Stiko-Chef von Schäubles Forderung irritiert
Mertens kritisiert Ruf des CDU-Politikers nach Impfempfehlung für Kinder: „Lassen uns nicht unter Druck setzen“
- Mit Unverständnis hat Thomas Mertens, der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), auf Aussagen von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble reagiert. Der CDU-Politiker hatte die Stiko zuvor zu einer Empfehlung von Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche gedrängt. Das Expertengremium empfiehlt derzeit, zwölfbis 17-Jährige nur bei einem besonderen Risiko zu impfen. „Es steht dem Bundestagspräsidenten nicht an, die
Ständige Impfkommission zu kritisieren“, so Schäuble. „Allerdings darf ich sie an ihre Verantwortung erinnern.“Auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“sagte Stiko-Chef Mertens am Freitag, er könne Schäubles Aussagen nicht nachvollziehen. „Sie führen auch in die Irre.“
Schäuble hatte sich auf die europäische Arzneimittelbehörde EMA berufen: „Wenn die europäische Zulassungsbehörde zwei Corona-Impfstoffe für sicher und wirksam auch für Kinder ab zwölf Jahren erklärt, spricht aus meiner Sicht sehr viel dafür, die Vakzine auch für diese Gruppe breit zu nutzen.“Mertens sieht dies differenzierter. „Die EMA bewertet, ob ein Impfstoff grundsätzlich sicher und wirksam ist. Individuelle Impfempfehlungen kann sie aber schon wegen der unterschiedlichen Regeln und epidemiologischen Voraussetzungen in den Mitgliedsstaaten nicht aussprechen.“Die Stiko gehe „wesentlich tiefer in der Auswertung der verfügbaren Daten“, so der Ulmer Virologe. „Zum einen zeigen unsere Erhebungen und Modelle deutlich, dass Jugendliche wesentlich seltener schwer erkranken als Erwachsene und zum anderen hat die Impfung dieser Altersgruppe relativ geringe Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Pandemie.“
Die Stiko werde an ihrer Vorgehensweise festhalten. „Wir nehmen uns weiter die Zeit, die wir brauchen, um alle Daten auszuwerten, wie es unserem Auftrag entspricht“, bekräftigte Mertens seine Haltung. „Wir haben diese Debatte um rasche Entscheidungen jetzt seit Wochen, aber wir können uns da nicht unter Druck setzen lassen.“