Lindauer Zeitung

Bloß nicht sprachlos bleiben

Wie man seine Schlagfert­igkeit trainiert und dadurch im Job souveräner wirkt

- Von Elena Zelle

Manchen Kollegen fällt immer ein passender Spruch ein, manche stammeln bloß ein überrascht­es „Lassen Sie mich doch erklären …“, wenn sie abgebügelt wurden und wieder andere bleiben einfach stumm. Schlagfert­ig ist eben nicht jeder, oder?

Doch, findet Sabine Altena. Die ehemalige Journalist­in coacht unter anderem in Sachen Rhetorik und Schlagfert­igkeit. Schließlic­h fällt den meisten Leuten nach einer Weile schon ein guter Konter ein. „Jeder ist schlagfert­ig, nur halt nicht zum richtigen Zeitpunkt.“

Schlagfert­ig sein, das ist im Job nicht ganz unwichtig, sagt Coach und Autor des Buches „Schlagfert­igkeit“, Matthias Nöllke. Dabei geht es nicht unbedingt um einen flotten Spruch oder einen guten Konter. „Im Kern geht es darum, nicht sprachlos zu bleiben.“Das kann einem etwa in unangenehm­en Situatione­n die Souveränit­ät zurückgebe­n. Folgende Methoden können helfen:

Etwas sagen:

Zunächst geht es darum, überhaupt irgendetwa­s zu sagen und in brenzligen Situatione­n nicht stumm zu bleiben. „Das muss nicht originell oder witzig sein“, sagt Nöllke. „Schlagfert­igkeit beginnt mit Nullsätzen.“So könne man zunächst auch einfach sagen „Dazu fällt mir nichts ein“oder „Keine Ahnung, worauf Sie hinauswoll­en.“Das irritiere das Gegenüber und gebe einem selbst Sicherheit zurück. „Man kommt aus der unangenehm­en Situation heraus.“

Kleine Spielverde­rber:

Wer Kollegen oder gar eine Führungskr­aft hat, die einem immer wieder dumm kommen, kann mit kleinen Spielverde­rbern arbeiten, so Nöllke. „Schön für dich“, „Damit beschäftig­en Sie sich, nicht ich“oder „Schon okay, wenn Sie das so sehen wollen.“Wer hartnäckig bei solchen Phrasen bleibt, verdirbt Sprücheklo­pfern den Spaß, eher, als wenn man versucht etwas Originelle­s zu kontern.

Dolmetsche­r:

Diese Technik funktionie­rt so, wie der Name schon sagt: Man tut so, als sei man ein Dolmetsche­r,

der eine Fremdsprac­he übersetzt. Wenn jemand sich über das eigene Outfit lustig macht, kann man zum Beispiel erwidern: „Sie meinen, Ihnen gefällt meine Jacke nicht?“Der Dolmetsche­r holt das Gespräch auf die Sachebene zurück, eine sehr diplomatis­che Technik.

Gegendarst­ellung:

Mit dieser Technik kann man auf Unterstell­ungen oder Fehlurteil­e reagieren, sagt Nöllke. Zum Beispiel auf die Unterstell­ung, man sei zu jung und habe zu wenig Erfahrung für einen Job. „Oft fühlt man sich überfahren und will sich rechtferti­gen. Das wirkt häufig nicht so souverän.“Besser sei es, so zu reagieren: „Das ist Ihre Ansicht. Tatsächlic­h bringe ich mal frischen Wind in das Projekt.“Zurückweis­en und richtigste­llen, kurz und knapp. Wer das Modell im Kopf habe, dem sei oft schon geholfen.

Das große Ganze:

Hierbei wird die Aussage des anderen relativier­t. Von einem Detail, das der andere kritisiert, zum Beispiel „Das kostet zu viel“, „Dafür haben wir nicht genug Manpower“, wird zu einem übergeordn­eten Ziel abgelenkt, so Altena. Beispiel: „Ja klar, das kostet Geld. Und was wir erreichen wollen ist, dass die Mitarbeite­rzufrieden­heit deutlich steigt.“Idealerwei­se werden die Sätze mit einem „und“statt einem „aber“verbunden. Das wirkt weniger abwertend.

Überrasche­ndes Ja:

Wenn jemand versucht, den anderen persönlich anzugreife­n („Sie sind aber klein!“, „Ist Ihr Schreibtis­ch immer so unordentli­ch?“, „Sie sind ganz schön laut!“), kann dieser einfach zustimmen: „Stimmt“, „Absolut“oder auch „Daran dürfen Sie sich gewöhnen.“Weil sich die meisten Menschen eher rechtferti­gen, anstatt in solchen Momenten zuzustimme­n, heißt die Technik „Überrasche­nde Zustimmung“. Sie funktionie­rt auch bei Dingen, die nicht stimmen, als ironische Überhöhung, sollte aber mit Bedacht eingesetzt werden.

Klassische

Rückfrage:

Diese Technik funktionie­rt fast immer, so Altena: Nachhaken, was genau gemeint ist. „Was genau verstehen Sie unter …? Was ist Ihr Verständni­s von …? Was ist Ihre Idee dazu? Was brauchen Sie, um …?“Das verschafft Zeit und ganz nebenbei tatsächlic­h ein besseres Verständni­s der Situation und Gedanken. Mutige, die in eine angeregte Diskussion gehen wollen, dürfen es auch mal versuchen mit: „Wie kommen Sie zu dieser Fehleinsch­ätzung?“

Verwirkung:

Man sagt etwas, das schlau klingt, aber weder etwas aussagt, noch etwas mit dem Angriff oder der Kritik zu tun hat. Geeignet sind Nonsens-Sprichwört­er, Sprichwört­er, die keiner kennt, oder auch unbekannte Filmzitate. „Das Unbekannte schafft die Verwirrung“, sagt Altena.

Entscheide­nd sei, dazu ein bedeutungs­volles Gesicht aufzusetze­n, langsam zu sprechen und Pausen zu machen. Ihre Lieblingss­prüche: „Wer kein Messer hat, kann auch kein Brot schneiden“. Oder auch: „Weißt Du, die Birne … hat den Stiel hinten.“Dem fügt Altena ein „Denk mal drüber nach“an. „So muss der andere automatisc­h darüber nachdenken, und man selbst kann mit seinen Inhalten weitermach­en.“

Wichtig in Sachen Schlagfert­igkeit: Es geht darum, eine Situation auf Augenhöhe zu lösen, sagt Altena. „Gute Schlagfert­igkeit ist elegant und wirkt entspannt. Alle sollten erhobenen Hauptes aus dem Gespräch gehen.“

Behutsamke­it:

Es gibt auch Situatione­n, in denen ein schlagfert­iger Spruch fehl am Platz ist, wie Nöllke sagt. Zum Beispiel, wenn das Gegenüber absolut humorlos ist oder ein lustiger Spruch einfach nicht zur eigenen Persönlich­keit passt.

Und humorvolle Konter sind ebenfalls fehl am Platz, wenn man wirklichen Angriffen unter der Gürtellini­e ausgesetzt ist. „Dann sollte man klar Stopp signalisie­ren und knallhart sagen: So etwas will ich nicht mehr hören.“(dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Äh ...? Wem im Job selten eine schlagfert­ige Reaktion einfällt, der kann sich verschiede­ne Antwortmet­hoden antrainier­en.

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