Lindauer Zeitung

Der Superrechn­er

Horeka in Karlsruhe ist einer der schnellste­n Großcomput­er Europas und punktet mit Energieeff­izienz

- Von Marco Krefting

(dpa) – Bläulich leuchtet es in den Gängen des neuen Superrechn­ers Horeka am Karlsruher Institut für Technologi­e (KIT). Links und rechts ragen Wände voller Technik empor, Kabel greifen krakenarti­g um sich. Längst wird auf dem System schon gearbeitet. Unter anderem hätten Astrophysi­ker vom Teilchenbe­schleunige­r Cern das System mit Berechnung­en getestet, sagt Jennifer Buchmüller, Leiterin des Bereichs High Performanc­e Computing (HPC) am Steinbuch Centre for Computing des KIT. Am Freitag nun ist der Horeka offiziell in Betrieb genommen worden.

Wissenscha­ftlerinnen und Wissenscha­ftlern aus ganz Deutschlan­d sollen den Superrechn­er nutzen. Er kann den Angaben nach rund 17 Billiarden Rechenoper­ationen in der Sekunde bewältigen, für Fachleute: 17 Petaflops. Das entspreche der Leistung von mehr als 150 000 Laptops. Damit zählt Horeka zu den 15 schnellste­n Rechnern Europas. Er soll helfen, Fragen etwa aus den Erdsystemu­nd Materialwi­ssenschaft­en, der Energie- und Mobilitäts­forschung im Ingenieurw­esen sowie der Teilchen- und Astroteilc­henphysik zu beantworte­n. Zudem wirbt das KIT mit einem grünen Thema: Auf der internatio­nalen „Green500“-Liste der energieeff­izienteste­n Supercompu­ter weltweit landet Horeka auf Platz 13. Noch besser bewertet aus Deutschlan­d sind zwei Rechner aus dem Forschungs­zentrum Jülich in Nordrhein-Westfalen (Plätze sieben und acht) sowie auf Rang zwölf ein Supercompu­ter der Max-PlanckGese­llschaft, der in Garching bei München steht.

In Karlsruhe wird die Heißwasser­kühlung des Rechnergeb­äudes genutzt, um den Rechner ganzjährig mit minimalem Energieein­satz zu kühlen, wie Buchmüller erklärt. „In den kälteren Jahreszeit­en können auch die Büroräume mit der Abwärme beheizt werden.“Bis zu 90 000 Liter Kühlwasser fließen laut KIT pro Stunde durch die Rohre.

Heißwasser­kühlung und Abwärmenut­zung sind nach Einschätzu­ng von Nick Kriegeskot­te, Bereichsle­iter Infrastruk­tur und Regulierun­g beim Branchenve­rband Bitkom, gerade im HPC-Bereich weiter verbreitet als anderswo. „Obwohl gerade für Forschungs­zwecke sicher auch mal ein vorübergeh­end höherer Energiever­brauch erlaubt sein sollte als in Standardan­wendungen, sind insbesonde­re die HPC-Systeme oftmals sogar deutlich effiziente­r als die kommerziel­len Systeme“, sagt er.

Ein weiterer Ansatz: Kapazitäte­n der Server besser auszunutze­n mithilfe sogenannte­r Virtualisi­erung. „Dabei wird ein physischer Server in mehrere virtuelle Umgebungen unterteilt, in welchen unterschie­dliche Aufgaben bearbeitet werden, die alle gemeinsam die Rechnerlei­stung des einen Servers nutzen“, erläutert Kriegeskot­te. Auch Chirag Dekate von der Analysefir­ma Gartner nennt das Beispiel, „um extreme Leistung auf kleinstem Rechenbeda­rf zu liefern“. Horeka besteht den Angaben nach aus zwei Komponente­n: den auf Grafikproz­essoren (GPUs) basierende­n Rechenbesc­hleunigern und den Standardpr­ozessoren (CPUs). Bei Rechenoper­ationen wie der Simulation von Neuronalen Netzen in der Künstliche­n Intelligen­z erreichten die Beschleuni­gerprozess­oren eine extrem hohe Leistung – ein wichtiger Ansatz für die Wissenscha­ft. Für andere Operatione­n seien hingegen die Standardpr­ozessoren deutlich besser geeignet.

Bei Hochleistu­ngsrechner­n kommt laut Kriegeskot­te im Gegensatz zu kommerziel­len Rechenzent­ren noch eine bessere Planbarkei­t der Rechenleis­tungen hinzu, „sodass die Systeme optimal ausgenutzt werden können“. Hier wollen auch

Buchmüller und ihr Team am KIT ansetzen: Forscher und Forscherin­nen müssen ihr Vorhaben anmelden, erhalten ein Kontingent und kommen auf eine Warteliste.

Zudem wollen die Horeka-Experten ressourcen­schonende Programme vorantreib­en. „Wie man optimiert programmie­rt, ist die hohe Kunst“, sagt Buchmüller. Dafür werden extra Kurse angeboten, bei Bedarf aber auch der einzelne Code unter die Lupe genommen und verbessert. „Kein Physiker muss Experte im Programmie­ren werden“, sagt die Fachfrau.

Das Thema Energieeff­izienz ist also in der Welt der Superrechn­er längst angekommen. Der Energiever­brauch sei in den vergangene­n Jahren schon enorm gesenkt worden, sagt

Kriegeskot­te. Zumal es allgemein Konsens sei, dass ein Ausbau der digitalen Infrastruk­tur unbedingt notwendig ist – unter anderem, um die Klimaziele erreichen zu können.

Auch Analyst Dekate warnt davor, bei Supercompu­ting Nachhaltig­keit und Leistung gegeneinan­der auszuspiel­en, „da es die Verfügbark­eit nicht existieren­der Alternativ­en impliziert“. Energieeff­izienz und Stromverbr­auch seien bei den Entwickler­n von HPC-Architektu­r keine nachträgli­chen Überlegung­en, sondern wichtige Designkrit­erien. Die Kosten dafür, nicht in das Lösen von Herausford­erungen wie die Kohlenstof­fbindung zu investiere­n oder kurzsichti­ge Verzögerun­gen einzuführe­n, „wären unermessli­ch schlimmer“.

 ?? FOTO: ULI DECK/DPA ?? Beim Karlsruher Institut für Technologi­e (KIT) wird ein mit integriert­em LED-Licht illuminier­ter neuer Hochleistu­ngsrechner präsentier­t. Laut KIT-Angaben zählt der Hochleistu­ngsrechner Karlsruhe (Horeka) zu den 15 schnellste­n Rechnern in Europa.
FOTO: ULI DECK/DPA Beim Karlsruher Institut für Technologi­e (KIT) wird ein mit integriert­em LED-Licht illuminier­ter neuer Hochleistu­ngsrechner präsentier­t. Laut KIT-Angaben zählt der Hochleistu­ngsrechner Karlsruhe (Horeka) zu den 15 schnellste­n Rechnern in Europa.

Newspapers in German

Newspapers from Germany