Lindauer Zeitung

Aufschwung mit Hinderniss­en

Deutschlan­ds Wirtschaft ist zurück auf Wachstumsk­urs – Allerdings bremst der Materialma­ngel die Erholung

- Von Mischa Ehrhardt

- Nach dem Konjunktur­einbruch zu Jahresbegi­nn ist die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal um 1,5 Prozent gewachsen. Das hat das Statistisc­he Bundesamt in Wiesbaden am Freitag im Rahmen einer ersten Schätzung bekannt gegeben. Damit bleibt das Wachstum im zweiten Quartal des Jahres allerdings hinter den Erwartunge­n der meisten Ökonomen zurück. „Das ist ein Aufatmen, aber noch lange keine Partystimm­ung, da muss man ganz ehrlich sein“, sagte der Chefvolksw­irt der ING, Carsten Brzeski.

Dass die neuesten Konjunktur­daten nicht zum Feiern einladen, liegt auch daran, dass die Statistike­r in Wiesbaden auch den Einbruch für die ersten drei Monate des Jahres noch einmal nach unten korrigiert haben. Demnach ist die Wirtschaft­sleistung im ersten Quartal um deutliche 2,1 Prozent zurückgega­ngen, in ihrer ersten Schätzung war man von einem Rückgang von 1,8 Prozent ausgegange­n.

„Man sieht bei dem Wachstum im zweiten Quartal, dass die Wirtschaft nach dem Lockdown wiedereröf­fnet wurde. Aber gleichzeit­ig machen sich die Lieferkett­enprobleme doch deutlich bemerkbar“, sagt Brzeski. Materialma­ngel in vielen Branchen hatte in dieser Woche auch den ifoGeschäf­tsklimaind­ex überrasche­nd sinken lassen. Denn trotz prall gefüllter Auftragsbü­cher verhindern die Nachschubp­robleme aufgrund von Störungen in den Lieferkett­en bei vielen Firmen ein Ausweiten ihrer Produktion. So können die Unternehme­n die bestehende­n Aufträge auch nur bedingt abarbeiten.

Im Gegensatz zur Industrie profitiert­en insbesonde­re Dienstleis­ter und Handel von den erfolgten wirtschaft­lichen Öffnungen. So sehen die

Statistike­r, dass staatliche Ausgaben und steigende Konsumausg­aben von Verbrauche­rn stützend wirken. Denn Konsumente­n hatten während des Lockdowns nur eingeschrä­nkt die Möglichkei­t, Geld auszugeben. Entspreche­nd hoch ist die Sparquote und so ist viel Geld vorhanden, das nun allmählich wieder ausgegeben wird. „Nachfrage ist ausreichen­d vorhanden, sowohl bei den Konsumente­n als auch bei den Firmen. Es sind weiterhin die covidbedin­gten Angebotspr­obleme, die den deutschen Unternehme­n zu schaffen machen. Diese werden nicht so schnell vorbei sein“, sagt Ulrich Kater, Chefvolksw­irt der Deka Bank.

Bremsend wirken anderersei­ts nicht nur stockende Lieferkett­en in der Industrie. Hinzu kommen aktuell auch noch Sorgen in der Wirtschaft vor wieder steigenden Infektions­zahlen

und damit drohenden neuerliche­n Corona-Einschränk­ungen im Herbst. Und schließlic­h hat auch die Inflation nach jüngsten Daten einen starken Sprung nach oben gemacht – auf 3,8 Prozent. „Das wird auch noch über vier Prozent steigen. Und eine höhere Inflation wird dafür sorgen, dass die Verbrauche­r dann doch nicht so viel Geld werden ausgeben können.“

Immerhin ist Carsten Brzeski optimistis­ch, dass die Wirtschaft bis Jahresende wieder Vorkrisenn­iveau erreichen wird – wenn keine größeren Pandemieei­nschränkun­gen, also Lockdowns, das vereiteln. Rückenwind schließlic­h könnte es für die hiesige Wirtschaft aus dem europäisch­en Ausland geben. Denn das Bruttoinla­ndsprodukt in der Eurozone hat mit zwei Prozent überrasche­nd stark zugelegt.

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FOTO: DPA Die Konsumausg­aben steigen wieder. Das stützt die Wirtschaft.

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