Luftfilter, Lüftung oder einfach nur lüften?
SPD und Linke fordern Luftfilter an den Schulen des Landkreises Lindau – Verwaltung hat andere Vorschläge
- Über mobile Luftfiltergeräte wird viel diskutiert. SPD und Linke im Lindauer Kreistag fordern, dass die Schulen des Landkreises damit ausgestattet werden – doch Landrat Elmar Stegmann (CSU) sieht die Anschaffung kritisch. Die Debatte im Kreisausschuss am Donnerstag, 5. August, könnte hitzig werden.
Es stehen verschiedene Möglichkeiten im Raum. Eine Option ist, dass es so weitergeht wie bisher: Mit konsequentem Lüften, wenn die CO2Ampeln anzeigen, dass die Luftqualität im Klassenzimmer nachlässt. Auch andere Hygienevorkehrungen, etwa Selbsttests und das Tragen von FFP2-Masken, würden weiter gelten. Eine andere Möglichkeit wäre es, die Räume am Bodensee-Gymnasium, die sich nicht in ausreichendem Maße lüften lassen, mit neuen Fenstern auszustatten. Darüber hinaus könnte an allen drei Gymnasien eine feste Lüftungsanlage eingebaut werden – entweder in den 22 Klassenräumen der fünften und sechsten Klassen oder in den kompletten Schulen. Und dann könnte der Landkreis noch mobile Luftfiltergeräte beschaffen.
Über die Geräte, die auch Viren aus der Raumluft filtern sollen, wird derzeit überall diskutiert. Dass Landrat Elmar Stegmann eine solche Anschaffung kritisch sieht, hat er bereits in einer Pressemitteilung Anfang Juli deutlich gemacht. Darin schrieb er unter anderem, dass es bislang noch zu wenige Daten über die Wirksamkeit solcher Geräte gebe. Er befürchte, dass der Einsatz dieser Technik womöglich nur Kosmetik sei, die fast nichts bringe, stattdessen aber ein falsches Gefühl von Sicherheit vermitteln.
Anders sehen das Linken-Kreisrat Karl Schweizer und die SPD-Kreistagsfraktion. Karl Schweizer schrieb schon Mitte Juli in einem Brief an Landrat Elmar Stegmann, dass der Kreis für seine Schulen dringend wirksame Luftreinigungsgeräte anschaffen sollte. Sie hätten sich in Bayern und Baden-Württemberg bereits als ein hilfreicher Baustein des Infektionsschutzes bewährt. Schweizer schreibt: „Wir sind uns sicher einig, dass die öffentliche Hand alles in ihrer Macht liegende unternehmen muss, damit ab September 2021 so lange wie möglich Unterricht in den Schulräumen stattfinden kann.“
Während der Einfluss der öffentlichen Hand auf die Impfwilligkeit der Menschen nur von begrenzter Effektivität sei, sei dies bei der Anschaffung von Luftfilteranlagen für die Schulräume genau anders herum. „Hier kann der Staat effektiv handeln“, schreibt er. Deshalb bitte er darum, dass die Kreisverwaltung den Haushalt nochmal durchforstet und Geld so umschichtet, dass die Anschaffung der Geräte möglich ist.
Auch die SPD-Fraktion im Kreistag sieht Handlungsbedarf. Sie hat einen Antrag gestellt, dass in der nächsten Kreisausschusssitzung oder im Kreistag über wirksame Luftfilter gesprochen wird. Die Fraktion will von der Verwaltung wissen, wie viele Filtergeräte noch benötigt werden, was das kostet und wie lange die Beschaffung und Installation dauern würde.
„Es muss nun höchste Priorität sein, sämtliche zum Infektionsschutz nötigen Präventionsmaßnahmen – und dazu gehören wirksame Luftfilter – konsequent bis zum Schuljahresbeginn einzuleiten, um einen kontinuierlichen Präsenzunterricht zu gewährleisten, um das Kindeswohl nicht weiter zu gefährden und Familien in Krisen zu führen“, heißt es in der E-Mail, die Kreisrätin Rose Eitel-Schmid an den Landrat geschickt hat. „Da es bislang leider in Deutschland immer noch keine klaren flächendeckenden Konzepte gibt, sehen wir uns als Kommunalpolitiker in der Pflicht, intensiv dafür zu sorgen, dass wenigstens unsere Schulen im Landkreis baldmöglichst mit effizienten Filtern ausgestattet werden“, schreibt sie.
Das Thema ist jetzt auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Kreisausschusses gelandet. Wie die Verwaltung in den Sitzungsunterlagen schreibt, hat der Landkreis bereits 300 CO2-Ampeln und 30 Luftreinigungsgeräte für die Klassenräume beschafft. Insgesamt seien inzwischen rund 120 der 350 Klassenräume entweder mit einem Luftreinigungsgerät oder mit einer Lüftungsanlage ausgestattet. „Folglich stünden aktuell mindestens 230 mobile Luftreinigungsgeräte zur Beschaffung für die Schulen des Landkreises an“, heißt es. Die Gesamtkosten werden auf 950 000 Euro bis 1,84 Millionen Euro geschätzt.
Allerdings heißt es in der Sitzungsvorlage auch, dass pro Standard-Klassenraum in der Regel ein
Luftfiltergerät nicht ausreichen werde, um die Luft in ausreichendem Maße umzuwälzen. Je nach Leistung seien zwei oder vier Geräte erforderlich. Die Verwaltung weist außerdem darauf hin, dass die Geräusche, die die Luftfilter machen, den empfohlenen Lärmpegel für Klassenräume überschreiten – den empfohlenen Höchstwert für Großraumbüros aber gerade noch einhalten können. Außerdem sei mit laufenden Verbrauchsund Wartungskosten zu rechnen. Die Kreisverwaltung empfiehlt eher den Einbau von kontrollierten Be- und Entlüftungsanlagen.
Eine Machbarkeitsstudie des Lindauer Ingenieurbüros Moritz Löhr habe ergeben, dass das an den drei Gymnasien möglich ist. Dafür sind im Haushalt 2021 und 2022 gut zwei Millionen Euro eingestellt. Allerdings seien die Kosten aufgrund von Preissteigerungen bei bestimmten Bauteilen um etwa ein Drittel auf rund 3,12 Millionen Euro gestiegen. Diese Investition werde aber vom Bund bezuschusst. Nur beim beruflichen Schulzentrum rät die Kreisverwaltung vom Einbau einer solchen Anlage ab, weil der Kreistag bereits den Neubau des Schulzentrums beschlossen hat.
Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, am Bodensee-Gymnasium in den Räumen neue Fenster einzubauen, in denen optimales Lüften aktuell nicht möglich ist. Die Kostenschätzung für diese Variante beläuft sich auf 350 000 Euro.
Am Ende gibt es in der Sitzungsvorlage noch einen fett gedruckten Appell an die Kreisräte: „Bei der abschließenden Entscheidung zu dieser schwierigen Thematik durch den Kreisausschuss sollte aus Sicht der Verwaltung einer an der Vernunft orientierten, nachhaltigen Lösung der Vorrang vor einer auf rein emotionaler Argumentation basierenden Lösung eingeräumt werden.“
Der Kreisausschuss des Lindauer Kreistags debattiert am Donnerstag, 5. August, über das Thema. Die Sitzung im Rokokosaal beginnt um 14 Uhr.