Investor der Martinshöfe wirft das Handtuch
Grund ist das Vier-Linden-Quartier in Lindau – Zukunft des Wohnareals wohl gesichert
- Der Vorarlberger Investor des größten innerstädtischen Wohnbauprojektes in Weingarten schmeißt das Handtuch. Die Firma „i+R Wohnbau“wird das 3,7 Hektar große und auf dem Papier bereits entwickelte neue Stadtviertel „Martinshöfe“nicht selbst realisieren. Das haben Geschäftsführer Karlheinz Bayer und Bürgermeister Alexander Geiger bestätigt. Maßgeblich für die „sehr schwierige Entscheidung“ist das Lindauer Vier-LindenQuartier, welches die volle Aufmerksamkeit von „i+R“verlangt. Die Zukunft der Martinshöfe soll aber dennoch sicher sein – im Optimalfall so wie von „i+R“geplant und der Stadt Weingarten gewünscht.
„Dieses Projekt muss und soll entstehen“, sagt Bayer. So wird seine Firma das Areal an einen anderen Investor weiterverkaufen, der dann die Realisierung, also letztlich die Bebauung, übernimmt. Man sei bereits in sehr guten Gesprächen mit großen, namenhaften und seriösen Firmen, habe darüber aber Stillschweigen vereinbart. Allerdings sei man sich der Verantwortung für Weingarten bewusst und werde eine vernünftige Entscheidung treffen, versichert Bayer: „Man wird das, was entstehen wird, auch mit uns in Verbindung bringen.“Ohnehin wird „i+R“das Projekt aller Voraussicht nach auch noch weiter begleiten. Das sei zumindest der Wunsch des aussichtsreichsten Interessenten. „Die Gespräche gehen in diese Richtung. Daher werden wir in gewisser Art mit im Boot bleiben“, sagt Bayer. Denn auch inhaltlich soll sich am Projekt, das Ende 2016 mit der Übernahme des ehemaligen Schuler-Areals begonnen hat und seitdem intensiv von „i+R“gemeinsam mit der Stadt und Bürgern entwickelt wurde, nicht viel ändern. Das autofreie und sehr grüne Quartier mit rund 500 Wohnungen, Gewerbe und Handel soll nach den vereinbarten Vorgaben umgesetzt werden. So wird auch das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum genau wie alle anderen vertraglich fixierten Themen Anwendung finden. „All das wird eins zu eins übernommen und muss umgesetzt werden“, verspricht Bayer. Auch am Zeitplan soll nicht gerüttelt werden. „Die vereinbarte Terminschiene hat nach wie vor Bestand.“
Ganz konkret bedeutet das: Innerhalb der nächsten sieben Jahre müssen 60 Prozent der Bebauung stehen, in neun Jahren 80 Prozent und in elf Jahren muss das Projekt abgeschlossen sein. Die ersten Wohnungen sollen aber deutlich früher bezugsfertig sein. Je nachdem für welche Variante sich der neue Investor entscheidet wird mit den Clustern A und B (126 Wohnungen) oder den Clustern F und G (170 Wohnungen plus Gewerbe und Handel) begonnen. Eine Bauzeit von etwa drei Jahren für ein Cluster sei realistisch. Da der Bebauungsplan spätestens bis Februar 2022 verabschiedet werden muss, dürften 2024/25 die ersten Wohnungen bezugsfertig sein.
Innerhalb der kommenden zwei Monaten soll es Klarheit geben, wer die Martinshöfe übernimmt. Sollte der neue Investor wesentliche Themen nicht umsetzen wollen, kann die Stadt Einspruch einlegen. „Auf die Auswahl des Investors haben wir keinen Einfluss, aber dass die Regularien eingehalten werden schon“, sagt Bürgermeister Alexander Geiger. Im Wissen dieser guten Ausgangsposition nimmt er den Absprung von „i+R“auch halbwegs gelassen. „Das ist kein Beinbruch. Wir sind an einem Punkt wo alles schon in trockenen Tüchern ist“, sagt er. „Für die Bürger und Bürgerinnen ist es eigentlich egal, wer das baut. Hauptsache es entsteht bald.“
Dass es überhaupt so weit kommt liegt letztlich daran, dass „i+R“sich offensichtlich übernommen hat. Denn neben mehreren kleineren Projekten arbeite das Vorarlberger Team – mit einem weiteren Sitz in Lindau – seit knapp acht Jahren an einem anderen Großprojekt: Dem Vier-Linden-Quartier in Lindau, wo ebenfalls rund 420 Wohnungen entstehen sollen. Da es in Lindau aber immer wieder zu Verzögerungen kam, wäre nun alles darauf hingelaufen, dass sowohl die Martinshöfe wie auch die „Vier Linden“zeitgleich in die Bauphase getreten wären. Das konnten und wollten die Verantwortlichen bei „i+R“nicht stemmen. „Wir können die Qualität, die wir bringen möchten, nicht in der Frist bringen“, sagt Bayer. „Es bräuchte eine Armada an Leuten.“
Dass die Entscheidung nun gegen Weingarten ausfiel, habe nichts mit der Stadt zu tun. Man sei immer sehr gerne nach Weingarten gekommen, betonte der Geschäftsführer und lobte die „wahnsinnig gute und konstruktive Zusammenarbeit“. Auch die räumliche Situation, dass man in Lindau über einen Standort verfüge, sei nicht ausschlaggebend gewesen. Die „Vier Linden“seien noch einmal ein Stück komplexer, da dort angrenzend auch das Einkaufszentrum Lindaupark erweitert wird, sagte Bayer: „Es ist fast unmöglich, dass wir uns da zurückziehen. Ein Ausstieg würde das Projekt stark beschädigen.“
Dabei gibt der Geschäftsführer auch zu, dass man mit solchen Großprojekten Neuland betreten habe. Es seien andere Dimensionen gewesen, weswegen er auch versichert, dass solch ein Ausstieg nie geplant gewesen sei. Vielmehr hätten die vielen überraschenden und nicht vorhersehbaren Entwicklungen zu dieser Entscheidung geführt. Daher macht er auch ganz deutlich, dass die Martinshöfe für „i+R“kein Spekulationsobjekt gewesen seien: „Mit so etwas spekuliert man nicht.“Man habe das Projekt so entwickelt, dass man es selbst gerne gebaut hätte. „Das Projekt ist fertig in den Tisch gegossen“, sagt Bayer, der auch deutlich macht, dass mit der Bauphase und dem Verkauf der Wohnungen der finanziell eigentlich lukrative Teil begonnen hätte.
Dass die Wohnungen bereits jetzt sehr gefragt sind, zeigen auch die Rückmeldungen aus der Bevölkerung. So haben sich bereits rund 400 Interessenten bei „i+R gemeldet und sich auf eine entsprechende Liste setzen lassen. Diese Liste wird auch an den neuen Eigentümer übergehen. Der Verwaltung ist es derweil wichtig, dass die Martinshöfe in der Wahrnehmung der Weingartener keinen Schaden nehmen. „Das ist weiterhin ein Leuchtturmprojekt. Die positive Vorgeschichte bleibt erhalten und das ändert nichts an dem guten gemeinsamen Weg“, sagt Geiger.