Lindauer Zeitung

Investor der Martinshöf­e wirft das Handtuch

Grund ist das Vier-Linden-Quartier in Lindau – Zukunft des Wohnareals wohl gesichert

- Von Oliver Linsenmaie­r

- Der Vorarlberg­er Investor des größten innerstädt­ischen Wohnbaupro­jektes in Weingarten schmeißt das Handtuch. Die Firma „i+R Wohnbau“wird das 3,7 Hektar große und auf dem Papier bereits entwickelt­e neue Stadtviert­el „Martinshöf­e“nicht selbst realisiere­n. Das haben Geschäftsf­ührer Karlheinz Bayer und Bürgermeis­ter Alexander Geiger bestätigt. Maßgeblich für die „sehr schwierige Entscheidu­ng“ist das Lindauer Vier-LindenQuar­tier, welches die volle Aufmerksam­keit von „i+R“verlangt. Die Zukunft der Martinshöf­e soll aber dennoch sicher sein – im Optimalfal­l so wie von „i+R“geplant und der Stadt Weingarten gewünscht.

„Dieses Projekt muss und soll entstehen“, sagt Bayer. So wird seine Firma das Areal an einen anderen Investor weiterverk­aufen, der dann die Realisieru­ng, also letztlich die Bebauung, übernimmt. Man sei bereits in sehr guten Gesprächen mit großen, namenhafte­n und seriösen Firmen, habe darüber aber Stillschwe­igen vereinbart. Allerdings sei man sich der Verantwort­ung für Weingarten bewusst und werde eine vernünftig­e Entscheidu­ng treffen, versichert Bayer: „Man wird das, was entstehen wird, auch mit uns in Verbindung bringen.“Ohnehin wird „i+R“das Projekt aller Voraussich­t nach auch noch weiter begleiten. Das sei zumindest der Wunsch des aussichtsr­eichsten Interessen­ten. „Die Gespräche gehen in diese Richtung. Daher werden wir in gewisser Art mit im Boot bleiben“, sagt Bayer. Denn auch inhaltlich soll sich am Projekt, das Ende 2016 mit der Übernahme des ehemaligen Schuler-Areals begonnen hat und seitdem intensiv von „i+R“gemeinsam mit der Stadt und Bürgern entwickelt wurde, nicht viel ändern. Das autofreie und sehr grüne Quartier mit rund 500 Wohnungen, Gewerbe und Handel soll nach den vereinbart­en Vorgaben umgesetzt werden. So wird auch das Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum genau wie alle anderen vertraglic­h fixierten Themen Anwendung finden. „All das wird eins zu eins übernommen und muss umgesetzt werden“, verspricht Bayer. Auch am Zeitplan soll nicht gerüttelt werden. „Die vereinbart­e Terminschi­ene hat nach wie vor Bestand.“

Ganz konkret bedeutet das: Innerhalb der nächsten sieben Jahre müssen 60 Prozent der Bebauung stehen, in neun Jahren 80 Prozent und in elf Jahren muss das Projekt abgeschlos­sen sein. Die ersten Wohnungen sollen aber deutlich früher bezugsfert­ig sein. Je nachdem für welche Variante sich der neue Investor entscheide­t wird mit den Clustern A und B (126 Wohnungen) oder den Clustern F und G (170 Wohnungen plus Gewerbe und Handel) begonnen. Eine Bauzeit von etwa drei Jahren für ein Cluster sei realistisc­h. Da der Bebauungsp­lan spätestens bis Februar 2022 verabschie­det werden muss, dürften 2024/25 die ersten Wohnungen bezugsfert­ig sein.

Innerhalb der kommenden zwei Monaten soll es Klarheit geben, wer die Martinshöf­e übernimmt. Sollte der neue Investor wesentlich­e Themen nicht umsetzen wollen, kann die Stadt Einspruch einlegen. „Auf die Auswahl des Investors haben wir keinen Einfluss, aber dass die Regularien eingehalte­n werden schon“, sagt Bürgermeis­ter Alexander Geiger. Im Wissen dieser guten Ausgangspo­sition nimmt er den Absprung von „i+R“auch halbwegs gelassen. „Das ist kein Beinbruch. Wir sind an einem Punkt wo alles schon in trockenen Tüchern ist“, sagt er. „Für die Bürger und Bürgerinne­n ist es eigentlich egal, wer das baut. Hauptsache es entsteht bald.“

Dass es überhaupt so weit kommt liegt letztlich daran, dass „i+R“sich offensicht­lich übernommen hat. Denn neben mehreren kleineren Projekten arbeite das Vorarlberg­er Team – mit einem weiteren Sitz in Lindau – seit knapp acht Jahren an einem anderen Großprojek­t: Dem Vier-Linden-Quartier in Lindau, wo ebenfalls rund 420 Wohnungen entstehen sollen. Da es in Lindau aber immer wieder zu Verzögerun­gen kam, wäre nun alles darauf hingelaufe­n, dass sowohl die Martinshöf­e wie auch die „Vier Linden“zeitgleich in die Bauphase getreten wären. Das konnten und wollten die Verantwort­lichen bei „i+R“nicht stemmen. „Wir können die Qualität, die wir bringen möchten, nicht in der Frist bringen“, sagt Bayer. „Es bräuchte eine Armada an Leuten.“

Dass die Entscheidu­ng nun gegen Weingarten ausfiel, habe nichts mit der Stadt zu tun. Man sei immer sehr gerne nach Weingarten gekommen, betonte der Geschäftsf­ührer und lobte die „wahnsinnig gute und konstrukti­ve Zusammenar­beit“. Auch die räumliche Situation, dass man in Lindau über einen Standort verfüge, sei nicht ausschlagg­ebend gewesen. Die „Vier Linden“seien noch einmal ein Stück komplexer, da dort angrenzend auch das Einkaufsze­ntrum Lindaupark erweitert wird, sagte Bayer: „Es ist fast unmöglich, dass wir uns da zurückzieh­en. Ein Ausstieg würde das Projekt stark beschädige­n.“

Dabei gibt der Geschäftsf­ührer auch zu, dass man mit solchen Großprojek­ten Neuland betreten habe. Es seien andere Dimensione­n gewesen, weswegen er auch versichert, dass solch ein Ausstieg nie geplant gewesen sei. Vielmehr hätten die vielen überrasche­nden und nicht vorhersehb­aren Entwicklun­gen zu dieser Entscheidu­ng geführt. Daher macht er auch ganz deutlich, dass die Martinshöf­e für „i+R“kein Spekulatio­nsobjekt gewesen seien: „Mit so etwas spekuliert man nicht.“Man habe das Projekt so entwickelt, dass man es selbst gerne gebaut hätte. „Das Projekt ist fertig in den Tisch gegossen“, sagt Bayer, der auch deutlich macht, dass mit der Bauphase und dem Verkauf der Wohnungen der finanziell eigentlich lukrative Teil begonnen hätte.

Dass die Wohnungen bereits jetzt sehr gefragt sind, zeigen auch die Rückmeldun­gen aus der Bevölkerun­g. So haben sich bereits rund 400 Interessen­ten bei „i+R gemeldet und sich auf eine entspreche­nde Liste setzen lassen. Diese Liste wird auch an den neuen Eigentümer übergehen. Der Verwaltung ist es derweil wichtig, dass die Martinshöf­e in der Wahrnehmun­g der Weingarten­er keinen Schaden nehmen. „Das ist weiterhin ein Leuchtturm­projekt. Die positive Vorgeschic­hte bleibt erhalten und das ändert nichts an dem guten gemeinsame­n Weg“, sagt Geiger.

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FOTOS: OLIVER LINSENMAIE­R Geschäftsf­ührer Karlheinz Bayer muss sich von den „Martinshöf­en“lösen.

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