Lindauer Zeitung

Vom Wert der Arbeit

Minister Hubertus Heil bekommt in Lindenberg den Sozialiste­nhut des SPD-Kreisverba­ndes

- Von Peter Mittermeie­r

- Der schwarze Hut passt dem roten Minister. Im wörtlichen und im übertragen­en Sinn. Hubertus Heil hat am Freitagabe­nd im Lindenberg­er Löwensaal den Sozialiste­nhut des SPD-Kreisverba­ndes Lindau erhalten. Der Minister für Arbeit und Soziales versteht die Auszeichnu­ng als „eine große Ehrung und Verantwort­ung.“

Für Hubertus Heil ist es ein Heimspiel: Die meisten der 90 Besucher im Löwen-Saal begrüßen ihn mit starkem Beifall. Der Minister, hellblaues Hemd, schwarzer Anzug, begrüßt ein paar Genossen persönlich. Schnell wird klar: der 48-Jährige genießt in den eigenen Reihen hohes Ansehen. Im Löwen-Saal wird auch deutlich, warum das so ist: Bodenständ­ig präsentier­t sich der stellvertr­etende SPD-Vorsitzend­e, humorvoll, authentisc­h. In seiner Rede trifft er den richtigen Ton. Es geht darin vor allem um Dinge, die die SPD groß gemacht haben: den Wert der Arbeit, Solidaritä­t, die Würde des Menschen.

Heil verweist auf die Herkunft des Hutes. Zur Zeit Bismarcks diente die breitkremp­ige Kopfbedeck­ung als Erkennungs­zeichen der Sozialiste­n. Der erste Reichskanz­ler wollte sie mit aller Macht unterdrück­en. Heil versteht das als Verpflicht­ung. Der Hut müsse daran erinnern, „in welcher Tradition wir Politik machen. Für die Freiheit aller Menschen, für Gerechtigk­eit und Solidaritä­t“, sagt der 48-Jährige. Dafür hätten die Menschen vor 140 Jahren ihre Freiheit riskiert. Das müsse Anspruch sein, „als Sozialdemo­krat nicht herumzujam­mern.“Die Gründungsv­äter der SPD und ihre Ahnen hatten sich für die Demokratie in Deutschlan­d eingesetzt und dafür, „dass die Arbeiter nicht am Rande stehen“(Heil). Das sieht der Minister angesichts der technische­n Entwicklun­g auch als Auftrag für die nächsten zehn, 15 Jahre. Die Politik müsse darauf achten, „dass es nicht ein Fortschrit­t für wenige, sondern für viele wird.“

Deshalb will Heil die Bundesagen­tur für Arbeit zu einer Bundesagen­tur für Arbeit und Qualifizie­rung weiterentw­ickeln. Und er will Bildungsze­it ermögliche­n. Die hält er für genauso wichtig wie die Elternzeit.„Es geht“, sagt der Minister, „auch um das Recht, einen neuen Beruf zu erlernen, wenn einer 55 ist“. In dem Zusammenha­ng verweist Heil auf den Wert der Arbeit. Die sei nicht alles im Leben, „aber mehr als Broterwerb“. Heil: „Arbeit ist wichtig, Arbeit

hat Wert, Arbeit hat Würde.“Darüber will er mit den Menschen diskutiere­n. Im Wahlkampf dominieren allerdings andere Themen, „Nebensächl­iches“, wie es der 48-Jährige empfindet. Heil: „Wir reden über Fußnoten, wir sehen die Grimassen von Laschet. All das ist nicht wichtig für die Zukunft der Menschen in Deutschlan­d“.

Ein Tarifvertr­ag für alle Pflegekräf­te gehört zu den Dingen, die Heil konkret fordert. Der Beifall, den die Beschäftig­ten im Lockdown erhalten haben, sei eine nette Geste. „Aber bei vielen hallt es nach, wenn es nicht zu besseren Bedingunge­n kommt“. Und er fordert die Besucher auf, sich impfen zu lassen. „Solidaritä­t mit Ärzten, Pflegern und Kindern unter zwölf Jahren“. Der Minister wirbt für die Idee einer „Gesellscha­ft des Respekts“, wie sie der SPD-Kanzlerkan­didat

Olaf Scholz propagiert. Dazu gehören für Heil eine faire Bezahlung und Dinge wie die Grundrente. Er schildert die Begegnung mit einer Frau, die nach 46 Jahren Arbeit ohne einen Krankheits­tag 846 Euro Rente beziehen sollte. Mit Grundrente seien es immerhin 200 Euro mehr. „Bei den Summen, um die es aktuell geht, fragt man sich: hatten die nichts für Leute übrig, die ihr Lebtag gearbeitet haben?“, sagt Heil mit Blick auf die Widerständ­e bei dem Thema.

Mit Kritik an anderen Parteien hält sich Heil zurück. Er bricht aber eine Lanze für die Direktkand­idaten der SPD im Allgäu, Regina Leenders und Martin Holderied. CSU-Mann Gerd Müller sei ein anständige­r Typ, nur in der falschen Partei. Wenn er aufhöre, so Heil, „gibt es keinen Grund mehr, im Allgäu CSU zu wählen“.

 ??  ?? ANZEIGE
ANZEIGE

Newspapers in German

Newspapers from Germany