Bund plant dritte Dosis
Pflegebedürftige und immungeschwächte Personen sollen Auffrischimpfung erhalten
- Der Bund bereitet sich darauf vor, genügend Corona-Vakzin für millionenfache Auffrischungsimpfungen vorrätig zu haben. Die dritte Impfdosis, auch Boosterimpfung genannt, von Biontech oder Moderna soll laut dem Bundesgesundheitsministerium ab September pflegebedürftigen und immungeschwächten Personen angeboten werden.
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) forderte die Ständige Impfkommission dringend zu einer Empfehlung auf, mit welchen Gruppen man starten könne. „Wir denken hier vor allem an die über 70-Jährigen und die Vorerkrankten, die gleich zu Beginn der Impfkampagne ihre erste Impfung erhalten haben.“Ein Sprecherin von Lucha sagte ergänzend, die Schutzdauer nach vollständiger Impfung scheine dabei sowohl vom Alter als auch vom Zustand des Immunsystems abhängig zu sein.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert den Druck auf die Stiko scharf. „Das ist ein Spiel mit dem Feuer“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch der dpa. Luchas Forderung werde die Impfgegner stärken in ihrer Behauptung, es gehe weniger um Chancen und wissenschaftlichmethodische Entscheidungen als vielmehr um politischen Willen. „Wir torpedieren damit die Unabhängigkeit des Gremiums“, sagte
Brysch. Er forderte die Stiko auf, robust zu sein gegen das politische Drängen.
Als Grund für eine Auffrischungsimpfung gelten Zahlen aus Israel und von Biontech, die im Laufe der Monate eine nachlassende Wirkung des Impfschutzes zeigen. Für SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach legen diese Daten „sehr nahe, dass für Ältere und Kranke eine Boosterimpfung nach sechs Monaten gegen Delta notwendig sein wird“. Israel hat bereits mit der Gabe einer dritten Dosis für über 60-Jährige begonnen, deren Impfschutz seit mehr als fünf Monaten besteht. Präsident Isaac Herzog ließ sich dazu als Auftakt am Freitag seine dritte Dosis Biontech injizieren.
In Deutschland könnten aber auch massenhafte Impfungen für Kinder ab zwölf Jahren näher rücken. Zumindest hat am Freitag die sächsische Impfkommission generelle Impfungen für Kinder ab diesem Alter empfohlen – wegen der „überaus dynamischen Entwicklung“der Pandemie und mehr Daten aus den USA und Israel. Die Ständige Impfkommission empfiehlt das bisher nur bei Vorerkrankungen oder auf Wunsch nach ärztlicher Beratung. Laut dem Bundesgesundheitsministerium stehen für alle 12- bis 17-Jährigen genügend Dosen von Biontech und Moderna zur Verfügung. 800 000 Kinder und Jugendliche seien bereits geimpft.
Gerade werden angesichts der aktuell verhaltenen Nachfrage nach Impfstoff Lagermöglichkeiten organisiert, um die bisher ungenutzten mRNA-Vakzine von Biontech und Moderna, die gut gekühlt werden müssen, für den Herbst vorzuhalten. Allein von Biontech liegen über fünf Millionen Dosen auf Halde. Und im dritten Quartal werden weitere 70 Millionen Dosen der beiden Hersteller erwartet. Die in Deutschland eher unbeliebten Vektorimpfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson dagegen sollen zunehmend an andere Länder gegeben werden. In BadenWürttemberg sind etwa 450 000 Dosen bislang ungenutzt, die das Land nun an den Bund zurückschicken will. Weitere 4000 Dosen Astrazeneca sollen entsorgt werden, weil sie Ende Juli ablaufen.