Nach Partys jetzt auch Gewalt im Lindenhofpark
Der Ort wird bei Jugendlichen immer beliebter – nach Prügelattacken will die Polizei offensiver vorgehen
- Der Lindenhofpark hat sich zum beliebten Treffpunkt für feiernde Jugendliche entwickelt – das bringt Probleme mit sich. Die Partynächte gipfelten vergangene Woche in heftigen Prügelattacken mit Verletzten. Die Polizei will dort jetzt offensiver auftreten.
Er sei doch überrascht gewesen über diese Gewaltbereitschaft, sagt Kriminalhauptkommissar Bernhard Merkel, vier Tage nach den Angriffen im Lindenhofpark mit mehreren Verletzten. Das ist passiert: Es ist der vergangene Donnerstagabend, viele junge Lindauer feiern den Ferienbeginn. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem laut Polizei eine Gruppe aus zehn bis 15 jungen Personen durch den Lindenhofpark zieht und mehrmals, wohl grundlos, auf andere Jugendliche einschlägt.
Ein 18 und ein 17-Jähriger werden bei den Angriffen besonders hart getroffen. Ihnen wird gegen den Kopf geschlagen und getreten, auch dann noch, als sie schon am Boden liegen. Der 17-Jährige musste noch am Abend ins Krankenhaus, wegen des Verdachts auf ein gebrochenes Jochbein.
„Der Anfangsverdacht des versuchten Tötungsdelikts ist wegen der Gewalteinwirkung gegen den Kopf gegeben, und auch weil die Opfer teilweise bereits am Boden lagen. Deswegen wurde die Kriminalpolizei eingeschaltet“, erklärt Bernhard Merkel.
Er und seine Kollegen hätten jedoch immer noch kaum Informationen über die Tätergruppe. Merkel hofft auf Zeugen oder Bild- und Videomaterial aus der Tatnacht. Der Kriminalpolizist betont, dass die Aggression wohl nicht von den feiernden Lindauer Schülerinnen und Schülern ausging und es Anhaltspunkte gebe, dass die Schläger nicht aus Lindau, sondern aus BadenWürttemberg stammen.
Der Lindenhofpark entwickelt sich nun schon seit einigen Monaten zu einem Haupttreffpunkt für feiernde Lindauer Jugendliche, immer wieder gab es Auseinandersetzungen zwischen den jungen Leuten und mit Anwohnern. Dietlind Castor wohnt in der Villa Lindenhof, gleich neben den Friedensräumen – sie sagt, dass die Anzahl der Feiernden und die Lautstärke in diesem Sommer deutlich zugenommen habe. Dass sich Jugendliche im Park treffen, das verstehe sie ja noch.
Die lauten Musikboxen und die Müllberge – dafür habe sie jedoch kein Verständnis. Erst am vergangenen Wochenende habe eine Gruppe junger Männer direkt vor ihrer Haustür Schutz vor dem Regen gesucht, getrunken und gefeiert, so Castor. Bei Dunkelheit gehe sie gar nicht mehr durch den Park. Es sei eindeutig festzustellen, dass immer mehr Jugendliche zum Feiern in den Lindenhofpark kommen, sagt auch Polizeichef Thomas
Steur. „Das kann daran liegen, dass die Hintere Insel nicht mehr genutzt werden kann – aber ich weiß es nicht.“In den letzten Monaten habe es im Lindenhofpark auch immer wieder kleinere Konflikte gegeben. Das sei jedoch alles in einem erwartbaren Rahmen gewesen, wenn wie derzeit 300 bis 400 Menschen in einem Park zusammenkommen, so Steur. Die Prügelattacke vom vergangenen Donnerstag war laut dem Polizeichef das erste Mal, dass es richtig eskaliert ist – „und wir werden dagegensteuern“. Die Polizei werde in den kommenden Wochen offensiver auftreten, mehr Präsenz im Lindenhofpark zeigen, und die Jugendlichen
häufiger aufklären, stellte Steur in Aussicht. Für Anwohnerin Dietlind Castor kommt der Kurswechsel zu spät. Sie meint, dass unter anderem immer mehr Jugendliche in den Park kommen, weil diese merkten, dass sie hier unbehelligt sind. Wurde also bisher zu wenig kontrolliert? Steur winkt ab. Die Polizei könne dort nicht einen ständigen Posten beziehen – und ausgerechnet dann vor Ort zu sein, wenn derartige Gewalt passiert, gleiche der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Steur hält nichts davon, diesen einen schlimmen Vorfall zu hoch zu hängen und das Verhalten aller Jugendlichen zu kritisieren: „Man muss das realistisch sehen, solche Eskalationen gibt es überall einmal.“
Auch Theresa Berschl von der Freien Jugendarbeit sagt, dass Schlägereien leider immer mal wieder vorkommen. „Die Polizei sollte jetzt nur gucken, dass man herausfindet, was für eine Gruppe das war, und wie das zustande kam.“Denn über diese grundlosen und heftigen Attacken ist auch die Jugendarbeit überrascht – für Berschl fällt die Angreifergruppe voll aus dem Raster.
Bei den Jugendlichen, mit denen die Jugendarbeit zu tun hat, habe Berschl kein gesteigertes Gewaltpotenzial erkannt. An anderen Orten in der Stadt würden Jugendliche auch Alkohol trinken und sie habe noch von keinen Gewaltausbrüchen mitbekommen. Es sei wichtig, den Großteil der Jugendlichen nicht aus den Augen zu verlieren, die in einem angemessenen Rahmen feiern und trinken.
Das, was im Lindenhofpark derzeit passiere und in den Prügelattacken gipfelte, geschehe laut Berschl auch, weil mehr Jugendliche gezwungen sind, an weniger Orten im Stadtgebiet zusammenzukommen. Nur weil das Jugendhaus X-tra wieder geöffnet sei, ist laut Berschl die Frage nach Plätzen für Jugendliche in der Stadt noch nicht beantwortet.
Die Polizei bittet Zeugen der Prügelattacken um Hinweise und sucht nach Foto- und Videomaterial der Angriffe. Zu erreichen ist die Polizei unter 08382 / 91 00