Sehnsucht nach der Leichtigkeit
Malaika Mihambo hat im Olympia-Jahr den Rhythmus verloren – Dennoch bleibt Gold das Ziel
(SID) - Malaika Mihambos Augen leuchteten, als im Olympischen Dorf beim deutschen Team Stimmung aufkam. Die WeitsprungQueen schwenkte gut gelaunt eine Deutschlandfahne und jubelte Slalom-Kanutin Andrea Herzog bei einem kleinen Empfang zu. Und natürlich hofft Mihambo, dass sie nach ihrem großen Finale in der Nacht zu Dienstag auch etwas zu feiern haben wird. Dann soll die Medaille aber nicht wie bei Herzog aus Bronze, sondern aus Gold sein. „Ich weiß, was in mir steckt“, sagt Mihambo.
Zwar lief die Saison bisher nicht nach ihren Vorstellungen, die Abstimmung beim Anlauf machte der Weltmeisterin zu schaffen, doch für den Tag der Tage sieht sie sich dennoch gut vorbereitet: „Ich weiß, dass ich sieben Meter und auch weit über sieben Meter springen kann.“Das wird auch nötig sein, wenn Mihambo 21 Jahre nach Heike Drechsler in Sydney wieder Olympia-Gold im Weitsprung nach Deutschland holen will. „Auf jeden Fall ist die Konkurrenz wesentlich stärker als 2019“, sagt Mihambo,
Die Frohnatur Christina Schwanitz wehrte sich nach ihrem traurigen Abschied von Olympia tapfer gegen die Tränen – bis sie auch diesen Kampf noch verlor. „Ich bin aufgewühlt, sehr enttäuscht“, schluchzte die 35 Jahre alte Sächsin nach ihrem Scheitern in der Kugelstoß-Qualifikation und seufzte: „Tja, so ist das eben.“
Der beste Stoß auf 18,08 Meter war deutlich zu wenig, um in den Medaillenkampf einzuziehen und für die Ex-Weltmeisterin. Im Finale
für die es mit der Qualifikation in der Nacht zu Sonntag (2.50 Uhr MESZ) ernst wird. Im WM-Jahr hatte die 27-Jährige mit einer Leichtigkeit die Weitsprungwelt beherrscht, dass es schon fast unheimlich war.
Mit ihren 6,92 m ist Mihambo in Tokio nun nur die Nummer 9 der Meldeliste, fünf Frauen haben die Sieben-Meter-Marke geknackt. Die steht dagegen Sara Gambetta aus Halle/Saale mit 18,57 Meter. „Dafür, dass es meine letzten Spiele waren, ist es enttäuschend, wenn man so vom Platz schleichen muss“, sagte Schwanitz. „Ich habe es mir wesentlich anders vorgestellt.“Es sollte eine Auferstehung im Ring nach einer verkorksten Saison und ein Happy
End mit der ihr noch fehlenden Olympia-Medaille werden: „Ich bin am großen Coup, an meinem Kopf gescheitert.“(dpa)
WM-Dritte Ese Brume aus Nigeria sprang mit 7,17 m bisher am weitesten. Doch Mihambo, die gerade Suaheli, die Muttersprache ihres Vaters lernt, und regelmäßig meditiert, kann das nicht aus der Ruhe bringen. „Ich hatte noch keinen Versuch, bei dem alles gestimmt hat“, sagt Mihambo und hofft nun auf diesen einen Moment, der alles entscheidet.
Diese Schwerelosigkeit aus dem Jahr 2019, als ihr alles gelang, muss sich Mihambo erst wieder hart erarbeiten. Im Corona-Jahr 2020 verlor Deutschlands Sportlerin des Jahres ihren Rhythmus, als sie, um sich zu schonen, mit nur 16 statt 20 Schritten Anlauf absprang. In dieser Saison fehlte bisher das richtige Timing vor dem Absprung, mal trat sie über, dann war sie wieder viel zu weit weg vom Brett. „Da wieder zurückzukommen, war viel schwieriger, als ich mir das vorher hätte vorstellen können“, sagt sie.
Das „Gefühl, dass ich von der Jägerin zur Gejagten werde und nicht mithalten kann“, sagt Mihambo, „das war sehr belastend. Mich da durchzukämpfen, zurückzufinden zu meinem Anlauf und zu meinem starken Selbstglauben, das hat mich im letzten halben Jahr sehr bewegt.“Nun glaubt die amtierende Weltmeisterin und Vierte von Rio, genau zum richtigen Zeitpunkt wieder in bester Verfassung zu sein: „Ich muss weder jemandem etwas beweisen, noch habe ich etwas zu verlieren.“