Lindauer Zeitung

Brisante Handy-Nachricht mit Folgen

25-jähriger Oberallgäu­er bestreitet, Hitler-Video verschickt zu haben

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(lw) - Weil er ein Video einer Hitler-Rede an seine Freunde per WhatsApp verschickt haben soll, steht ein 25-jähriger Oberallgäu­er nun vor dem Kemptener Amtsgerich­t. Angeklagt wegen der Verwendung von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen, äußerte sich der Mann schriftlic­h über seinen Anwalt. Er sei „nicht rechtsradi­kal“und was unter den Freunden verschickt werde, seien lediglich „schmutzige Witze und deftige Sprüche, aber nichts mit volksverhe­tzendem Hintergrun­d.“

Auch für die Verbreitun­g des besagten Videos, das Adolf Hitler bei einer Wahlrede in Uniform zeigt, will der 25-Jährige nicht verantwort­lich sein. Im Mai 2019, als die Nachricht verschickt wurde, habe er sein Handy verliehen gehabt. Als Besitzer der Mobiltelef­onnummer war trotz allem er eingetrage­n.

Wer das Video nun tatsächlic­h verbreitet hat? Diese Frage stellte auch Richter Sebastian Kühn. Zur Anzeige kam es laut einer Polizeibea­mtin, die in dem Fall ermittelt hat und als Zeugin aussagte, weil der Beschuldig­te der Anschlussi­nhaber ist. Auf das Video sowie die Daten des Oberallgäu­ers stießen die Beamten in einem anderen Verfahren.

Die Inhalte des sichergest­ellten Chats sollen nun noch einmal überprüft werden. So soll sich zeigen, ob der 25-Jährige selbst das Hitler-Video und andere volksverhe­tzende Inhalte verschickt hat. Weitere Ermittlung­en aufzunehme­n, ist laut der Staatsanwa­ltschaft Kempten gängige Praxis in diesen Fällen.

Oft würden Menschen unüberlegt strafbare Inhalte verbreiten, sagte Pressespre­cher der Polizei Schwaben Süd/West Dominic Geißler auf Anfrage unserer Redaktion. „Man muss aber mit Konsequenz­en rechnen.“Neben volksverhe­tzenden und rechtsradi­kalen Inhalten würden oft kinderporn­ografische Bilder und Videos über WhatsApp oder Telegram verbreitet.

Bei der Verbreitun­g von volksverhe­tzenden Inhalten über das Internet gab es 2020 laut Geißler sieben Fälle im Oberallgäu und sechs Fälle in Kempten. Was die Verbreitun­g von Kinderporn­ografie betrifft, wurden sieben Fälle im Oberallgäu und 14 in Kempten verfolgt. Im Einsatzgeb­iet der Polizei Schwaben Süd/West sei die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 90 Fälle gestiegen. „Sogar in Chats von Schulklass­en werden kinderporn­ografische Inhalte verschickt.“

Doch nicht erst das Weiterleit­en solcher Inhalte ist strafbar. Geißler sagt: „Wer ein solches Bild oder Video auf seinem Handy hat, begeht eine Straftat.“Der Polizeispr­echer empfiehlt deshalb, automatisc­hes Herunterla­den für den jeweiligen Messengerd­ienst abzustelle­n. Außerdem rät Geißler, fragwürdig­e Inhalte vom Mobiltelef­on zu löschen und sich aktiv zu distanzier­en – also zum Beispiel zu schreiben, dass man keinen Schund bekommen will. Dem Angeklagte­n droht bei einer Verurteilu­ng eine Freiheitss­trafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

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