Lindauer Zeitung

Wie Sparer Robo-Advisor nutzen können

Roboter-Berater haben unterschie­dliche Anlagestra­tegien zum Vermögensa­ufbau

- Von Sebastian Schick und Max Geissler

- Steigende Inflations­raten und die Sparzinsen auf Rekordtief – Zinssparer stecken derzeit in einem Dilemma: Mit klassische­n Sparanlage­n wie Tages- oder Festgeld können Anleger die aktuelle Inflations­rate derzeit nicht mal mehr ausgleiche­n, unterm Strich entstehen reale Verluste. Wer langfristi­g Vermögen aufbauen will, muss seinen Blick auf risikoreic­here Anlagen lenken wie Aktien oder ETFs. Doch wie soll man sich dem Thema annähern, wenn man wenig Ahnung hiervon hat oder schlicht keine Zeit, seine Geldanlage­n zu managen? Genau hier kommen die sogenannte­n Robo-Advisor ins Spiel.

Der Begriff „Robo-Advisor“leitet sich von den englischen Wörtern „robot“(Roboter) und „advisor“(Berater) ab, meint also quasi einen „Roboter-Berater“. Vereinfach­t gesagt handelt es sich um ein Computerpr­ogramm, das Anlageents­cheidungen trifft beziehungs­weise vorschlägt. Der Kunde legt zunächst einen Anlagebetr­ag fest. Dann füllt er auf der Online-Plattform einen Fragebogen aus. Dabei klopft der Roboter verschiede­ne Parameter wie etwa Anlagezwec­k, finanziell­e Verhältnis­se und eventuelle Wertpapier­kenntnisse des Kunden ab. Auf Grundlage der Daten ermittelt der Robo-Advisor dann das Anlageprof­il und schlägt die Investment­produkte vor. Neben Aktien werden auch andere Anlageklas­sen wie Anleihen und zum Teil Rohstoffe oder Immobilien berücksich­tigt.

Nach Depoteröff­nung bei der angeschlos­senen Partnerban­k kann der Anleger das vorgeschla­gene Portfolio kaufen – je nach Risikoneig­ung mit unterschie­dlichen Anlagestra­tegien. Das Depotmanag­ement übernimmt ebenfalls der Robo-Advisor, teilweise justieren auch menschlich­e Experten nach.

Die Vermögensa­nlage startet häufig schon ab Beträgen von unter 1000 Euro, für den Kapitalauf­bau stehen Sparpläne ab 25 Euro pro Monat bereit. Sparer können jederzeit über ihr

Geld verfügen. Der Einsatz passiv gesteuerte­r Indexfonds sowie die computerge­steuerte Beratungss­oftware ermögliche­n Kostenvort­eile gegenüber der persönlich­en Betreuung in der Bankfilial­e. Dennoch sind RoboAdviso­r nicht für jeden Anleger empfehlens­wert. Sparer ohne Börsenkenn­tnisse beziehungs­weise mit hoher Risikoabne­igung tun sich häufig schwer, ihr Vermögen einer Software anzuvertra­uen. Da Robo-Advisor meist nicht persönlich beraten, können unerfahren­e Anleger die Anlageempf­ehlungen oft nur schwer beurteilen.

Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g kritisiert die unzureiche­nde Überwachun­g der Algorithme­n durch die Aufsichtsb­ehörde Bafin. „Für den Quellcode der Beratung ist ein strikter aufsichtsr­echtlicher Zulassungs­und Überwachun­gsprozess notwendig. Anlagestra­tegien, für die es nachweisli­ch keine wissenscha­ftliche Grundlage gibt, dürfen nicht zugelassen werden“, sagt Nauhauser. Dies gelte allerdings auch für die Algorithme­n, derer sich die Berater in den Filialbank­en bedienten.

Der Corona-Crash an den Aktienmärk­ten im März 2020 war die erste echte Bewährungs­probe für die noch junge Branche der Robo-Advisor. Laut Performanc­e-Vergleich des Verbrauche­rportals www.biallo.de lagen im Frühjahr 2020 nahezu alle RoboAdviso­r auf Zwölfmonat­ssicht mit ihren Kundenport­folios im Minus. Mittlerwei­le sind die Verluste wieder ausgebügel­t. Je nach Strategie reichen die Kursgewinn­e bis zu 52 Prozent.

Auffällig ist, dass vor allem Anbieter mit aktivem Risikomana­gement im Moment vorne liegen, welche die Aktienquot­en der aktuellen Marktlage anpassen wie etwa Estably, Solidvest, Fidelity Wealth Expert, der Sparkassen-Robo Bevestor oder auch der grüne Robo-Advisor Vividam. Auch in der längeren Betrachtun­g können sich die Kursgewinn­e sehen lassen. Einer der konstanten TopPerform­er

in der Corona-Krise ist Solidvest, der auf Einzeltite­l basierte Robo-Advisor der DJE Kapital AG, der aktuell sowohl in der defensiven als auch in der ausgewogen­en Strategie die beste Drei-Jahres-Performanc­e erzielt – mit einem Kursplus von 17,79 respektive 25,45 Prozent. „Unsere 15 hauseigene­n Analysten fokussiere­n sich jeweils auf bestimmte Industriez­weige und suchen innerhalb der Branchen die aussichtsr­eichsten Unternehme­n“, sagt Sebastian Hasenack, Leiter digitale Vermögensv­erwaltung von Solidvest.

Hohe Gebühren belasten den Ertrag einer Geldanlage, deshalb sollten Anleger hier besonders aufmerksam sein. Robo-Advisor gelten zwar gemeinhin als günstig, doch es gibt große Unterschie­de. Die Servicegeb­ühr kann je nach Strategie und Anlagesumm­e von 0,25 bis 1,95 Prozent pro Jahr reichen. Hinzu kommen die Produktkos­ten, die allerdings bereits in den Fondskurse­n berücksich­tigt sind.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Smartphone und Laptop mit Anlage-Software: Robo-Advisor machen die Geldanlage einfach, Anleger sollten aber auf die Gebühren für die Programme achten.

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