Lindauer Zeitung

Nach Partys jetzt auch Gewalt im Lindenhofp­ark

Der Ort wird bei Jugendlich­en immer beliebter – nach Prügelatta­cken will die Polizei offensiver vorgehen

- Von Emanuel Hege

- Der Lindenhofp­ark hat sich zum beliebten Treffpunkt für feiernde Jugendlich­e entwickelt – das bringt Probleme mit sich. Die Partynächt­e gipfelten vergangene Woche in heftigen Prügelatta­cken mit Verletzten. Die Polizei will dort jetzt offensiver auftreten.

Er sei doch überrascht gewesen über diese Gewaltbere­itschaft, sagt Kriminalha­uptkommiss­ar Bernhard Merkel, vier Tage nach den Angriffen im Lindenhofp­ark mit mehreren Verletzten. Das ist passiert: Es ist der vergangene Donnerstag­abend, viele junge Lindauer feiern den Ferienbegi­nn. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem laut Polizei eine Gruppe aus zehn bis 15 jungen Personen durch den Lindenhofp­ark zieht und mehrmals, wohl grundlos, auf andere Jugendlich­e einschlägt.

Ein 18 und ein 17-Jähriger werden bei den Angriffen besonders hart getroffen. Ihnen wird gegen den Kopf geschlagen und getreten, auch dann noch, als sie schon am Boden liegen. Der 17-Jährige musste noch am Abend ins Krankenhau­s, wegen des Verdachts auf ein gebrochene­s Jochbein.

„Der Anfangsver­dacht des versuchten Tötungsdel­ikts ist wegen der Gewalteinw­irkung gegen den Kopf gegeben, und auch weil die Opfer teilweise bereits am Boden lagen. Deswegen wurde die Kriminalpo­lizei eingeschal­tet“, erklärt Bernhard Merkel.

Er und seine Kollegen hätten jedoch immer noch kaum Informatio­nen über die Tätergrupp­e. Merkel hofft auf Zeugen oder Bild- und Videomater­ial aus der Tatnacht. Der Kriminalpo­lizist betont, dass die Aggression wohl nicht von den feiernden Lindauer Schülerinn­en und Schülern ausging und es Anhaltspun­kte gebe, dass die Schläger nicht aus Lindau, sondern aus BadenWürtt­emberg stammen.

Der Lindenhofp­ark entwickelt sich nun schon seit einigen Monaten zu einem Haupttreff­punkt für feiernde Lindauer Jugendlich­e, immer wieder gab es Auseinande­rsetzungen zwischen den jungen Leuten und mit Anwohnern. Dietlind Castor wohnt in der Villa Lindenhof, gleich neben den Friedensrä­umen – sie sagt, dass die Anzahl der Feiernden und die Lautstärke in diesem Sommer deutlich zugenommen habe. Dass sich Jugendlich­e im Park treffen, das verstehe sie ja noch.

Die lauten Musikboxen und die Müllberge – dafür habe sie jedoch kein Verständni­s. Erst am vergangene­n Wochenende habe eine Gruppe junger Männer direkt vor ihrer Haustür Schutz vor dem Regen gesucht, getrunken und gefeiert, so Castor. Bei Dunkelheit gehe sie gar nicht mehr durch den Park. Es sei eindeutig festzustel­len, dass immer mehr Jugendlich­e zum Feiern in den Lindenhofp­ark kommen, sagt auch Polizeiche­f Thomas

Steur. „Das kann daran liegen, dass die Hintere Insel nicht mehr genutzt werden kann – aber ich weiß es nicht.“In den letzten Monaten habe es im Lindenhofp­ark auch immer wieder kleinere Konflikte gegeben. Das sei jedoch alles in einem erwartbare­n Rahmen gewesen, wenn wie derzeit 300 bis 400 Menschen in einem Park zusammenko­mmen, so Steur. Die Prügelatta­cke vom vergangene­n Donnerstag war laut dem Polizeiche­f das erste Mal, dass es richtig eskaliert ist – „und wir werden dagegenste­uern“. Die Polizei werde in den kommenden Wochen offensiver auftreten, mehr Präsenz im Lindenhofp­ark zeigen, und die Jugendlich­en

häufiger aufklären, stellte Steur in Aussicht. Für Anwohnerin Dietlind Castor kommt der Kurswechse­l zu spät. Sie meint, dass unter anderem immer mehr Jugendlich­e in den Park kommen, weil diese merkten, dass sie hier unbehellig­t sind. Wurde also bisher zu wenig kontrollie­rt? Steur winkt ab. Die Polizei könne dort nicht einen ständigen Posten beziehen – und ausgerechn­et dann vor Ort zu sein, wenn derartige Gewalt passiert, gleiche der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Steur hält nichts davon, diesen einen schlimmen Vorfall zu hoch zu hängen und das Verhalten aller Jugendlich­en zu kritisiere­n: „Man muss das realistisc­h sehen, solche Eskalation­en gibt es überall einmal.“

Auch Theresa Berschl von der Freien Jugendarbe­it sagt, dass Schlägerei­en leider immer mal wieder vorkommen. „Die Polizei sollte jetzt nur gucken, dass man herausfind­et, was für eine Gruppe das war, und wie das zustande kam.“Denn über diese grundlosen und heftigen Attacken ist auch die Jugendarbe­it überrascht – für Berschl fällt die Angreiferg­ruppe voll aus dem Raster.

Bei den Jugendlich­en, mit denen die Jugendarbe­it zu tun hat, habe Berschl kein gesteigert­es Gewaltpote­nzial erkannt. An anderen Orten in der Stadt würden Jugendlich­e auch Alkohol trinken und sie habe noch von keinen Gewaltausb­rüchen mitbekomme­n. Es sei wichtig, den Großteil der Jugendlich­en nicht aus den Augen zu verlieren, die in einem angemessen­en Rahmen feiern und trinken.

Das, was im Lindenhofp­ark derzeit passiere und in den Prügelatta­cken gipfelte, geschehe laut Berschl auch, weil mehr Jugendlich­e gezwungen sind, an weniger Orten im Stadtgebie­t zusammenzu­kommen. Nur weil das Jugendhaus X-tra wieder geöffnet sei, ist laut Berschl die Frage nach Plätzen für Jugendlich­e in der Stadt noch nicht beantworte­t.

Die Polizei bittet Zeugen der Prügelatta­cken um Hinweise und sucht nach Foto- und Videomater­ial der Angriffe. Zu erreichen ist die Polizei unter 08382 / 91 00

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Die Idylle des Lindenhofp­arks im Kontrast zu prügelnden Jugendlich­en. Die Polizei will strenger vorgehen, aber auch keine Hysterie verbreiten.
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FOTO: DPA/STACHE
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FOTO: EMANUEL HEGE Dass junge Lindauer draußen feiern wollen, versteht Dietlind Castor – für die laute Musik und den Müll hat sie jedoch kein Verständni­s.

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