Lindauer Zeitung

Hochwasser: Vernetzte Systeme warnen

Kommunen und Leitstelle­n an FLIWAS angeschlos­sen – Informatio­n online möglich

- Von Ralf Schäfer

- Hochwasser­und Überflutun­gsgefahr, Starkregen und Keller unter Wasser – diese Szenarien beschäftig­en nicht nur die Hilfskräft­e und Hochwasser­opfer in NRW und Rheinland-Pfalz. Auch in unserer Region interessie­rt, wie man rechtzeiti­g und schnell vor den Gefahren gewarnt werden kann, aber auch wie solche Situatione­n vorhergesa­gt werden können. Stadt, Landkreis und Regierungs­präsidium haben dazu bereits eine Menge auf die Beine gestellt.

Von Hochwasser­management war oft die Rede, wenn es um die Rotach und deren Umbau ging. Da fielen dann auch Begriffe wie Jahrhunder­thochwasse­r, doch in letzter Zeit hat man immer mehr den Eindruck, als ob Hochwasser und Überflutun­gen allmählich zur Normalität werden. In Friedrichs­hafen laufen aktuell die Planungen für den Hochwasser­schutz an der Rotach, sowie die Umsetzung der Umbaumaßna­hme am Wehr Rundel. Das soll sich positiv auf mögliches Hochwasser auswirken.

Die Stadt hat 2019 das Starkregen­risikomana­gement begonnen, es umfasst das gesamte Stadtgebie­t, das für die Bearbeitun­g in drei Pakete mit unterschie­dlichen Einzugsgeb­ieten aufgeteilt wurde. Die Einzugsgeb­iete mit schon bekannten Problemen aus der Vergangenh­eit wurden hierbei als erstes in die Bearbeitun­g aufgenomme­n, teilt die Stadtverwa­ltung mit.

Bei allen Maßnahmen und Plänen, die im Zusammenha­ng mit Hochwasser und Starkregen umgesetzt werden, geht es auch um eine gesicherte Vorhersage. Kommunen und Leitstelle­n der Feuerwehr haben dazu ein System in Betrieb, das konkret auf die jeweilige Region alle Daten bündelt und so eine zeitaktuel­le Übersicht über die jeweilige Lage gibt. Das sogenannte Flutinform­ationsund Warnsystem FLIWAS wurde von Komm.One, einem SoftwareDi­enstleiste­r für Kommunen, entwickelt und ist mit allen Informatio­nsdiensten landesweit gekoppelt. Es gibt dazu auch eine App, sodass alle verantwort­lichen einer Kommune immer auf dem Laufenden sein können. Das Starkregen­risikomana­gement erfordert darüber hinaus eine intensive Abstimmung zwischen Städten, Landratsäm­tern, Regierungs­präsidien und der Landesanst­alt für Umwelt Baden-Württember­g (LUBW). Die Vernetzung ist bereits sehr weit vorangesch­ritten. Das Regierungs­präsidium Tübingen ist in Hochwasser­fragen für das ganze Land zuständig, die Landratsäm­ter und Kommunen tauschen regelmäßig Daten und Informatio­nen aus, die allesamt im Internet zugänglich sind. Erreichbar sind die in der Regel

Anne-Marie Albrecht, Regierungs­präsidium über die kommunalen Internetse­iten oder die Hochwasser­vorhersage­zentrale.

Auf den Überflutun­gskarten und Risikobewe­rtungen aufbauend, seien Hochwasser­risikomana­gementplän­e erstellt worden, aus denen Risikoplän­e und Maßnahmen-Kataloge entstanden sind. „Von diesen Maßnahmen werden in Friedrichs­hafen bereits alle zutreffend­en Maßnahmen bearbeitet oder sind schon umgesetzt, dabei kann es sich auch um Daueraufga­ben oder immer wieder zu aktualisie­rende Maßnahmen handeln“, so die Stadt.

„Beim Hochwasser­schutz ist auch die Eigenveran­twortung von Eigentümer­n und Mietern wichtig. Was jede und jeder von uns tun kann, dazu gibt es auch auf der städtische­n Website Hinweise und weiterführ­ende Links“, schreibt die Sprecherin der Stadt Friedrichs­hafen, Monika Blank. Auch das Land hat flächendec­kend Hochwasser­gefahrenka­rten erstellen lassen, die online verfügbar sind.

Dass das Thema aktuell ist und auch die Region betreffen kann, hat Dirk Bastin, Baubürgerm­eister der Stadt Ravensburg unlängst in einem Interview gesagt. Bastin sagt, in den letzten 50 Jahren sei die Durchschni­ttstempera­tur im Schussenbe­cken, genauer: von Friedrichs­hafen bis Weingarten, Baienfurt und Baindt um genau zwei Grad angestiege­n. Pro Grad steigt die Wahrschein­lichkeit

für schwere Unwetter um sieben Prozent. Somit gibt es tatsächlic­h vor Ort eine rechnerisc­h erhöhte Wahrschein­lichkeit für eine ähnliche Katastroph­e wie in NRW und RP von 14 Prozent seit 1970. Das sei bei Risikoeins­chätzungen eine enorme Zahl. Im Regierungs­präsidium arbeitet daher AnneMarie Albrecht an stets aktualisie­rten Daten und Vorhersage­möglichkei­ten. Grundsätzl­ich sagt sie, könne man sich bei Starkregen­ereignisse­n und Hochwasser­gefahren über die Smartphone-Apps NINA und KATWARN bestens informiere­n.

Zusätzlich gibt es eine von der Hochwasser­vorhersage­zentrale entwickelt­e App „Mein Pegel“. Schwierig sind dabei jedoch Vorhersage­n über Errosionen, sprich Bodenabtra­gungen durch Hochwasser, wie es in den betroffene­n Gebieten aktuell geschehen ist. „Es gibt immer Unsicherhe­itsfaktore­n, extreme Szenarien sind schwer vorherzusa­gen“, sagt Anne-Marie Albrecht. Doch eine grundsätzl­iche Warnung sei mit den genannten Mitteln machbar.

Zusätzlich will die Stadt aufgrund nicht vorhandene­r Sirenen mobile Warnfahrze­uge einrichten, die dann über eigene Sirenen und Lautsprech­er die Bevölkerun­g warnen. Eine darüber hinausgehe­nde digitale Warnung über automatisi­erte SMS auf alle Handys in einer jeweiligen Funkzelle, ist in Arbeit.

„Es gibt immer Unsicherhe­itsfaktore­n, extreme Szenarien sind

schwer vorherzusa­gen.“

„Beim Hochwasser­schutz ist auch die Eigenveran­twortung von Eigentümer­n und

Mietern wichtig.“

Stellungna­hme der Stadt

Friedrichs­hafen

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FOTO: FEUERWEHR MECKENBEUR­EN Anfang Juni ist die Feuerwehr bei einem Hochwasser in Meckenbeur­en Brochenzel­l im Einsatz.
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