landwirte überzeugen.

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