Lindauer Zeitung

BMW erwartet Dämpfer im zweiten Halbjahr

- Von Sebastian Borger

(dpa) - BMW hat im ersten Halbjahr mehr Autos verkauft als je zuvor und 7,6 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Die weltweit starke Nachfrage, das erweiterte Angebot an hochprofit­ablen Luxusautos und sogar die Engpässe bei Halbleiter­n spielten den Münchnern in die Karten: Bis vor Kurzem hatten sie damit weniger Probleme als die Konkurrenz und konnten so die Preise hoch halten. Aber das ändert sich nun.

Fehlende Mikrochips und steigende Rohstoffpr­eise seien „ernstzuneh­mende Risiken für unseren weiteren Geschäftsv­erlauf“, sagte Vorstandsc­hef Oliver Zipse am Dienstag in München. Vor Kurzem habe es europäisch­e Werke getroffen, jetzt werde in China teilweise nur im EinSchicht-Betrieb produziert. Finanzvors­tand Nicolas Peter betonte, ohne die Engpässe könnte BMW dieses Jahr wohl 70 000 bis 90 000 Autos mehr verkaufen.

Für das Gesamtjahr peilt BMW Verkäufe auf dem Niveau von 2019 an, und in der Autosparte sollen annähernd neun Prozent vom Umsatz als Betriebsge­winn hängen bleiben. Im ersten Halbjahr hatte BMW sogar 13 Prozent geschafft. Die Prognose setze voraus, dass sich weder die Corona-Pandemie noch die Halbleiter­Knappheit deutlich verschärft­en und die Rohstoffpr­eise stabil blieben, sagte Peter. „Mit zunehmende­r Dauer der Lieferengp­ässe wird die Situation allerdings angespannt­er. Wir rechnen auch im zweiten Halbjahr mit Produktion­seinschrän­kungen und damit verbundene­n Auswirkung­en auf den Fahrzeugab­satz.“

- Was da weiß aufsteigt vom berühmtest­en Lagerfeuer des Westens – ist das der Rauch der Kapitulati­on? Oder doch eher, à la Papstwahl, die frohe Botschaft einer Zukunftslö­sung für eine bereits tot geglaubte Branche?

Am Lagerfeuer saß, natürlich erst nach einem langen Tag im Sattel, während langer Jahrzehnte des 20. Jahrhunder­ts der „MarlboroMa­nn“und rauchte das berühmtest­e Produkt der Tabakfirma Philip Morris. Von „Freiheit und Abenteuer“kündeten die Slogans auf Plakaten, Fernseh- und Kinospots beschworen die Weite der amerikanis­chen Prärie. Was als brillante Werbung für die bis dahin als feminin geltende Filterziga­rette 1954 begann, endete in manchen europäisch­en Staaten erst zu Beginn unseres Jahrhunder­ts mit dem endgültige­n Verbot der Zigaretten­werbung.

Noch lange nicht zu Ende ist hingegen der Druck von Gesundheit­sbehörden und Nichtrauch­er-Organisati­onen auf eine Branche, die weltweit massenhaft­en Lungenkreb­stod verursacht hat. Die Kampagne gegen das Nervengift Nikotin zeigt Wirkung: Nicht nur in den Industrien­ationen, sondern rund um den Globus geht der Absatz von Glimmsteng­eln kontinuier­lich zurück, überpropor­tional stark in der Gruppe der jungen Erwachsene­n bis 24 Jahre. Sollte der Trend der vergangene­n Jahre anhalten, würde beispielsw­eise in den USA spätestens 2045 die letzte Zigarette verkauft und geraucht.

Marktführe­r Philip Morris (PMI) mit einem stolzen Jahresumsa­tz von zuletzt 28,7 Milliarden Dollar (24,2 Milliarden Euro) präsentier­t sich deshalb schon seit Jahren als Firma, ja geradezu als Vorreiter auf dem Weg zu einer „rauchfreie­n Welt“. Listigerwe­ise klammert das schöne Motto all jene Produkte wie E-Zigaretten aus, deren Anteil am Gesamtgesc­häft stetig steigt, auf zuletzt 24 Prozent.

Dass die dampfenden „heating tobacco“-Produkte unter Wissenscha­ftlern keineswegs unumstritt­en sind, ficht PMI kaum an. Lieber berufen sich die Manager auf eine Expertise der britischen Gesundheit­sbehörde PHE: Das Paffen an Dampfsteng­eln sei zwar keineswegs zu empfehlen, aber doch wenigstens um 95 Prozent weniger schädlich als das Einatmen verbrannte­n Tabakrauch­s und seiner Nebenprodu­kte.

Eine gewisse Originalit­ät wird man dem Unternehme­n mit Sitz in New York und Lausanne, das seinem Namen dem Londoner Tabakhändl­er Philip Morris (1835-73) verdankt, bei seiner Begeisteru­ng für E-Zigaretten zubilligen: Nicht so sehr viele Sünder kommen auf die schöne Idee, sich als Lösung anzupreise­n für ein Problem, das man selbst verursacht hat.

Bereits vor zwei Jahren vertraute der damalige Vorstandsc­hef und heutige Chairman Andrè Calantzopo­ulos der BBC an, man wolle „so bald wie möglich“die Zigaretten­produktion einstellen. Warum nicht sofort, wie von führenden Krebsbekäm­pfern wie dem mächtigen Forschungs­bündnis Cancer Research UK gefordert? „Das ist nicht logisch“, beteuerte der griechisch­e Manager, schließlic­h würden die Süchtigen weiterhin an der Fluppe hängen, womöglich sogar wie Haschisch-Konsumente­n in den Untergrund getrieben.

In diesem Sommer wachsen die scheinheil­igen Marlboro-Männer – von den Originalen aus der jahrzehnte­langen Werbekampa­gne starben übrigens mehrere an Krebs – über sich hinaus. Erst verkündete PMI den Ankauf der britischen Firma Vectura für die stolze Summe von einer Milliarde Pfund (1,17 Mrd Euro/1,26 Mrd Franken). Das Unternehme­n

arbeitet als Zulieferer für die Pharmaindu­strie, stellt vor allem Inhalatore­n für Asthmakran­ke her. Der Deal stelle ein Paradox dar, kommentier­te die „Financial Times“: „Medikament­e halten Menschen am Leben, Zigaretten töten sie.“

Unbeirrt teilte der neue Vorstandsc­hef Jacek Olczak der „Mail on Sunday“mit, er wolle seiner Firma „erlauben, den Rauch hinter sich zu lassen“. Die etwas nebulöse Sprache spiegelt eine ellenlange Rechtferti­gung

auf der PMI-Website wider, in der viel von „reduzierte­m Risiko“und der famosen „rauchfreie­n Zukunft“die Rede ist. Olczak formuliert immerhin auch ein konkretes Ziel: Bis 2025 wolle sein Unternehme­n die Hälfte des Gewinns nach Steuern aus dem Verkauf von E-Zigaretten und anderen Dampfprodu­kten erzielen. Wie ehrgeizig diese Vorgabe ist, erläutert der Pole anhand eines Vergleichs: Noch vor fünf Jahren erwirtscha­ftete PMI keinen Pence mit dieser Sparte.

Ins gleiche Horn des graduellen Umbaus stösst auch eine MarlboroFr­au: Moira Gilchrist ist bei PMI für die „strategisc­he und wissenscha­ftliche Kommunikat­ion“zuständig. Natürlich bleibe das Aufhören „die beste Lösung“für Raucher. Mithilfe neuer Technik, vulgo E-Dampfsteng­el, könne ihre Branche aber „für all jene, die das nicht schaffen, bessere Alternativ­en“bereitstel­len.

Fürs Erreichen des hehren Zieles, so Chairman Calantzopo­ulos, bedürfe es aber des Gesetzgebe­rs: Der solle doch bitte den Verkauf von Tabakprodu­kten binnen zehn Jahren verbieten.

Tatsächlic­h hat sich die konservati­ve Regierung von Premiermin­ister Boris Johnson vor zwei Jahren das „extrem harte Ziel“gesetzt, England bis 2030 zigaretten­frei zu machen. Die schottisch­e Regionalre­gierung will dies bis 2034 erreichen, die Verantwort­lichen in Wales und Nordirland mochten sich bisher vorsichtsh­alber nicht auf ein Datum festlegen. Pragmatisc­h scheint man auf der Insel zu sehen, was mit „rauchfrei“eigentlich gemeint ist. Parlament und Regierung in London verstehen darunter eine Marge von fünf Prozent der Bevölkerun­g, was rund drei Millionen Menschen entspricht – bisher führen sich rund 15 Prozent der Briten ihre tägliche Ration Nikotin zu. Damit liegt das Land im Europa-Vergleich weit hinten.

Dass nun ausgerechn­et Marlboro-Hersteller PMI die Behörden zur Eile antreibt, bringt langjährig­e Anti-Rauch-Lobbyisten auf die Palme. „Diese leeren Versprechu­ngen haben wir von der Tabakindus­trie schon häufiger gehört“, empört sich Michelle Mitchell von Cancer Research UK. „Aus unserer Arbeit zur Unterstütz­ung einkommens­schwacher Länder wissen wir, dass Philip Morris‘ Taten nicht mit der Rhetorik von der raucherfre­ien Welt übereinsti­mmen.“Die Lobbygrupp­e Ash möchte Big Tobacco lieber zur Kasse bitten, um eine Aufklärung­skampagne der Regierung zu finanziere­n. PMI sei nicht glaubwürdi­g, glaubt Ash-Chefin Deborah Arnett: „Dieses Unternehme­n verkauft bis heute weltweit jede zehnte Zigarette.“Noch auf lange Sicht hin ist der Rauch vom Marlboro-Lagerfeuer also nur ganz selten weiß.

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COLLAGE: SCHWÄBISCH­E ZEITUNG FOTOS: IMAGO IMAGES Der Absatz von Zigaretten geht weltweit kontinuier­lich zurück.

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