Deshalb gibt es Tornados auch am Bodensee
Kleine Wasserhose hat für ein Naturschauspiel gesorgt – Wetterexperte Roland Roth klärt auf
(big/sz) - An Wetterkapriolen mangelt es in diesem Sommer nicht – auch und gerade am Bodensee. Wie auch spektakuläre Bilder von zwei „Wasserhosen“zeigen, die ein Passagier auf der Fähre Friedrichshafen-Romanshorn und andere Spaziergänger am Ufer am Sonntag gemacht haben. Das steckt hinter diesen kleinen Tornados.
Ein Naturschauspiel, das man nicht oft zu sehen bekommt. Stimmt – und stimmt doch nicht, wie Wetterexperte Roland Roth von der Wetterwarte Süd aus Bad Schussenried klarstellt. „Wasserhosen über dem Bodensee sind nichts Ungewöhnliches“, sagt er.
„Die gab es schon immer und wird es auch immer geben, bei uns fast in jedem August.“Wasserhosen gehören demnach – wie „Windhosen“über Land – zur Kategorie der Tornados, von denen es allerdings unterschiedliche Klassifikationen gebe.
Eine Wasserhose entstehe, wenn bei vergleichsweise hoher Wassertemperatur kalte und feuchte Luftmassen auf labile Luft am Boden, also auf der Wasseroberfläche treffen, so Roth. Die warme Luft beginne dann aufzusteigen und zu rotieren. So wie in den vergangenen Tagen und Wochen, als mehrere Schauer und Gewitter über den Bodensee zogen.
„Wasserhosen sind nichts anderes als Tornados über Gewässern. Die schlauchförmigen Wirbelstürme entstehen aus kräftigen Schauern und Gewittern und reichen bis zur Wasseroberfläche“, erklärt der Experte.
Typisch für solche Windhosen ist, dass sie sich durchgehend vom Boden bis zur Wolkenuntergrenze erstrecken. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten solcher Windhosen wird durch den ständigen Wechsel von heißer und kalter Luft begünstigt. Ist es durchgehend heiß, treten sie seltener auf.
„Ein stärkerer Tornado war vor einigen Jahren in Kressbronn-Gohren“, weiß Roland Roth. 1968 habe man in Pforzheim einen schweren Tornado zu vermelden gehabt, in der jüngeren Vergangenheit seien in Augsburg zwei Tornados auszumachen gewesen. „Das kommt auch in Deutschland immer wieder mal vor“, so Roth. Allerdings seien die Windund Wasserhosen hierzulande nicht mit den Tornados in den USA zu vergleichen. Verantwortlich dafür seien auch die Alpen, die „wie ein Bollwerk quer zur Nord-Süd-Windrichtung“liegen. Ganz im Gegensatz zu den Rocky Mountains, die in Längsrichtung liegen – und deshalb die Luft aus Kanada ungehindert in den Süden strömen lassen. Die Tornados treten auf dem Bodensee immer wieder auf, häufig unbemerkt, da das Schauspiel oft nur wenige Sekunden andauert. Sobald eine Wasserhose auf Land trifft, stirbt sie ab.
Online werden die Phänomene übrigens unter anderem im „Sturmarchiv Schweiz“gesammelt und dokumentiert. Die erste erfasste Wasserhose auf dem Bodensee ist dort auf den 26. Juni 1833 datiert. Vor Konstanz kam es damals zur Sichtung zweier solcher Tornados.