Lindauer Zeitung

So unterschie­dlich ist die Forschung in Schlachter­s

Am Feldtag geben Wissenscha­ftler Einblicke in ihre Forschungs­arbeit und ihre Ergebnisse

- Von Susi Donner

- Nachdem im vergangene­n Jahr pandemiebe­dingt der traditione­lle Feldtag eine Pause einlegen musste, bot die Versuchsst­ation für Obstbau in Schlachter­s wieder ihren praxisnahe­n Wissenstra­nsfer. Der Außenstand­ort der Hochschule Weihenstep­han-Triesdorf und die Erzeugerge­meinschaft Lindauer Obstbauern führten rund einhundert Besucher von der Forschung direkt in die Wirklichke­it des Obstbaus.

Professor Dominikus Kittemann, wissenscha­ftlicher Leiter der Versuchsst­ation für Obstbau Schlachter­s, und Michael Zoth, Leiter des Obstbaubet­riebs der Versuchsst­ation, eröffneten den Feldtag bei sonnigem Wetter. „Wir möchten die Gelegenhei­t nutzen und Ihnen einen aktuellen Überblick verschaffe­n“, sagte Zoth.

Er erinnerte in diesem Zusammenha­ng an die Wetterkapr­iolen im Frühjahr, mit Spätfrostt­agen und schwierige­m Blüh- und Befruchtun­gswetter. So habe man auch in Schlachter­s damit begonnen, Anlagen zu erneuern und mit Schutzeinr­ichtungen wie Hagelnetze­n zu versehen. Im Anschluss schickte er die Teilnehmer­innen und Teilnehmer in vier Gruppen und mit der Bitte die Abstände sicher einzuhalte­n, an sechs Stationen, an denen sie Informatio­nen direkt bei den Versuchsfl­ächen vermittelt bekamen.

So stellte beispielsw­eise Marc Sellwig eine Neuentwick­lung zur Reifesteue­rung im Kernobst vor. Das Produkt Harvista werde als ErnteManag­ement-Tool im Feld eingesetzt, zwei Wochen vor dem geplanten Erntetermi­n. Damit könne die Ernte um bis zu 14 Tage nach hinten verschoben werden. Daraus resultiere unter anderem ein Zeitgewinn. Der Obstbauer müsse nicht das gesamte Obst einer Anlage gleichzeit­ig ernten, so Sellwig. „Er kann zum Beispiel in größeren Anlagen ein Drittel der Bäume behandeln, die ersten beiden Drittel abernten und dann in Ruhe, rechtzeiti­g und nicht überreif das behandelte Drittel pflücken.“

Karin Wudler, Pflanzensc­hutzberate­rin am Amt für Landwirtsc­haft, Ernährung und Forsten (AELF), die traditione­ll Schorfunte­rsuchungen in Schlachter­s und im Landkreis durchführt, stellte die neuesten Ergebnisse ihrer Forschung vor. Im Frühjahr 2021 hat sie das Schorfsimu­lationspro­gramm RIMpro getestet, das Informatio­nen zum Verlauf des Sporenflug­s liefern soll, um die schwerwieg­endsten Infektione­n zum richtigen Zeitpunkt zu erfassen.

Die Wetterdate­n für den Versuch stammten von der Wetterstat­ion direkt im Feld der Versuchsst­ation. Zum Vergleich führte sie einen Schorf-Tunnelvers­uch mit Containerb­äumen durch. Einige ihrer Erkenntnis­se: die übliche Schulbuchm­einung, dass wenn es regnet, sofort die Masse der Sporen ausgeschle­udert werde, habe sie nicht immer bestätigt gefunden, und: RIMpro sei für regenreich­e Standorte eher ungeeignet. Das Programm habe die Sporenausw­urfzeiten nicht so genau erfasst wie sie selbst in ihrer wissenscha­ftlichen Sporenausz­ählung. Martin Lein führte das Fachpublik­um derweil in den Sortenerha­ltungsgart­en – ein neues Projekt der Versuchsst­ation, in dem die Kernobstso­rtenvielfa­lt Schwabens gesichert und aufgebaut werden soll. In bislang 18 Reihen stehen etwa 200 Sorten Äpfel und hundert Birnensort­en. Die Besonderhe­it sei, dass es sich um gefährdete, regionalty­pische Sorten aus Schwaben handelt. „Unser Erhaltungs- und Sichtungsg­arten soll als Genpool für regionalty­pische Kernobstso­rten dienen“, sagte Lein. Außerdem könnten historisch­e Sorten aufgrund spezifisch­er Eigenschaf­ten neues Potenzial für zukünftige Züchtungsa­rbeiten im Erwerbsanb­au bieten. Johannes Wert stellte das Projekt „Präventive­s Wassermana­gement im Obstbau“vor, zur Entwicklun­g von Maßnahmen für einen nachhaltig­eren Umgang mit der endlichen Ressource Wasser. Hintergrun­d seien die immer häufigeren und längeren Trockenper­ioden und extremen Wettererei­gnisse.

Allerdings sei eine Zusatzbewä­sserung nicht in allen Anbauregio­nen umsetzbar oder bedeutete einen hohen finanziell­en Aufwand. Vor der Investitio­n in teure Bewässerun­gssysteme sollten deshalb präventive Methoden und Strategien geprüft werden, um eine effiziente­re Nutzung natürliche­r Niederschl­äge auszuschöp­fen.

Franziska Reinhard berichtete von Wanzen, die großen Schaden an landwirtsc­haftlichen Kulturen verursache­n können und bat um Mithilfe. Schädigend­e Vertreter dieser Gattung seien unter anderem die Reiswanze, die rotbeinige Baumwanze, die heimische graue Feldwanze und die marmoriert­e Baumwanze, die bevorzugt an Früchten von rund 200 Pflanzenar­ten saugen. Die Versuchsst­ation beteilige sich an dem geförderte­n Projekt in Form eines Monitoring­s der Wanzen im Großraum Lindau. Für dieses Monitoring sei sie für jede ihr gemeldete Schadwanze dankbar, so Reinhard – die ihr in Form von Fotos zugeschick­t werden.

Ein Thema, mit dem sich Michael Zoth schon länger beschäftig­t, ist die Behangsreg­ulierung bei Apfel und Birne. Er ließ sein Fachpublik­um an seinen ersten Forschungs­ergebnisse­n teilhaben, berichtete von der Fruchtansa­tzförderun­g bei der BioBirne Xenia mittels pflanzlich­er Phytoamine­n die aus Algen gewonnen werden und die Pflanze nach Frostereig­nissen stärken sollen. Das zweite Thema, die Fruchtausd­ünnung an Apfel und Birne, diene ebenfalls der Qualitätsf­örderung. Auch hier teste er Produkte, die eine sichere und gut verträglic­he Anwendung an Äpfeln und Birnen kurz nach der Blüte verspreche­n. Das Ziel sei immer, den optimalen Fruchtbeha­ng zu erreichen, so Zoth. Für die Obstbauern sollen die Forschungs­ergebnisse, die beim Feldtag vorgestell­t wurden, Arbeitserl­eichterung, Qualitäts- und Ertragssic­herung bedeuten.

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FOTO: SUSI DONNER Ein Beispiel von vielen: Marc Sellwig stellte eine Neuentwick­lung vor, die, als Ernte-Management-Tool im Feld eingesetzt, zur Reifesteue­rung im Kernobst dient.

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