Klare Kante nicht mit Laschet
Für CSU-Chef Markus Söder ist die Situation zum Mäuse melken: Da steht er, wenn auch mit etwas Abstand zu Angela Merkel, auf Platz zwei der beliebtesten Politiker in Deutschland und muss dabei zuschauen, wie der Unionskanzlerkandidat den Wahlkampf vergeigt. Das schmerzt – zumal die Schwäche Armin Laschets nicht darin begründet liegt, dass er vor lauter Hochwasser keine Zeit für gute Auftritte hätte. Der CDU-Chef schafft es ein ums andere Mal, zur falschen Zeit das Falsche zu sagen. Eine Flutkatastrophe ohnegleichen ist für ihn kein Anlass, noch einmal über die Klimapolitik nachzudenken. Beim späten Termin für den Kohleausstieg in Deutschland schiebt er Umweltverbände vor. Und jetzt auch noch das Eingeständnis, bei einem Buch plagiiert zu haben, wie die viel gescholtene Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock. Da ist tatsächlich Luft nach oben, das sagt die CSU seit Wochen.
Die Chance, dass die Union im Wahlkampf noch einmal strategisch zueinanderfindet, ist gering. Söders Versuch, als CSU „klare Kante“zu zeigen, wird von Laschets Herumeiern bei wichtigen politischen Themen konterkariert. Der CDU-Chef ist offensichtlich überzeugt, Wählerstimmen dadurch gewinnen zu können, indem er maximal unkonkret bleibt. Das mag bislang bei Angela Merkel funktioniert haben, weil die Menschen sie kannten und ihr das Kanzleramt zutrauten, aber bei ihm funktioniert es wohl nicht. Deshalb ist es kein Wunder, dass er trotz Hochwasser-Katastrophe, in der er sich als großer Kümmerer hätte präsentieren können, in den Umfragen inzwischen hinter SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz liegt.
Wenn Söder und seine Getreuen bei jeder Gelegenheit darauf verweisen, der Einzug ins Kanzleramt sei keineswegs fix, dient das natürlich der Mobilisierung der eigenen Wählerschaft. Aber die CSU weist zurecht darauf hin, dass der Zug auch ohne sie abfahren könnte. Rein rechnerisch sind derzeit Regierungskonstellationen ohne die Union möglich. Für die Wähler ist es so oder so bitter: Sie trauen weder Laschet noch Baerbock das Kanzleramt zu – und trotz aller Umfragedellen haben die beiden die größte Chance, dort anzukommen.