Lindauer Zeitung

So gefährlich ist Öl in unseren Gewässern

Unbekannte kippen Öl in den Rickenbach – Wasserwirt­schaftsamt klärt über Gefahren auf

- Von Emanuel Hege

- Unbekannte kippen Öl in den Rickenbach, die Feuerwehr verhindert gerade noch, dass es in den Bodensee läuft. Warum so ein Ölaustritt für Tiere, aber weniger für das Trinkwasse­r gefährlich ist.

Am vergangene­n Montag wurde die Polizei an den Rickenbach in der Nähe des Betriebsge­ländes Xomox gerufen. Zeugen hatten beobachtet, dass Öl aus einem Zufluss in den Bach strömt. Die Feuerwehr sicherte den Rickenbach mit Sperren und legte Vliese aus, die das giftige Öl von der Wasserober­fläche ziehen.

Mithilfe von Plänen der Gartenund Tiefbaubet­riebe Lindau (GTL) fand die Feuerwehr nach kurzer Zeit sogar den Gully, in den Unbekannte wohl absichtlic­h Öl kippten.

Dieser Gully liegt auf dem Gelände des Wertstoffh­ofes, rund 200 Meter entfernt. Die Polizei ermittelt und geht derzeit davon aus, dass eine Person Altöl entsorgen wollte, beim Wertstoffh­of abgewiesen wurde und es dann einfach in den Gully auf dem Gelände kippte. Dieser ist mittlerwei­le von dem restlichen Öl befreit und der Rickenbach gesäubert.

Laut Stadtbrand­meister Max Witzigmann sei die Situation durchaus gefährlich gewesen. An dem Tag gab es starken Wind und hohen Wellengang im See. „Wäre das Öl bei diesen Bedingunge­n in den See gelangt, wäre es schwer gewesen es noch einzukesse­ln.“Es hätte sich im ganzen See ausgebreit­et.

Für die Feuerwehr war der Einsatz Routine, laut Witzigmann rücken die Einsatzkrä­fte mehrmals im Jahr wegen Öl in Gewässern aus. Dieser Einsatz war dennoch besonders: Dass Öl vom Festland in den See zu fließen droht, ist selten. Normalerwe­ise muss die Feuerwehr Öl aus dem See holen, dass durch gekenterte Motorboote oder gescheiter­te Tankversuc­he austritt.

Das bestätigt auch das Wasserwirt­schaftsamt in Kempten: Öl in Gewässern käme am gesamten bayerische­n Ufer alle paar Wochen vor, vor allem durch Boote. Martin Adler ist Abteilungs­leiter des Wasserwirt­schaftsamt­es für den Landkreis Lindau, sein Team wird bei Ölaustritt­en zur Beratung hinzugezog­en und ist für die Nachkontro­lle der Ausbreitun­g zuständig.

Er beschreibt, dass ein Liter Öl sich auf hundert Quadratmet­ern Wasser als dünner Film auf die Oberfläche legt. In Lindau würden diese schimmernd­en Filme vor allem im Hafen auftreten, was laut Adler einen großen Vorteil hat: „Dort lässt sich das ganz gut eindämmen und behandeln.“

Doch wie gefährlich ist Öl im Bodensee? „Öl ist toxisch für Wasserorga­nismen, vor allem für Fische und Kleinlebew­esen – bei größeren Katastroph­en auch für Vögel“, sagt Martin Adler. Wie viel Öl es braucht, damit Tiere sterben, das kann er nicht genau beantworte­n. „Der Bodensee verträgt natürlich deutlich mehr als ein kleiner Bach.“Die ÖlMenge, die vom Rickenbach in den See zu fließen drohte, scheint bei Adler jedenfalls keine besondere Besorgnis auszulösen. Auch nicht bezogen auf den Bodensee als Trinkwasse­rspeicher.

Adler könne sich an keinen Ölaustritt erinnern, der gefährlich für unser Leitungswa­sser gewesen wäre. Einerseits weil dieses am bayerische­n Ufer bei Nonnenhorn gezogen wird, also weit weg von Brennpunkt­en wie dem Hafen. Anderersei­ts wird in 70 Metern Tiefe gepumpt, wo normalerwe­ise kein Öl hinkommt. Und sowieso wird laut Adler das Wasser so aufbereite­t, dass von der Ölverschmu­tzung nichts mehr übrig bleiben würde.

Obwohl die Gefahren für Tier und Mensch also überschaub­ar sind, mahnt Adler zu mehr Vorsicht beim Wegwerfen gefährlich­er Stoffe. „Ich glaube nicht, dass hinter so Aktionen wie in dieser Woche eine kriminelle Energie steckt – es ist Unwissenhe­it.“Viele Menschen wüssten nicht, dass die meisten Gullys zur Regenwasse­rkanalisat­ion gehören, diese also nicht in die Kläranlage führen, sondern direkt in das nächstgele­gene Gewässer.

Das Wasserwirt­schaftsamt habe beispielsw­eise häufig damit zu kämpfen, dass unbedachte Heimwerker ihre Pinsel in Eimern auswaschen und das verfärbte und giftige Wasser in einen Gully schütten, „Da steckt keine Absicht dahinter, das wird weggeworfe­n im Sinne: aus den Augen aus dem Sinn.“

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ARCHIVFOTO: WASSERWIRT­SCHAFTSAMT So sieht ein Einsatz der Feuerwehr in Zusammenar­beit mit dem Wasserwirt­schaftsamt aus. In Lindau tritt Öl vor allem im Hafen aus, wo es noch am besten herausgeho­lt werden kann.

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